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Nippon-Connection

Nippon-Connection

Titel: Nippon-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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schaltete den Videorecorder aus, stand auf und streckte sich. »Also, ich finde, wir haben gute Arbeit geleistet heute nacht. Wie wär’s jetzt mit ein bißchen Schlaf? Ich habe vormittags ein wichtiges Golfspiel in Sunset Hills.«
    »Okay.« Ich schichtete die Kassetten in die Pappschachtel zurück und stellte den Videorecorder vorsichtig dazu.
    »Was werden Sie mit den Bändern machen?« wollte Connor wissen.
    »Ich sperre sie in einen der Schränke für Beweismaterial.«
    »Das hier sind die Originale, und wir haben keine Kopien.«
    »Ich weiß, aber die Kopien können erst morgen gemacht werden.«
    »Genau das meine ich. Nehmen Sie die Bänder doch lieber mit!«
    »Ich soll sie mit nach Hause nehmen?« Was das betraf, gab es genaue Bestimmungen. Es war, milde ausgedrückt, streng verboten, Beweismaterial an sich zu nehmen.
    Connor hob die Schultern. »Ich an Ihrer Stelle würde kein Risiko eingehen. Nehmen Sie die Bänder mit, dann können Sie das Kopieren morgen selbst veranlassen.«
    Ich klemmte mir die Schachtel unter den Arm und sagte: »Sie glauben doch nicht, daß irgend jemand hier …«
    »Natürlich nicht. Aber das hier ist wichtiges Beweismaterial, und wir wollen doch nicht, daß irgend jemand mit einem großen Magneten an den Schränken vorbeigeht, während wir schlafen, oder?«
    Ich nahm also die Bänder mit. Draußen vor der Tür stießen wir auf Ishigura, der noch immer ganz zerknirscht dahockte. Connor sprach ihn kurz auf japanisch an. Ishigura sprang auf, verbeugte sich hastig und huschte aus dem Zimmer.
    »Hat er wirklich so große Angst?«
    »Ja«, sagte Connor.
    Ishigura ging hastig und mit gesenktem Kopf vor uns den Korridor entlang. Er sah fast aus wie die Karikatur eines eingeschüchterten, verängstigten Menschen.
    »Aber warum?« fragte ich. »Er lebt doch schon lange genug hier, um zu wissen, daß wir ihn wegen Zurückhaltung von Beweismaterial kaum belangen können. Und gegen Nakamoto haben wir noch weniger in der Hand.«
    »Darum geht es nicht«, erklärte Connor. »Er macht sich keine Sorgen wegen irgendwelcher juristischer Sachen. Er fürchtet den Skandal. Und einen solchen würde es sicher geben, wenn wir in Japan wären.«
    Wir gingen um die Ecke. Ishigura stand wartend vor den Aufzügen. Auch wir warteten. Eine peinliche Stille trat ein. Dann kam der erste Aufzug, und Ishigura trat einen Schritt zurück, um uns den Vortritt zu lassen. Als sich die Tür schloß, stand er draußen und verbeugte sich noch einmal. Der Aufzug fuhr hinunter.
    »In Japan wären er und seine Firma jetzt erledigt«, sagte Connor.
    »Warum?«
    »Weil in Japan der Skandal das gebräuchlichste Mittel darstellt, die Hackordnung zu verändern, einen mächtigen Gegner loszuwerden. Dort drüben ist das ein ganz normaler Vorgang. Man legt den Finger auf einen schwachen Punkt und läßt es die Presse oder die staatlichen Behörden wissen. Dann kommt es unausweichlich zum Skandal, und die entsprechende Person oder Firma ist erledigt. Auf diese Art ist Takeshita durch den Recruit-Skandal seinen Posten als Ministerpräsident losgeworden. In den siebziger Jahren brachte der Lockheed-Skandal Ministerpräsident Tanaka zu Fall, und auf dieselbe Weise haben die Japaner vor einigen Jahren General Electric drangekriegt.«
    »General Electric?«
    »Ja, durch den Yokogawa-Skandal. Haben Sie nicht davon gehört? Also, das war klassisches japanisches Taktieren. Vor einigen Jahren stellte General Electric die besten Röntgengeräte der Welt her. GE gründete eine Tochtergesellschaft, Yokogawa Medical, um die Geräte auch in Japan auf den Markt zu bringen. Und sie verhielten sich ganz japanisch: Sie senkten die Preise, so daß ihre Produkte billiger wurden als die der Konkurrenz, um sich einen großen Marktanteil zu verschaffen, entwickelten eine hervorragende Kundenbetreuung: Sie luden die Kunden ein und schenkten potentiellen Käufern Flugtickets und Reiseschecks. Wir würden das als Bestechung bezeichnen, aber in Japan ist das durchaus üblich. Yokogawa stieg rasch zum Marktführer auf, überrundete sogar japanische Unternehmen wie Toshiba. Den japanischen Firmen gefiel das gar nicht, sie beschwerten sich über dieses unfaire Geschäftsgebaren. Eines Tages wurden die Yokogawa-Büros im Auftrag der Regierung durchsucht, und man fand Beweise dafür, daß auch mit Bestechung gearbeitet wurde. Mehrere Angestellte von Yokogawa wurden verhaftet, und der Name des Unternehmens war von nun an untrennbar mit einem Skandal verbunden.

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