Nimm dich in acht
vielleicht sauer auf mich.«
»Ich verstehe.« Susan steckte den Kassettenrecorder ein.
Ihr Verdacht war bestätigt worden; jetzt mußte sie sich überlegen, was sie als nächstes unternehmen sollte. »Nur noch eins, Barbara. Die Wells’ haben eine Freundin names Pamela. Sind Sie ihr mal begegnet?«
Barbara runzelte konzentriert die Stirn, dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Oh, Sie meinen Dr. Pamela Hastings. Sie lehrt an der Columbia Universität. Sie und Mrs. Wells sind dicke Freundinnen. Ich weiß, daß sie oft mit Mr. Wells im Krankenhaus ist.«
Damit hatte Susan alles erfahren, was sie wissen wollte.
»Danke, Barbara.«
»Ihre Sendung gefällt mir wirklich gut, Dr. Susan.«
Susan lächelte. »Das ist sehr nett von Ihnen.« Sie winkte und öffnete die Tür zum Korridor. Dort holte sie sofort ihr Handy heraus und rief die Auskunft an. »Columbia Universität, die Zentrale, bitte«, sagte sie.
43
Um Punkt neun Uhr am Mittwoch morgen hatte Dr.
Donald Richards am Empfangsschalter in der fünfzehnten Etage des Gebäudes Broadway Nummer 1440
vorgesprochen. »Ich war gestern und am Montag Gast in der Sendung Fragen Sie Dr. Susan«, erklärte er der schläfrigen Frau am Schalter. »Ich habe um Mitschnitte der Sendungen gebeten, bin dann jedoch gegangen, ohne sie abzuholen. Ist Mr. Geany vielleicht schon da?«
»Ich glaube, ich hab’ ihn schon gesehen«, erwiderte die Empfangsdame. Sie griff zum Telefon und wählte eine Nummer. »Jed, Susans Gast von gestern ist hier.« Sie schaute zu Dr. Richards auf. »Wie war noch mal Ihr Name?«
Ich habe ihn gar nicht gesagt, dachte Don. »Donald Richards.«
Die Empfangsdame gab den Namen durch, dann fügte sie hinzu, er habe angeblich zwei Bänder vergessen, um die er gestern gebeten habe. Nach kurzem Zuhören legte sie auf. »Er kommt gleich. Nehmen Sie Platz.«
Auf welche Benimmschule die wohl gegangen ist, dachte Richards, als er einen Stuhl neben einem Couchtisch wählte, auf dem die aktuellen Ausgaben der Morgenzeitungen lagen.
Wenig später erschien Jed mit einem Päckchen in der Hand. »Tut mir leid, daß ich Sie gestern nicht noch mal daran erinnert habe, Doc. Ich wollte die Bänder gerade in die Post geben. Wenigstens sind Sie noch daran interessiert und haben es sich nicht anders überlegt, so wie dieser Sowieso.«
»Justin Wells?« fragte Richards.
»Genau. Aber er wird sein blaues Wunder erleben. Er bekommt das Band nämlich trotzdem. Susan bringt den Mitschnitt der Sendung vom Montag zu ihm ins Büro.«
Interessant, dachte Richards, sehr interessant. Es kommt bestimmt nicht oft vor, daß die Moderatorin einer beliebten Radiosendung den Postboten spielt, überlegte er.
Nachdem er sich bei Jed Geany bedankt hatte, steckte er das kleine Päckchen in seinen Aktenkoffer, und eine Viertelstunde später stieg er an dem Parkhaus in der Nähe seines Wohnhauses aus einem Taxi.
Donald Richards fuhr in nördlicher Richtung über den Palisades Parkway, nach Bear Mountain. Er schaltete das Radio ein und suchte Fragen Sie Dr. Susan. Um keinen Preis wollte er die Sendung verpassen.
Als er an seinem Ziel angekommen war, blieb er im Wagen sitzen, bis die Sendung vorbei war. Dann saß er noch mehrere Minuten still da, bevor er ausstieg und den Kofferraum öffnete. Er holte eine schmale Schachtel heraus und ging zum Seeufer.
Die Bergluft war kalt und still. Die Wasseroberfläche schimmerte in der Herbstsonne, und doch gab es dunkle Stellen, ein Hinweis auf die Tiefe des Sees. Die Bäume ringsum hatten die Farbe gewechselt und leuchteten jetzt in lebhaftem Gelb, Orange und Scharlachrot, ganz anders als die Bäume, die er in der Stadt und in den Vororten gesehen hatte.
Lange Zeit saß er am Seeufer, die Hände vor den Knien verschränkt. Tränen stiegen ihm in die Augen, doch er achtete nicht darauf. Schließlich öffnete er die Schachtel und holte die taufrischen langstieligen Rosen heraus.
Nacheinander warf er sie aufs Wasser, bis alle zwei Dutzend auf der Oberfläche trieben. Sie wippten auf und ab und trennten sich, als der leichte Wind über sie hinwegstrich.
»Auf Wiedersehen, Kathryn.« Er sprach laut, in ernstem Ton; dann machte er kehrt und ging zu seinem Wagen zurück.
Eine Stunde später erreichte er das Pförtnerhaus von Tuxedo Park, der luxuriösen kleinen Siedlung in den Bergen, früher einmal die Sommerfrische der Reichen und Schönen von New York City. Jetzt lebten viele, darunter seine Mutter, Elizabeth Richards, das ganze Jahr über
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