Nippon-Connection
dem Haus die Meldung erstattet hat?«
»Richtig.«
»Ein Feind von Nakamoto hat es getan?«
»Mit ziemlicher Sicherheit.«
»Wie kriegen wir heraus, wer es war?« fragte ich.
Connor lachte auf. »Deshalb habe ich das Telefon in der Lobby überprüfen lassen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.«
»Wieso?«
»Nehmen Sie einmal an, Sie arbeiten für eine Konkurrenzfirma, und Sie wollen herausfinden, was bei Nakamoto intern los ist. Das schaffen Sie nicht, weil japanische Firmen ihre Führungskräfte auf Lebenszeit anstellen. Die leitenden Angestellten fühlen sich als Angehörige einer Familie, und ihre eigene Familie würden sie nie verraten. Nakamoto hält also dem Rest der Welt eine undurchdringliche Maske hin; demnach zählt jedes noch so unwichtige Detail: Welche Führungskräfte aus Japan sind gerade in der Stadt? Wer trifft sich mit wem? Das ganze Kommen und Gehen und so weiter. Diese Einzelheiten können Sie vielleicht in Erfahrung bringen, wenn Sie sich mit einem amerikanischen Wachmann anfreunden, der den ganzen Tag vor den Monitoren sitzt. Besonders dann, wenn dieser Wachmann unter den Vorurteilen gegenüber Schwarzen zu leiden hat.«
»Sprechen Sie weiter.«
»Die Japaner versuchen oft, ortsansässige Sicherheitsdienstleute rivalisierender Firmen zu bestechen. Sie sind zwar ehrenwerte Menschen, aber ihre Tradition gestattet ein solches Vorgehen. In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt, und in den Augen der Japaner ist das Geschäftemachen Krieg. Also geht Bestechung in Ordnung, wenn sie gelingt.«
»Ich verstehe.«
»Es gibt nur zwei Menschen, von denen wir sicher sein können, sie wußten in den ersten Sekunden nach dem Mord, daß ein Mädchen umgebracht worden ist. Der eine ist der Mörder selbst, der andere ist der Wachmann Ted Cole, der das Ganze auf dem Monitor gesehen hat.«
»Augenblick mal! Ted Cole hat alles auf dem Monitor gesehen? Er weiß, wer der Mörder ist?«
»Offensichtlich ja.«
»Er sagte, er sei um Viertel nach acht gegangen.«
»Er hat gelogen.«
»Aber wenn Sie das wußten, warum haben wir ihn dann nicht …«
»Uns würde er das nie sagen«, erwiderte Connor. »Genausowenig wie Phillips. Deshalb habe ich Cole gar nicht erst festgenommen und verhört. Es wäre nur Zeitverschwendung gewesen - und Zeit bedeutet hier alles. Wir wissen, daß er es uns nicht sagen würde. Meine Frage lautet jetzt: Hat er es jemand anderem erzählt?«
Langsam wurde mir klar, auf was er hinauswollte. »Sie meinen, ob er den Sicherheitsraum verlassen hat, zum öffentlichen Telefon in der Lobby gegangen ist und irgend jemanden angerufen und von dem Mord berichtet hat?«
»Genau. Denn er hat nicht das firmeneigene Telefon im Sicherheitsraum, sondern den öffentlichen Apparat benützt, um jemanden anzurufen - einen Feind von Nakamoto, ein Konkurrenzunternehmen. Irgend jemanden.«
»Aber von diesem Apparat aus ist kein Gespräch geführt worden!«
»Genau.«
»Damit fällt doch Ihre ganze Argumentation in sich zusammen.«
»Keineswegs. Die Sache wird dadurch nur um so klarer. Wenn Cole niemanden verständigt hat, wer dann war der Anrufer? Das kann doch eindeutig nur der Mörder selbst gewesen sein.«
»Er hat den Mord gemeldet, weil er Nakamoto in eine peinliche Lage bringen wollte?«
»Das ist anzunehmen.«
»Von wo aus hat er dann angerufen?«
»Das ist mir noch nicht klar«, antwortete Connor. »Von irgendwo innerhalb des Gebäudes, nehme ich an. Es gibt zudem einige andere verwirrende Einzelheiten, die wir noch nicht in Erwägung gezogen haben.«
»Zum Beispiel?«
Das Autotelefon schnarrte. Connor hob ab, dann gab er mir den Hörer. »Es ist für Sie.«
»Nein, nein«, sagte Mrs. Ascenio, »der Kleinen geht es gut. Ich habe erst vor ein paar Minuten nach ihr gesehen. Es ist alles in Ordnung, Lieutenant. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß Mrs. Davis angerufen hat.« So nannte sie meine Exfrau.
»Wann?«
»Vor zehn Minuten ungefähr.«
»Hat sie eine Nummer hinterlassen?«
»Nein. Sie hat gesagt, daß sie heute nacht nicht zu erreichen ist. Aber ich soll Ihnen ausrichten, daß ihr etwas dazwischengekommen ist und sie vielleicht wegfährt. Sie hat gesagt, daß sie die Kleine dieses Wochenende wahrscheinlich nicht nehmen kann.«
Ich seufzte. »Okay.«
»Sie hat gesagt, sie ruft Sie morgen an, dann kann sie es Ihnen genau sagen.«
»Okay.«
Ich war nicht überrascht. Das war typisch Lauren. Änderungen in allerletzter Minute. Mit Lauren konnte man nie etwas planen, weil sie es
Weitere Kostenlose Bücher