Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
Zähne aufblitzen. »Wir können es uns nicht erlauben, dass Ihnen etwas Unschönes widerfährt – nicht so früh.«
Kurz fürchtete er schon, der Lotse werde ihm widersprechen. Doch dann trat Myklayn tatsächlich in den Kommandoturm, schloss die Panzertür und verriegelte sie sorgfältig.
»Vielleicht haben Sie recht, Captain«, bestätigte er und lächelte Bahrns zu. Im matten roten Scheint der Laterne über dem Kartentisch wirkte es geradezu gespenstisch. »Außerdem ist es ja sowieso nur eine Holz brücke.«
»Gütiger Langhorne!« Jemand schrie es aus Leibeskräften. Unwillkürlich trat Edmynd Maib einen Schritt zurück, als das Ungetüm, das sich brachial seinen Weg durch den Kanal bahnte, auf einmal im Schein der Laternen am Ufer zu erkennen war.
Es war gewaltig! Ein riesiges, massiges Monstrum, das mit unfassbarer Geschwindigkeit aus der Dunkelheit herangeschossen kam und dabei eine ungeheuerliche Bugwelle vor sich herschob. Es war so schwarz wie die Finsternis, die es hervorgebracht hatte. Aus zwei hoch aufragenden Schornsteinen quoll schwarzer Rauch. Die Kompanien der Miliz, die sich am Ufer aufgestellt hatten, feuerten mit Armbrüsten und Luntenschlossmusketen. Das Mündungsfeuer der Musketen schien die Nacht zu zerreißen, und bei jedem Schuss wurde der herannahende Albtraum noch deutlicher erkennbar. Major Maib sah, wie Armbrustbolzen und Musketenkugeln gleichermaßen einfach abprallten – als bestehe das, was dort näher und näher kam, aus Eisen! Und dort an der Seite waren ja offene …
»Feuer!« , schrie er. »Alle Geschütze Feuer frei!«
»Danke für Ihren Vorschlag, Captain!« Obwohl die Luken des Kommandoturms geschlossen waren, musste Zhaimys Myklayn die Stimme erheben, um das unvermittelte Aufbellen zahlloser Musketen zu übertönen. »Jetzt ist mir dort draußen doch ein bisschen arg viel los!«
Bahrns nickte nur; er hatte im Augenblick andere Dinge im Kopf. Er legte die Stirn ans Schott, spähte durch den Steuerbord-Sehschlitz und sah, wie Hunderte von Mündungsblitzen gleichzeitig die Nacht erleuchteten. Er hörte, wie mindestens zwei oder drei Musketenkugeln unmittelbar neben dem Sehschlitz von der Bordwand abprallten. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass die eine oder andere Kugel ihren Weg auch durch die geöffneten Geschützpforten fände, das wusste Bahrns. Er hoffte darauf, dass es nicht dazu käme. Im Augenblick bereiteten ihm die Feldgeschütze, die in einer Reihe am Ufer des Kanals aufgestellt waren, ohnehin deutlich mehr Kopfzerbrechen.
Noch einen Augenblick lang begutachtete er die Lage. Dann umschloss er mit beiden Händen das Sprachrohr, das ihn mit dem Batteriedeck verband.
»Steuerbordgeschütze bereit!«, rief er. »Feldgeschütze voraus!«
Er legte das Ohr an das glockenförmige Endstück des Sprachrohrs, und dann hörte er auch schon Pawal Blahdysnbergs Stimme.
»Steuerbordgeschütze bereit, aye, Sir! Feldgeschütze sind anvisiert!«
Zufrieden nickte Bahrns, richtete sich wieder auf und spähte erneut durch den Sehschlitz.
Major Maibs hastig hervorgestoßener Befehl gestattete zwei Dritteln der Geschütze unter Lieutenant Praietos Kommando, einen Schuss abzugeben, bevor die Kanonen in den offenen Geschützpforten ausgerichtet waren. Der Major gestattete sich ein zufriedenes Grinsen, als gewaltige Flammenzungen aus den Rohren leckten. Er hatte nicht gewusst, mit was er es zu tun bekäme. Deswegen hatte er Praieto angewiesen, die Hälfte seiner Geschütze mit Kanonenkugeln zu laden, die anderen mit Granaten. Nun schaute er gespannt und mit einer gewissen Vorfreude zu, was wohl geschehen würde, wenn die Artillerie dieses … Was-auch-immer träfe.
Seine Vorfreude legte sich abrupt, als die Kanonen kugeln ebenso wirkungslos abprallten wie zuvor Musketenkugeln. Fassungslos riss er den Mund auf, als Praietos Geschütze diesem … Schiff keinerlei Schaden zufügten. Und dann warf sich der Major hastig zu Boden: Acht Dreißigpfünder wurden auf das Ufer ausgerichtet.
»Feuer!«, rief Pawal Blahdysnberg. Zum ersten Mal wurden die Geschütze der Delthak abgefeuert. Es klang wie Shan-weis Hammer.
Blahdysnberg hatte sich schon gefragt, wie es sich wohl innerhalb der gepanzerten Kasematte anhören würde. Nun wusste er es aus eigener Erfahrung. Er war sehr froh, an die Baumwoll-Ohrenstopfen gedacht zu haben, bevor er den Feuerbefehl erteilt hatte. Der Rückstoß trieb die Geschütze ins Schiffsinnere; ohrenbetäubendes Kreischen verriet, dass die neuen
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