Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
Reiter darin trainieren mit Flachbogen umzugehen?“
Vortig sah ihn mit hochgezogenen Brauen und zwischen staubblondem Bart geschürzter Unterlippe an.
„Klar. Warum sollen Reiter schlechtere Schützen sein als Leute, die zu Fuß gehen. Ich meine, wenn sie erst einmal abgestiegen sind.“
„Ich meinte eigentlich vom Pferd aus schießen. Reitend.“
„Mit dem Flachbogen vom Pferd aus schießen?“ Vortigs Miene war eine blank gewischte Tafel. „Das geht nicht.“
Auric warf Crussav einen fragenden Blick zu.
Der kniff die Augen zu einer schiefen Grimasse zusammen.
„Reguläre idirische Reiterei mit schweren Bogen vom Pferd aus schießen? Keineh Chance.“
Wäre auch zu schön gewesen. Zu leicht.
„Warum willst duh das wissen?“
Hornsignale zerrissen die Luft. Dichter Staub stob empor vom wimmelnden Feld brüllender, ringender und mordender Menschen. Stählernes Klirren, Rasseln und Krachen, zerhacktes Schreien und Gellen trieben über die Schwaden hinweg. Tobende Trommeln jagten die Massen der Aufrührer vorwärts, und schrillende Dudelsäcke bohrten ihnen ihre Sporne in Fleisch und Hirn und trieben sie nach vorn, rasend ihrem Feind, den Truppen des Idirischen Reiches entgegen.
Auric stand mitsamt des Stabs von Meldereitern und Hornisten auf seiner Anhöhe und bohrte die Beine in den Boden. Er fühlte, wie sich Schweißtropfen ihre Pfade durch die dünne Staubschicht auf seinem Gesicht bahnten, obwohl der Tag nur mattwarm war und keine körperliche Anstrengung ihm die Flüssigkeit aus den Poren trieb. Seine Aufgabe war es hier, nur zu beobachten und über Boten und Signalhornisten seine Befehle zu geben. Die dort unten hatten Grund zu schwitzen. Und zu bluten.
Stahl blitzte auf, im regellosen Tumult des Stechens und Hauens, Reihen wankten, Soldaten fielen, wurden niedergetrampelt von den Vorrückenden der eigenen oder gegnerischen Seite, Aufstellungen und Haufen von Kämpfenden wurden aufeinander geworfen und vom Druck der Massen zusammengepresst, dass im Gedränge der Körper kein Hieb, nichts Koordiniertes mehr möglich war, nur noch ungelenkes, derbes, gnadenloses Stechen, Bohren und Schneiden, dass als einzige Möglichkeit blieb, was immer man als Klinge auch in der Hand hielt, so gedreht zu bekommen, dass sie irgendwie vom eigenen Körper weg und auf den Gegner gerichtet war.
Die Kämpfer des Aufrührerheeres waren verzweifelt und zu äußerster Mordlust aufgepeitscht. Sie wurden angetrieben von einem glühenden Hass auf den Feind und von der Gewissheit seiner Gnadenlosigkeit. Wie immer man die militärischen Fähigkeiten des Roten Sandocjs bewerten mochte – und Auric war nicht dazu angetan, sie wie manch anderer zu unterschätzen –, jeder der ihm begegnet war, sprach ihm ein wildes Charisma zu und die Fähigkeit Menschenmassen aufzupeitschen, und diese Menschen dort unten waren schon sehr lange bei ihm und seinem Einfluss ausgesetzt gewesen.
Sie waren bei ihm gewesen bis zum Ende.
Auric biss knirschend die Zähne zusammen und spürte, wie seine rechte Hand sich wie eine Kralle um den Griff seines Schwertes ballte. Doch dem Impuls dieses Schwert zu ziehen, um den Hang des Hügels herunter zu stürmen, um in die Reihen des Gegners einzufallen und seinen Leuten beizustehen, durfte er keinesfalls nachgeben – dieses Mal musste er beobachten, Situationen und Notwendigkeiten erkennen und die Befehlsrufe der Hornisten anordnen, wenn nötig und möglich Boten schicken. Er musste die Übersicht behalten, nur so konnte er das Ruder noch herumreißen. Nur so konnte er seine Leute retten. Das sagte sein Verstand ihm. So biss er mahlend die Kiefer zusammen und spürte wie ein dunkles Tier sich in seinem Bauch zusammenkauerte und zum Sprung an eine Kehle ansetzen wollte.
„Hornist: Mitte, zweite Spanne links Formation halten. Mittelblock in gestaffelter Formation vorrücken. Hornist Zwei: Trupp Zwei, Angriff von links. Schnell vorrücken. Unterlaufen. Linke Flanke stärken.“
Die Signale hallten durch die Luft. Er sah dort unten die Veränderungen in den Bewegungen der Heeresmassen als Antwort auf seine Befehle, und für einen Moment glitt sein Blick hinauf zu der imposanten Landschaft hinter dem Schlachtgewühl und den Schleiern aus Staub.
Sie hatten das feindlich Heer in die Enge getrieben.
Sie hatten es zum ersten Mal durch ihre unorthodoxe, vom idirischen Heer her unbekannte Vorgehensweise überrumpelt und zu substantiellen, maßgeblichen Kämpfen gezwungen. Also, nach den
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