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Nimmermehr

Nimmermehr

Titel: Nimmermehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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freiwillig, sogar der Öffentlichkeit mitteilen. Zur allerbesten Sendezeit.
    Wenn man den bösen Medizinmann überzeugt hat, dann wird er die bösen Geister vertreiben. Dann wird aus dem bösen Medizinmann ein guter Medizinmann. Und der Rauch wird wieder rein sein.
     
    Während Amelia Guttmundsdottier mit geschlossenen Augen ihren Gedanken nachhing, kauerte Norris, blind wie eine Amöbe, auf seiner Matratze, zermarterte sich das Gehirn mit Mutmaßungen über sein weiteres Schicksal – und hatte Angst. Die Kleiefresser hatten es doch tatsächlich geschafft, ihm Angst zu machen.
    Sie hatten ihn in der Hand.
    Seit Stunden oder Tagen (wer wusste das schon?) hatte er keine mehr geraucht. Er fühlte sich mies, wirklich dreckig ging es ihm. Immer wieder war er für kurze Zeit in unruhigen Schlaf gefallen, und wabernde Halluzinationen hatten ihn bestürmt. In seine Kindheit führten sie ihn zurück, zur allerersten Zigarette. Menschen mit qualmenden Nasenlöchern bevölkerten seine Welt, die Gesichter verschwammen im dichten Rauch zu losen Konturen. Das Bild eines langbeinigen Models tauchte auf, fiebernd fantasierte er sich in ihr Schlafzimmer, und als sie den Reißverschluss seiner Hose mit ihren langen Fingern öffnete, da ragte dort anstelle einer Erektion eine weiße, ihn verspottende Zigarette der Marke »Norris’ Echte« aus seinem Unterleib.
    Norris erwachte schreiend.
    Er heulte.
    Zitterte.
    Irgendwann öffnete sich ein Licht in der Dunkelheit, und eine Kleiefresser-Silhouette warf ihm ein Feuerzeug vor die Füße. Worte wurden nicht gewechselt. Der Kleiefresser verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war.
    Es wurde wieder dunkel.
    Mit gierigem Tastsinn kroch Norris über den schmutzigen Steinboden, und als seine wunden Finger das Feuerzeug fanden, da grinste er grimmig.
    In hektischer Eile fummelte er an einer Schachtel Zigaretten, öffnete sie, zerrte eine Kippe heraus, führte sie zum Mund, erzeugte mit einem einzigen Fingerschnippen ein loderndes Aufflammen, begann zu saugen, zu inhalieren, zu paffen.
    Er war wieder im Himmel!
    Dennoch – etwas schmeckte nicht richtig. Anders, irgendwie. Unter dem altbekannten Geschmack schien etwas anderes zu liegen. Was, das konnte er nicht sagen.
    Unwichtig!
    Eine Kippe ist eine Kippe ist eine Kippe!
    Norris begann sich zu beruhigen. Alles würde gut werden. Da war er sich sicher. Ja, jetzt würde alles wieder gut werden. Irgendwie.
    Ein böser Geist ist wie ein Dachs, grimmig und hartnäckig. In seinem Erdloch kann man ihn nur schwer entdecken, den Dachs. Mit dem bösen Geist verhält es sich genauso.
     
    Die Sache war in den Medien.
    »Die Entführung ist DAS Thema überhaupt«, sagte ein stolzer Peter vor versammelter VferA. »Die Nation leidet, zittert, wartet, ist gespannt.«
    »Noch zwei Tage«, stellte Anne fest, »und wir können Phase drei einläuten.«
    »Sagten sie etwas über die Hunde?«
    »Nein, nichts.« »Gut.« Amelia lächelte.
    Faithful stand mit verschränkten Armen da, ganz der Häuptling.
     
    Die anderen Götter hatten ihn gefragt, warum er nach New York ging.
    » Ich bin verliebt « , hatte Glooskap gesagt.
    » In eine Menschenfrau? «
    » Ich bin ein Gott « , hatte Glooskap erwidert. » Ich kann mich verlieben, in wen ich will. «
     
    Die Öffentlichkeit wusste wenig über das Privatleben des mächtigen Tycoons. Und zu den vielen Dingen, die der Öffentlichkeit nicht bekannt waren, gehörte die Tatsache, dass Norris ein Hundeliebhaber war. Er vergötterte die kläffenden Vierbeiner, besaß eine eigene Zuchtstation für blaublütige Rassehunde, investierte in Windhundrennen und Fuchsjagden und hielt selbst fünf wettkampfprämierte Deutsche Schäferhunde in seinem Loft in Manhattan. Drei der Rassehunde waren auf rätselhafte Art und Weise verschwunden. Zwei Mitglieder der VferA hatten sie aus der Zuchtstation am MIT entwendet, nachdem die Rüden gerade ihrer Pflicht nachgekommen waren, ausgesuchteste adelige Windhundedamen zu besteigen und ihren edlen, einzigartigen Hundesamen der guten Sache zu spenden, in die Norris Unsummen investierte.
    Nichts von alle dem erschien in den Medien. Keiner sah einen Zusammenhang zwischen der Entführung des Konzernchefs und dem Abhandenkommen der drei Hunde.
    Amelias Plan ging auf.
    Faithful hatte es gewusst.
    In zwei Tagen würden sie Norris davon in Kenntnis setzen, was mit seinen Hunden geschehen war. Bis dahin mussten sich die Mitglieder der VferA in Geduld üben und den Dingen ihren Lauf

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