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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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nicht
verderben, aber ich schlage vor, daß wir den ersten auf Serkoff und Reinold
nehmen. Mir wäre lieber, wenn sie mit hier säßen«, sagte ich.
    Der Jühl, Elsie und ich tranken
schweigend.
    Ich stellte das Glas hin und wischte
mir über die Lippen.
    »Ich wollte euch was erzählen, bevor
ich ganz besoffen bin. Habe mir lange überlegt, wem ich es erzählen könnte. Blieb
niemand übrig, außer euch.« Ich sah den Jühl an.
    »Sie sind Reinolds Freund gewesen. Ich
war’s etwas länger. Elsie ist unbeteiligt bei der Geschichte. Sie quatscht
gern, aber sie wird nichts weitererzählen, wenn ich sie schön drum bitte.«
    Elsie lächelte und streichelte mir das
linke Ohr.
    »Die Sache ist so: Niemand scheint es
zu wissen, ob es Zufall oder Absicht war, daß Serkoff unter den Scheinwerfer
geriet. Was der Kommissar denkt, weiß ich nicht. Ich glaube: Es war Absicht.«
    Sie rührten sich nicht. Nur Elsies
Augen wurden etwas größer.
    »Ihr wißt, daß ich in der
vorhergehenden Nacht in der Halle war, in meiner Bude an der Galerie. In dieser
Nacht hat sich jemand im Dunkeln auf der Brücke über der Dekoration
rumgetrieben. Ich habe ihn nicht gesehen, nur gehört. Er muß mich auch gehört
haben. Er kam an meine Tür und probierte die Klinke aus. Ich war aber schon
wieder drin und hatte zugeriegelt, in einem Anfall von Heldenmut. Da ging der
Herr weiter.«
    Der Jühl tat einen Schluck.
    »Nachtwächter?«
    »Hab’ ich auch gedacht. Habe Kirschbaum
am nächsten Morgen gefragt, der hat sich aber nicht dafür interessiert. Und
dann kam der Scheinwerfer runter.«
    Ich brannte mir eine Zigarette an, wie
im Drehbuch zwischen zwei Dialogsätzen, um etwas Bewegung reinzubringen.
    »Die Beleuchter haben geschworen und
gelobt, sie hätten sämtliche Scheinwerfer festgeschraubt. Ich glaube es ihnen.
Denn: Warum kam gerade dieser eine runter?«
    Sie gaben keine Antwort.
    »Paßt auf! Jeder, der einigermaßen
Ahnung vom Atelierbetrieb hat und außerdem die Szene mit Paul Carolys am
Schreibtisch studiert hatte und sich darauf die Dekoration ansah, Standplatz
der Möbel, der Kamera und so weiter, der konnte sich mit großer
Wahrscheinlichkeit ausrechnen, wo in diesem Moment Reinolds Regiestuhl stehen
mußte. Es klingt kühn, aber man konnte es. Die Szenerie war am Abend vorher
schon aufgebaut worden. Stefans Stuhl stand an der Wand unter dem Scheinwerfer.
Es war nicht anzunehmen, daß er dort nicht stehenbleiben würde.«
    Jetzt trank ich. Des Jühls Gesicht war hart,
Elsie hing an meinem Mund, als sei ich der Wanderprediger Billy Graham, das
Maschinengewehr Gottes.
    »Aber eines konnte der Mann in der
Nacht noch nicht wissen. Daß Stefan nach der ersten Aufnahme plötzlich
aufstehen und auf die andere Seite rübergehen würde. Und daß Valentin Serkoff
an seiner Stelle sterben mußte, weil er Platz genommen hatte.«
    »Das verstehe ich nicht, er hätte doch
sehen müssen —« Elsie schüttelte ihre Locken.
    »Nichts mußte er. Das Kabel vom
Scheinwerfer hing über uns weg und im Nebenraum runter. Der Mörder war nebenan.
Er war vielleicht mit im Aufnahmeraum gewesen, aber jetzt war er drüben und
konnte nicht sehen, wer in dem Stuhl saß. Er zog an der Strippe, und da war es
soweit.«
    Zum erstenmal hatte ich das Wort
»Mörder« gebraucht. Ein unangenehmer Ausdruck, der nicht so schnell aus der
Luft verschwand.
    »Zuerst habe ich der Polizei nichts von
dem Mann in der Halle gesagt. Auch Kirschbaum hat es nicht getan. Es konnte
alles Zufall sein — und Blödsinn. Aber dann hat es Stefan erwischt. Mit einem
Messer von hinten. Nichts mehr mit Zufall.«
    »Haben Sie dann dem Kommissar von dem
nächtlichen Herrn berichtet?« fragte der Jühl.
    »Ja.«
    Er schwieg einen Augenblick lang, nahm
dann die Hand von dem Kissen weg. »Na ja«, sagte er, »passieren kann alles.
Aber was ist, wenn alle beide gemeint waren, Serkoff und er? Von irgend
jemandem, dem sie einmal was getan haben?«
    »Natürlich«, rief Elsie, »das meine ich
auch! Woher willst du wissen...«
    »Ich hab’s auch gemeint«, sagte ich.
»Bis gestern. Da war ich bei Reinolds Frau.«
    Der Jühl machte schmale Augen. »Seiner
Frau?«
    »Hm, geschieden, seit fünf Jahren.
Kirschbaum hat mich hingeschickt. Sollte es ihr beibringen. Ich habe auch was
erfahren dabei. Er war schon mal verheiratet. Vor dem Krieg. Er hat sich von
dieser Frau getrennt nach zwei Jahren. Sie hat sich dann mit Gas vergiftet.«
    Sie schwiegen. Was sollten sie auch
sagen. Nur Elsie schüttelte sich

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