Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)

Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)

Titel: Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
er, wie sehr ihm sein Privatsekretär in den letzten Jahren ans Herz gewachsen war.
    »Ist schon in Ordnung, Avry«, sagte er und tätschelte dem jüngeren Mann die Schulter. »Früher oder später werden wir uns wohl auch an die Ruhe gewöhnen.«
    »Jawohl, Eure Eminenz.« Wieder nickte Pygain, dann räusperte er sich. »Bedauerlicherweise hat Pater Ignaz gefragt, ob Ihr heute Nachmittag etwas Zeit für ihn erübrigen könntet, Eure Eminenz.«
    Es gelang Zagyrsk, einen tiefen Seufzer zu unterdrücken. Nicht, dass er seinem Intendanten Pater Ignaz Aimaiyr Abneigung entgegengebracht hätte. Eigentlich konnte er den Schueleriten sogar recht gut leiden. Ja, er konnte von Glück reden, jemanden wie ihn an seiner Seite zu wissen. Nur …
    »Also gut«, sagte er, wandte sich ab und trat wieder ans Fenster. »Dann bitten Sie Pater Ignaz doch herein«, entschied er und blickte hinunter auf die Straße.
    »Sehr wohl, Eure Eminenz.« Pygain verneigte sich, und Zagyrsk hörte, wie sich hinter seinem Assistenten die Tür des Arbeitszimmers schloss.
    Traurig hingen die graublauen Augen des Erzbischofs an der unablässig voranmarschierenden Kolonne. Er kannte die Heilige Schrift gut, und gegen die schwärende Krankheit, die ganz Safehold zu verschlingen drohte, gab es nur ein Heilmittel. Aber er war ein Heiler, und das war alles, was er jemals hatte sein wollen. Die Vorstellung, wohin diese Armee zog und was sie tun würde, wenn sie ihr Ziel erst erreicht hätte, erfüllte Zagyrsk mit Trauer.
    Selbst das verhärmteste, ketzerischste Herz der Welt gehört jemandem, der einst ein Kind Gottes war. Dass es so weit kommen musste … Zu wissen, dass es noch schlimmer kommt, ehe es sich wieder bessert … Das allein ist traurig genug, um das Herz selbst eines Erzengels zu zerreißen.
    Hinter sich hörte er ein Räuspern, und als er sich umwandte, erkannte er Aimaiyr. Der Intendant verneigte sich und küsste den Ring, den Zagyrsk ihm entgegenstreckte, dann richtete er sich wieder auf.
    »Danke, dass Ihr mich empfangt, Eure Eminenz. Ich weiß, dass Ihr im Augenblick sehr beschäftigt seid.«
    Eigentlich , dachte der Intendant und musterte den Erzbischof aufmerksam, liegt Zagyrsk eher ein gewaltiges Gewicht auf Herz und Seele, als dass er sich um übermäßig viele Dinge kümmern müsste. Schon oft hatte Aimaiyr gedacht, der Erzbischof sei zu empfindsam. Man sah es in seinen Augen, nur halb hinter den Gläsern der Drahtbrille verborgen; man sah es daran, wie sein schütteres Haar grauer und grauer wurde, und an den tiefen Falten in seinem Gesicht, die seine beachtliche Hakennase nur noch betonten.
    »Ich denke, das geht uns allen so, mein Sohn«, erwiderte Zagyrsk und bedeutete Aimaiyr mit einer Geste, im Stuhl rechts neben dem erzbischöflichen Schreibtisch Platz zu nehmen. Zagyrsk wartete, bis sein Besucher sich gesetzt hatte. Dann ließ er sich hinter den Schreibtisch sinken, kippte sei nen Stuhl ein wenig zurück und faltete die Hände über dem Bauch.
    »Pater Avry sagte, Sie wollten mich sprechen. Leider habe ich verabsäumt, mich zu erkundigen, worum es geht.«
    »Einige Dinge stimmen mich … besorgt«, erwiderte Aimaiyr. »Angesichts der Anwesenheit so vieler Soldaten war die Lage in Seenstadt und Tarikah sehr … angespannt. Nun, da sich die Armee wieder in Marsch gesetzt hat, rechne ich damit, dass sich ein Großteil dieser Anspannung legt. Selbstverständlich wird es Nachwirkungen haben, dass derart viele Männer und Tiere versorgt werden mussten. Vor allem hier in der Stadt wird das noch recht lange spürbar bleiben. Aber ich halte es für ratsam, nach Kräften wieder zur Normalität zurückzukehren – soweit das eben möglich ist in diesen unruhigen und beunruhigenden Tagen.« Er schüttelte den Kopf, und in seinen Augen, dunkler im Blau als Zagyrsks, stand unverkennbar Besorgnis zu lesen. »Natürlich, ich weiß: Wir können unmöglich zum Normalzustand zurückkehren, bis Ketzerei und Kirchenspaltung ein Ende gemacht ist, Eure Eminenz. Trotzdem: je mehr wir den Kindern Gottes eine Art normales Leben ermöglichen, je mehr sie mit Vertrautem konfrontiert werden, desto leichter werden sie in dieser Stunde der Not ihre eigene innere Stärke finden.«
    Langsam und bedächtig nickte Zagyrsk. Allerdings bezweifelte er, die Menschen wären in absehbarer Zeit in der Lage, etwas auch nur annähernd normal zu finden. Trotzdem verstand er sehr wohl, was Aimaiyr meinte. Wieder wurde ihm bewusst, wie viel Glück er doch mit dem

Weitere Kostenlose Bücher