Nippon-Connection
gerade »Moonlight Serenade«. Zwei Pärchen in Abendkleidung betraten den Lift, wahrscheinlich Leute aus der Immobilienbranche: die Männer mit silbrigem Haar und sehr elegant, die Frauen hübsch, mit einem Stich ins Vulgäre. Eine der Frauen sagte: »Sie ist kleiner, als ich dachte.«
»Ja, wirklich winzig. Und dieser … war das ihr Freund?«
»Glaub’ schon. War der nicht auch auf ihrem Video-Clip zu sehen?«
»Ja, ich glaube, der war es.«
Einer der Männer sagte: »Meint ihr, sie hat sich den Busen operieren lassen?«
»Hat doch jede.«
Die andere Frau begann zu kichern. »Außer mir natürlich.«
»Ja, natürlich, Christine.«
»Aber ich spiele mit dem Gedanken. Hast du Emily gesehen?«
»Ach, die hat ihren ja wahnsinnig groß machen lassen!«
»Na, damit hat Jane angefangen, die ist schuld dran. Jetzt wollen sie alle einen großen.«
Die Männer wandten sich ab und sahen durchs Glas hinaus. »Ein Wahnsinnsgebäude«, sagte der eine. »Die Detailausführung ist phantastisch. Muß ein Vermögen gekostet haben. Machst du im Augenblick viel mit den Japanern, Ron?«
»Um die zwanzig Prozent«, antwortete der andere. »Das ist viel weniger als letztes Jahr. Da bin ich kaum vom Golfplatz gekommen, kann ich dir sagen. Die wollen ja immer und ewig Golf spielen.«
»Zwanzig Prozent deines Umsatzes?«
»Ja, ja. Die kaufen jetzt Orange County auf.«
»Ist doch logisch, schließlich gehört ihnen ja schon ganz Los Angeles!« sagte eine der beiden Frauen lachend.
»So ungefähr. Das Arco-Gebäude da drüben gehört ihnen auch«, sagte der eine Mann und deutete hinaus. »Sie besitzen inzwischen schätzungsweise siebzig, fünfundsiebzig Prozent von Downtown Los Angeles.«
»Und noch mehr auf Hawaii.«
»Allerdings! Hawaii gehört ihnen doch praktisch - neunzig Prozent von Honolulu und die gesamte Kona-Küste. Die legen da Golfplätze an wie verrückt.«
Eine der Frauen sagte: »Wird ein Bericht über diese Party morgen abend im Fernsehen gebracht? Genug Kameras hatten sie ja.«
»Wir müssen es unbedingt anschauen.«
Die Aufzugstimme sagte: »Mamonaku töchaku itashi masu.«
Wir waren in der Tiefgarage angekommen; die beiden Paare stiegen aus. Connor sah ihnen kopfschüttelnd nach. »In keinem anderen Land der Welt hört man Menschen so seelenruhig darüber reden, daß ganze Städte und Landstriche an Ausländer verkauft werden.«
»Darüber reden?« fragte ich. »Das da sind doch die Leute, die diese Verkäufe unter Dach und Fach bringen!«
»Ja, die Amerikaner sind scharf aufs Verkaufen. Das erstaunt die Japaner immer wieder. In ihren Augen begehen wir ökonomischen Selbstmord. Und da haben sie natürlich recht.« Noch während er sprach, drückte Connor einen Knopf, auf dem NOTRUF stand.
Ein leiser, durchdringender Pfeifton erklang.
»Warum haben Sie das gemacht?«
Connor blickte zu der Video-Kamera hinauf, die oben in einer Ecke der Liftkabine angebracht war, und winkte fröhlich.
Aus dem Lautsprecher tönte es: »Guten Abend, Officers! Kann ich Ihnen helfen?«
»Ja«, antwortete Connor. »Spreche ich mit dem Sicherheitsdienst?«
»Jawohl, Sir. Ist irgend etwas mit dem Aufzug nicht in Ordnung?«
»Wo befinden Sie sich?«
»Wir sind in der Eingangshalle, in der südöstlichen Ecke hinter den Aufzügen.«
»Vielen Dank«, sagte Connor. Dann drückte er den Knopf mit der Aufschrift LOBBY.
D as Büro des Sicherheitsdienstes im Nakamoto Tower war klein, höchstens fünf mal sieben Meter. Als erstes fielen die drei großen Bildschirmwände ins Auge, die jeweils in ein Dutzend kleinere Monitoren unterteilt waren. Als wir den Raum betraten, waren die meisten ausgeschaltet. In einer der Reihen sah man jedoch Aufnahmen von der Eingangshalle und der Garage; eine andere Reihe zeigte die Party in vollem Gang, und auf einer dritten konnte man die Leute von der Spurensicherung oben im sechsundvierzigsten Stock beobachten.
Der diensthabende Wachmann war ein Schwarzer Mitte vierzig namens Jerome Phillips. Die graue Uniform des Nakamoto-Sicherheitsdienstes war an seinem Kragen völlig durchnäßt, und unter seinen Achseln hatten sich dunkle Flecken gebildet. Als wir eintraten, bat er uns, die Tür offen zu lassen. Es war ihm anzumerken, daß unsere Anwesenheit ihn beunruhigte. Ich hatte sofort den Verdacht, daß er etwas verheimlichte, aber Connor ging ganz freundlich auf ihn zu. Wir zeigten ihm unsere Polizeimarken und gaben ihm die Hand. Connor schaffte es mühelos, ihm den Eindruck zu vermitteln,
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