Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
ganz genau, dass einige von Howsmyns Konkurrenten anders vorgingen, wenn einem ihrer Angestellten während der Arbeit in ihrem Betrieb eine neue Idee kam. Ehdwyrd Howsmyn konnte das nur recht sein. Sollten sie ruhig töricht genug sein und ihre eigenen Angestellten der Früchte ihrer Arbeit berauben, statt sie zu Partnern bei der Weiterentwicklung besagter Ideen zu machen! Dann nämlich würden mehr und mehr einfallsreiche Arbeiter früher oder später in die Dienste eines gewissen Ehdwyrd Howsmyn treten.
»Aber glauben Sie bloß nicht, Sie seien schon fertig, Meister Mahldyn!«, fuhr er munter fort. »Gerade diese Idee mit der … Wie hatten Sie das genannt? Ach, ja: Zentralfeuerpatrone! Das erscheint mir sehr weiterentwicklungswürdig – und ich würde gern meinen Teil dazu beitragen. Mir fallen gleich ein paar andere Verfeinerungen ein, über die wir zumindest nachdenken sollten. Wir sollten zum Beispiel Mittel und Wege finden, verbrauchte Patronen möglichst rasch loszuwerden, um noch schneller nachladen zu können. Dann ist noch die Frage, wie man diese Patronen fertigen lassen soll. Das wird wohl auf ein Ziehverfahren hinauslaufen, aber damit kommen wir zurecht. Tja, bleibt die Legierung. Das ist knifflig. Wenn sie zu weich ist, verklemmt sich die Patrone in der Ladekammer, zu hart, und sie könnte platzen. Außerdem möchte ich Skizzen sehen und Ideen hören, wie wir den Zünder im unteren Teil der Patronen einbauen können, ohne deren strukturelle Integrität zu schwächen.«
Sein Lächeln wurde noch breiter.
»Ich bin mir sicher, dass Sie dieser Aufgabe gewachsen sein werden, Meister Mahldyn! Meister Tidewater wird Ihnen bestätigen, dass ich gar nicht so schlecht darin bin, mögliche Vorgehensweisen vorzuschlagen, wenn man mich nur auf die richtige Idee bringt. Deswegen zweifle ich keinen Moment daran, dass Sie das hinbekommen. Und wenn Sie das für Revolver schaffen, dann lässt sich das bestimmt auch für entsprechend umgebaute Mahndrayns bewerkstelligen. Falls Ihnen das auch noch gelingen sollte, Meister Mahldyn, können Sie sich schon einmal geistig auf Folgendes vorbereiten: Bei all der Munition, die wir benötigen werden, um diese Dreckskerle in Zion fertigzumachen, werden Sie sich als sehr reicher Mann zur Ruhe setzen … und niemand auf der ganzen Welt wird diesen Wohlstand mehr verdient haben als Sie!«
.XII.
Der Tempel,
Stadt Zion,
die Tempel-Lande
Eilig überquerte Erzbischof Wyllym Rayno den Platz der Märtyrer und hielt auf den hoch aufragenden Säulengang des Tempels zu.
Der Platz hatte nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem weitläufigen Garten der Freude, der er einst gewesen war – bevor die Ketzerei in Charis fröhliche Urständ gefeiert hatte. Die majestätischen Skulpturen der Erzengel im Rund blickten nach wie vor auf die Gläubigen hinab. Doch aus irgendeinem Grund wirkten ihre gestrengen Gesichter nun nicht mehr wohlwollend und beifällig. Jetzt schienen sie zornig: die Gesichter heiliger Wesen, die tief ins Herz des Bösen geschaut hatten und zu dem Schluss gekommen waren, es verdiene seine gerechte Strafe. Vielleicht lag es daran, dass in der Mitte des Platzes nicht mehr die ehrerbietigen Statuen der heldenhaften Märtyrer standen. Diese Märtyrer hatten sich – nach dem Angriff des Erzverräters Kau-yung auf Langhorne und dessen Gefährten – gemeinsam mit den Erzengeln Shan-weis fehlgeleiteten Anhängern entgegengestellt. Die Statuen waren fortgeräumt worden, denn neue Boshaftigkeit und neue Verderbnis waren über Safehold gekommen. Nun galt es nicht mehr, Hochachtung vor jenen zu empfinden, die sich dem Bösen in den Weg gestellt hatten: Es war erneut die Zeit gekommen, in der ein jedes Kind Gottes seine Pflicht erfüllen und unerschrockenen Gehorsam an den Tag legen musste – so, wie es dereinst jene ersten Märtyrer im Krieg gegen die Gefallenen getan hatten. Statt deren Statuen standen auf dem Platz nun brandgeschwärzte Säulen als Mahnung dafür, was Shan-weis und Kau-yungs Diener an Strafen Schuelers erwartete.
Eigentlich hatte Rayno keine Schwierigkeiten mit dem veränderten Platz. Sicher, wie jeder in Zion betrauerte auch er den Verlust eines wunderschönen Gartens voller süßer Düfte. Er musste zugeben, dass die Springbrunnen nun, ohne die Statuen, ein wenig nackt und … irgendwie verloren wirkten, obwohl die Wasserstrahlen nach wie vor unablässig auf und ab tanzten. Die Botschaft aber, die mit dieser Veränderung einherging, empfand der Erzbischof als sehr
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