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Nippon-Connection

Nippon-Connection

Titel: Nippon-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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schön sie war, aber im Grunde hatte sie wenig Durchblick. Sie war das Kind reicher Eltern, hatte berühmte Universitäten an der Ostküste besucht und schien von der tiefen Überzeugung aller Privilegierten durchdrungen, daß alles, was sie dachte, wohl richtig war, auf jeden Fall aber so, daß man damit leben konnte. Nichts mußte an der Realität gemessen werden.
    Sie war damals noch sehr jung gewesen, das machte viel aus. Sie hatte die Welt noch gefühlsmäßig wahrgenommen, hatte gelernt, wie es in ihr zuging. Sie war begeisterungsfähig und konnte sehr leidenschaftlich werden, wenn es darum ging, ihre Ansichten darzulegen. Allerdings wechselten ihre Ansichten ständig, je nachdem, mit wem sie sich zuletzt unterhalten hatte. Sie war ungemein leicht zu beeindrucken. Sie probierte Ideen aus, wie manche Frauen Hüte anprobieren. Immer war sie über den allerneuesten Trend informiert. Eine Zeitlang fand ich das reizend, erfrischend, dann begann es mich anzuöden.
    Sie hatte nämlich keinen wahren Kern, keine menschliche Substanz. Sie war wie ein Fernsehapparat: Sie spulte immer nur die neueste Show ab, ganz egal, um was es ging; danach fragte sie nie.
    Letztlich bestand Laurens großes Talent darin, sich anzupassen. Mit allem, was sie als Autorität betrachtete - dem Fernsehen, der Zeitung, ihrem Chef -, ging sie konform und versuchte ständig herauszubekommen, woher der Wind wehte. Und sie wußte immer ganz genau, auf welchen Standpunkt sie sich stellen mußte, um richtig dazustehen. Es wunderte mich überhaupt nicht, daß sie beruflich vorankam. Ihre Wertvorstellungen waren - genau wie ihre Garderobe - immer gepflegt und auf dem Stand der neuesten Mode und …«
    »- Ihnen zeigen, Lieutenant, aber es ist schon spät … Lieutenant?«
    Ich blinzelte und kam wieder in die Gegenwart zurück. Jenny sprach mit mir. Sie deutete auf den Monitor, wo in einem Standbild Cheryl Austin in ihrem schwarzen Kleid neben zwei älteren Herren zu sehen war.
    Connor hatte sich von uns weggedreht und telefonierte gerade.
    »Lieutenant? Ist das hier wichtig für Sie?«
    »Ja, sicher. Wer sind die zwei?«
    Jenny startete das Band mit normaler Geschwindigkeit. »Senator John Morton und Senator Stephen Rowe. Sitzen beide im Finanzausschuß des Senats, wo die Hearings über diesen MicroCon-Verkauf stattfanden.«
    Auf dem Monitor sah man Cheryl lachend nicken. Sie war wirklich ungewöhnlich hübsch, eine interessante Mischung aus Unschuld und Sex-Appeal. Aber dann wirkte sie auch wieder abgebrüht, dabei wurden ihre Gesichtszüge hart. Sie schien beide Männer zu kennen, allerdings nicht besonders gut. Sie näherte sich keinem der beiden und berührte sie auch nicht, außer beim Händeschütteln. Die Senatoren ihrerseits waren sich der laufenden Kamera offenbar voll bewußt und verhielten sich Cheryl gegenüber auf eine leicht formelle Art freundlich.
    »Unser Land geht vor die Hunde, und da stehen unsere Senatoren an einem Donnerstagabend herum und plaudern mit Models«, klagte Jenny. »Kein Wunder, daß wir Probleme haben. Und die beiden sind wichtige Köpfe! Morton wird als möglicher Präsidentschaftskandidat für die nächste Wahl gehandelt.«
    »Was wissen Sie über das Privatleben der zwei?« fragte ich.
    »Sie sind beide verheiratet - das heißt, Rowe lebt praktisch getrennt von seiner Frau. Sie bleibt immer in Virginia, während er umherreist. Trinkt zuviel.«
    Ich betrachtete Rowe auf dem Bildschirm. Es war derselbe Mann, der am Abend mit uns im Aufzug gefahren war. Er war dabei betrunken gewesen und beinahe hingefallen. Dort auf dem Bildschirm wirkte er nüchtern.
    »Und Morton?«
    »Gibt sich als Saubermann. War mal Sportler und ist ein Fitneß-Freak. Ißt Reformkost. Familienvater. Sein Spezialgebiet sind Naturwissenschaften und Technologie. Umweltschutz, die Wettbewerbsfähigkeit der Vereinigten Staaten, amerikanische Werte und so. Aber ganz so brav, wie er tut, ist er wohl nicht. Er soll eine junge Freundin haben.«
    »Stimmt das?«
    Sie hob die Schultern. »Es heißt, seine Mitarbeiter versuchen, die Sache zu bereinigen. Aber wer weiß schon, was wahr ist und was nicht …«
    Das Band war zu Ende. Jenny schob die nächste Kassette ein.
    »Das ist jetzt die letzte.«
    Connor legte den Telefonhörer auf und sagte: »Vergessen Sie das Band!« Er stand auf. »Wir müssen gehen, kōhai.«
    »Warum?«
    »Ich habe mich bei der Telefongesellschaft wegen der Gespräche erkundigt, die zwischen acht und zehn von dem öffentlichen

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