Nippon-Connection
auf, ging näher ran, vergrößerte es. Es war quälend. Fast konnten wir erkennen, wer der Mann war. Fast, aber nicht ganz.
Jetzt wurde ein Einzelbild nach dem anderen durchgeklickt. Das Bild des Mannes wurde abwechselnd scharf und verschwommen.
Und dann endlich sahen wir den wartenden Mann klar und deutlich.
»Ach, du Scheiße!« sagte ich.
»Kennen Sie ihn?«
»Ja. Das ist Eddie Sakamura.«
V on da an machten wir rasche Fortschritte. Wir wußten jetzt zweifelsfrei, daß die Bänder manipuliert waren und man die Identität des Mörders verändert hatte. Wir sahen, wie der Mörder aus dem Konferenzraum trat und nach einem kummervollen Blick zurück auf das tote Mädchen dem Ausgang zustrebte.
»Wie konnten sie das Gesicht des Mörders in ein paar Stunden verändern?« fragte ich.
»Sie haben extrem leistungsstarke Mapping-Software«, erklärte Theresa. »Sie ist die mit Abstand ausgereifteste der Welt. Die Japaner werden in der Software-Produktion immer besser. Auf diesem Gebiet werden sie die Amerikaner bald genauso überholt haben wie auf dem Computermarkt.«
»Sie haben es also dank ihrer Software geschafft?«
»Selbst mit der allerbesten Software wäre es ein Wagnis, und die Japaner sind nicht wagemutig. Ich nehme daher an, daß die Sache gar nicht so besonders schwierig war. Der Mörder ist ja die meiste Zeit über damit beschäftigt, das Mädchen zu küssen, und oft steht er im Schatten, so daß man sein Gesicht nicht sieht. Ich vermute, die Idee, seine Identität zu ändern, kam ihnen ziemlich spät; war wohl ein nachträglicher Einfall. Sie sahen, daß sie nur den Teil, der jetzt kommt, ändern mußten … Da! Jetzt, wo er am Wandspiegel vorbeigeht.«
Im Spiegel war deutlich das Gesicht von Eddie Sakamura zu erkennen. Seine Hand streifte die Wand, man konnte sogar die Narbe sehen.
»Nachdem sie das verändert hatten«, sagte Theresa, »konnte der Rest bleiben, wie er war, und zwar auf allen Bändern. Es war eine sagenhaft günstige Gelegenheit, und die haben sie genutzt. Jedenfalls stelle ich es mir so vor.«
Auf den Monitoren sah man Eddie Sakamura am Wandspiegel vorbeigehen und im Schatten verschwinden. Theresa spulte das Band zurück. »Sehen wir es uns mal genauer an!«
Sie peilte die Reflexion des Gesichts im Spiegel an und zoomte Schritt für Schritt auf das Gesicht zu, bis es in Blöcke zerfiel.
»Aha, man sieht die Bildpunkte. Sehen Sie die Regelmäßigkeit? Hier ist retouchiert worden. Da, dieser Schatten auf dem Wangenknochen, unterhalb des Auges. Normalerweise hat man an der Grenze zwischen zwei Grauwerten immer eine gewisse Schwankung. Hier ist die Linie begradigt worden, repariert, sozusagen. Und hier …«
Das Bild drehte sich seitlich.
»Ja, hier auch.«
Ich sah weitere Rasterblöcke, ohne die geringste Ahnung zu haben, um was es sich dabei handelte. »Was ist das?«
»Seine rechte Hand. Die mit der Narbe. Sehen Sie, die Narbe ist hinzugefügt worden, das erkennt man an der Anordnung der Bildpunkte.«
Ich erkannte es keineswegs, aber ich glaubte es ihr. »Wer war dann in Wirklichkeit der Mörder?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das herauszubekommen wird schwierig sein. Wir haben die Reflexionen geprüft und nichts gefunden. Es gibt eine letzte Möglichkeit, die ich noch nicht ausprobiert habe, weil es nämlich die einfachste von allen ist, allerdings auch am einfachsten zu manipulieren. Ich meine die Untersuchung der Schattendetails.«
»Der Schattendetails?«
»Ja. Wir können versuchen, das Bild in den schwarzen Bereichen, also in den Schatten und den Silhouetten, zu intensivieren.
Vielleicht finden wir eine Stelle, an der so viel Umgebungslicht herrscht, daß wir ein erkennbares Gesicht bekommen. Versuchen können wir es ja mal!«
Es klang nicht gerade zuversichtlich.
»Sie glauben, es wird nicht funktionieren?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Nein. Aber versuchen wir es trotzdem mal! Es ist das letzte, was noch übrig bleibt.«
»Okay«, sagte ich. »Dann machen wir es.«
Sie spulte das Band zurück. Eddie Sakamura bewegte sich rückwärts vom Wandspiegel auf den Konferenzraum zu. »Augenblick!« sagte ich. »Was passiert eigentlich nach dem Spiegel? Den Teil haben wir uns noch gar nicht angesehen.«
»Ich habe ihn mir vorhin angesehen. Der Mann wird von einem Teil der Deckenverkleidung verdeckt und verschwindet in Richtung Treppenhaus.«
»Schauen wir es uns trotzdem an!«
»Gut.«
Das Band lief nun vorwärts. Eddie Sakamura ging auf den Ausgang zu. Sein
Weitere Kostenlose Bücher