Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
Feinden reduzieren konnte. Das Leben eines Soldaten war von solchen Gefühlen der Befremdung frei gewesen.
Außer Darachel und Siganche, die er schon kannte, waren es sieben weitere Ninraé, eine weitere davon war eine Frau.
„Wir freuen uns, Sie bei Bewusstsein und in einem guten Zustand anzutreffen“, sagte einer von ihnen, der die anderen schlanken Gestalten noch überrragte und auch sonst von kräftigerem, muskulöserem Wuchs war. Die anderen wandten ihm ihre Gesichter in Masken bleicher Neugierde zu, wie fahle Lampen fühlte er ihre Aufmerksamkeit auf sich gerichtet. „Das letzte Mal, dass wir sie sahen, war es fraglich, ob sie überhaupt einen weiteren Tag überleben würden.“
„Dann ist es mein Glück, dass gerade Sie mich gefunden haben. Und dass Sie ihre Heilkünste an mir anwandten, die zweifellos den Unterschied gegenüber ähnlichen Bemühungen meiner eigenen Art gemacht haben. Ich glaube kaum, dass ein idirischer Feldscher oder Arzt mich gerettet hätte.“ Sie nickten, bewegten, als ginge ein Windhauch durch einen Hain bleicher Bäume, ihre Arme in Gesten, die zwar auf jene befremdliche Art anmutig waren, für ihn – gemessen am Spektrum menschlicher Gebärden – aber keinen Sinn ergaben. Das Maß an Vertrautheit, das sich zwischen ihm und Darachel entwickelt hatte, hatte ihn für die Fremdheit seiner Rasse blind werden lassen. „Nicht zuletzt war es wohl mein Glück, dass Sie sich entschlossen haben, einen Fremden, jemanden, der nicht einmal ihrer Rasse angehört und dem sie nichts schulden, nicht einfach seinem Schicksal zu überlassen.“
Blicke gingen zwischen ihnen hin und her, Körper bogen sich einander zu, als bögen sich Stämme von Bäumen.
„Ja“, sagte ein anderer, „von Glück können Sie reden. Und von der Beharrlichkeit Darachels. Seine Standhaftigkeit hat einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass das Geschick zu ihrer Seite hin ausschlug.“ Er wandte sich Darachel mit einem Lächeln zu, in dem Auric trotz aller Fremdartigkeit der Mimik einen Hauch der Ironie zu entdecken glaubte. „Oder vielleicht sollte ich besser von Darachels Eigenwilligkeit sprechen?“
Diese Ninraé hier waren diejenigen, die ihn gefunden hatten. Das war einer der Gründe, warum Darachel gewollt hatte, dass er sie kennenlernte. Darachel hatte sie ihm vorgestellt, aber er war überfordert gewesen von der Flut fremder Namen und fremdartiger Begriffe, die beschrieben, wer sie waren und wie sie zueinander standen.
„Entschuldigen Sie“, hatte er an einem Punkt dazwischen gefragt, „– ein Konstellarium. Was ist das? Bedeutet das Wort so etwas ähnliches, wie eine Familie oder meint es eher eine Schicksalsgemeinschaft?“
„Eine Schicksalsgemeinschaft?“ Mit einer gewissen Verwunderung tastete die zweite Frau der Gruppe – Fianaike? – die für sie fremdartigen Laute des idirischen Wortes ab. „Was für ein merkwürdig treffendes Menschenwort. Als eine Schicksalsgemeinschaft könnte man uns alle, die wir hier versammelt sind, allerdings bezeichnen. Denn wir haben Sie gefunden, Auric Torarea Morante.“
Befremdlich. Irgendetwas von dem, was hier vorging, verstand er nicht. Er konnte sich nicht helfen, aber so, wie sie um sein Bett herumstanden, hatte die Szenerie etwas von einer Verschwörung. Er musste offensichtlich noch viel lernen, was die Ninraé betraf. Er erzählte zwar Darachel die Geschichte seines Lebens, aber er hatte von ihm nur wenig über das gehört, was das seine und das seiner Art ausmachte. Er würde Darachel darauf ansprechen.
Und er wusste noch immer nicht, was ein Konstellarium war.
Allerdings war er allmählich in der Lage, bestimmte äußere Merkmale und Wesenszüge bei ihnen zu unterscheiden. Der Großgewachsene – Bruc? – hatte eine für einen Ninra geradezu forsche Art, was ihn Darachel ähnlich machte. Auric war sich sicher, dass er einer der Ninraé war, die sich in jener Nacht, während sie ihn für schlafend hielten, in diesem Raum getroffen hatten. Ein anderer – derjenige, dessen Blick er bei einem Menschen etwas Ironisches zugesprochen hätte – hatte gegenüber den anderen etwas sehnig Graziles. In ihm erkannte er den letzten aus der Versammlung jener Nacht, derjenige, den er in bleichen Flammen stehend gesehen hatte. Hätte die ganze Versammlung aus Menschen bestanden, wäre er derjenige gewesen, den er als schwer einzuschätzen identifiziert hätte. Aber das galt hier natürlich für alle der Anwesenden. Er kam sich vor wie ein Kind, das
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