Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
ist … und dass jener Feind auch der unsere ist. Selbstredend haben wir pragmatische Gründe dafür, diese Hoffnung zu hegen. Der Graf und Sie haben entschieden zu viel Erfahrung in der Nähe eines Herrscherthrons, um das nicht zu wissen. Gewiss werden Sie beide bereits erkannt haben, wie vorteilhaft es für uns wäre, Sie kämen zu dem Schluss, ein gemeinsamer Feind würde uns einen. Aber das ändert nichts an der Wahrheit, und es bedeutet auch nicht, dass wir oder sonst jemand das Recht hätten, Ihnen vorzuschreiben, was Sie mit Ihrem Gewissen vereinbaren können und was nicht. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Sie zu überzeugen , aber wir werden Sie zu nichts zwingen . Wie Sie sich entscheiden, mag letztendlich den Ausschlag dafür geben, welche Entscheidungen wir bezüglich Corisande treffen. Wir werden nicht vorgeben, die Dinge lägen anders. Sie zu zwingen aber, sehen wir als Fehler, der Sie unausweichlich zu einer Waffe werden ließe, die sich mit Leichtigkeit gegen uns selbst wenden kann, und das bei der erstbesten Gelegenheit. Unseres Erachtens hätten Sie in einem solchen Fall auch alles Recht dazu. Die Wahrheit ist nun einmal: Wir haben bereits entschieden zu viele Feinde, um uns einen weiteren möglicherweise gewaltigen Gegner leisten zu können. Wir zögen es vor, wenn Sie uns als Ihre Freunde ansähen; wir wollen Sie auf keinen Fall zum Feind. König Zhames und gewisse Inquisitoren dürften bereits herausgefunden haben, was es einen kosten kann, Sie zum Feind zu haben.«
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann trat der Kaiser neben Sharleyan und deutete auf die bequemen Rattansessel auf der Terrasse.
»Und nachdem nun dieser ganze deprimierende, förmliche Kram ausgesprochen ist: Würden Sie sich wohl zu uns gesellen? Wir hatten daran gedacht, das Mittagessen hier auf der Terrasse einzunehmen – vorausgesetzt, wir schaffen es, Zhanayts verdammten Papagei davon abzuhalten, ständig zum Tisch zu flattern und uns das Essen vom Teller zu stibitzen! Zhan und Zhanayt kommen auch bald. Doch davor würden wir gern noch das eine oder andere mit Ihnen besprechen. So liegt uns beispielsweise Merlins Bericht über Ihre Flucht aus Talkyra vor. Leider neigt der Seijin dazu, bei derartigen Tollkühnheiten seinen eigenen Beitrag ein wenig … herunterzuspielen. Wir würden gern aus Ihrem Mund hören, was sich alles zugetragen hat. Wir beantworten Ihnen ebenso gern alle Fragen, die Sie noch haben – und das in einer möglichst ungezwungenen Atmosphäre. Bedauerlicherweise wird sich ein förmlicher Empfang nicht vermeiden lassen. Letztendlich wollen auch die Minister und das Parlament mit Ihnen sprechen – und mit Ihnen ebenfalls, Mein Lord«, setzte der Kaiser mit Blick auf Coris hinzu. »Aber das muss nicht sofort geschehen. Wir wollten Ihnen wenigstens einen Fünftag Zeit geben, sich beim Erzbischof einzuleben, bevor Sie hin und her geschleppt und überall präsentiert werden. Wäre das ein zufriedenstellendes Arrangement für Sie?«
Daivyn mochte ja mittlerweile als der rechtmäßige Regent von Corisande anerkannt sein. Dennoch blickte der Prinz fragend zu seiner großen Schwester auf. Irys grinste; es fiel ein wenig schief aus.
»Nun, das Arrangement ist nicht nur zufriedenstellend, sondern deutlich großzügiger, als wir – oder zumindest ich – erwartet hatten, Euer Majestät. Oder vielleicht sollte ich lieber sagen: Eure Majestäten.«
»Das mit der Anrede kann wirklich hin und wieder etwas kompliziert werden«, ergriff nun Sharleyan zum ersten Mal das Wort und lächelte. »Denn unser Kaiserreich ist ja ein Doppelkönigreich. Und so wird Cayleb hier im Alten Königreich Charis mit ›Euer Majestät‹ angesprochen, während die Anrede für mich hier ›Eure Durchlaucht‹ lautet. In Chisholm halten wir es dann genau umgekehrt.« Die Kaiserin zuckte mit den Schultern und kicherte. »So wissen wir selbst zumindest genau, wer gerade mit wem spricht.«
»Ich verstehe … Eure Durchlaucht.« Erneut knickste Irys vor der Kaiserin. »Ich werde mich um die korrekte Anrede bemühen.«
»Das weiß ich«, erwiderte Sharleyan. Dann verschwand das Lächeln von ihrem Gesicht, und sie neigte den Kopf. »Und bevor wir zum inoffiziellen Teil des Gesprächs kommen, möchte ich noch einmal in aller Form unterstreichen, dass alles, was Cayleb gerade eben gesagt hat, tatsächlich in unser beider Namen gesprochen wurde. Ich weiß – ich weiß , Irys! –, wie Sie sich gefühlt haben, als Ihr Herr
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