Nippon-Connection
Schrank mit den Beweismitteln nachsehen, und er hat sie nicht finden können.«
Ich holte tief Luft und sagte: »Nein, die habe ich.«
»Sie haben sie gestern abend nicht in den Schrank gesperrt?«
»Nein. Ich wollte Kopien machen lassen.«
Er hüstelte. »Pete, es wäre wirklich besser, wenn Sie sich auch in diesem Punkt an die Bestimmungen halten.«
»Ich wollte doch Kopien machen lassen.«
»Ich sage Ihnen jetzt folgendes, Pete: Lassen Sie Ihre Kopien anfertigen, und legen Sie mir die Originale um zehn Uhr auf den Schreibtisch. Okay?«
»Okay.«
»Man kann doch Beweismaterial nicht so lange außerhalb des Schranks aufbewahren! Sie wissen ja, wie das ist.« Dann sagte er noch, er würde dies auf seine Kappe nehmen.
»Danke, Jim!«
»Danken Sie mir nicht! Ich habe nichts getan. Soweit ich weiß, sind die Bestimmungen eingehalten worden.«
»Gut.«
»Aber ganz im Vertrauen: Erledigen Sie es sofort! Ich kann die Sache ein paar Stunden vertuschen, aber irgend etwas geht hier vor. Ich weiß nur noch nicht genau, aus welcher Richtung es kommt. Also, lassen Sie Ihre Muskeln nicht allzusehr spielen, ja?«
»Ja, Jim. Bin schon unterwegs.«
Ich legte den Hörer auf und zog los, um Kopien anfertigen zu lassen.
P asadena sah aus wie eine Stadt auf dem Boden eines Glases saurer Milch. Das Jet Propulsion Laboratory am Ortsrand schmiegte sich an die Ausläufer der Berge unweit der Rose Bowl.
Aber nicht einmal jetzt, um halb neun am Morgen, gab der gelblich-weiße Dunst den Blick auf die Berge frei.
Ich klemmte mir die Schachtel mit den Bändern unter den Arm, zeigte meine Marke vor, unterschrieb auf der Liste des Pförtners und schwor, ein amerikanischer Bürger zu sein. Der Mann schickte mich ins Hauptgebäude, das über einen Innenhof zu erreichen war.
Jahrzehntelang hatte das Jet Propulsion Laboratory als Kommandozentrale für amerikanische Raumfahrzeuge gedient, die den Jupiter und die Satumringe fotografierten und die Bilder als Videoaufnahmen zur Erde zurücksandten. Im JPL waren die modernsten Videoverfahren entwickelt worden. Wenn irgend jemand die Bänder kopieren konnte, dann waren es diese Leute.
Mary Jane Kelleher, die Pressedame, begleitete mich in den dritten Stock. Wir gingen einen hellgrün gestrichenen Korridor entlang, vorbei an mehreren offenen Türen, die zu leeren Büros führten. Ich machte eine Bemerkung darüber.
»Stimmt«, sagte sie nickend. »Wir haben einige gute Leute verloren, Peter.«
»Wo sind die hingegangen?« fragte ich.
»Meist in die Industrie. Wir haben immer wieder welche an IBM in Armonk oder an die Bell Labs in New Jersey verloren, aber diese Labors haben nicht mehr die beste Ausstattung und auch nicht mehr soviel Geld wie früher. Jetzt gehen viele unserer Mitarbeiter in die japanischen Forschungslabors, zu Hitachi in Long Beach beispielsweise oder zu Sanyo in Torrance oder zu Canon in Inglewood. Dort stellen sie jetzt viele amerikanische Wissenschaftler ein.«
»Habt ihr deswegen Probleme?«
»Klar. Ist doch allgemein bekannt, daß der beste Technologietransfer im Kopf eines Menschen vor sich geht. Aber was soll man dagegen unternehmen?« Sie hob die Schultern. »Forscher wollen forschen. Und Amerika engagiert sich nicht mehr so in Forschung und Entwicklung. Die Etats sind geschrumpft. Da ist es natürlich besser, für die Japaner zu arbeiten. Die zahlen gut, und die Wissenschaft steht bei ihnen in hohem Ansehen. Wenn man bei ihnen ein bestimmtes Gerät braucht, kriegt man es auch. Jedenfalls haben mir das meine Freunde erzählt. So, da wären wir.«
Sie führte mich in einen Raum, der mit Video-Equipment vollgestopft war: schwarze Geräte in Metallregalen und auf Metalltischen, Kabel quer über dem Fußboden, Monitoren und Videowände. Inmitten dieser Anhäufung von Geräten saß ein bärtiger Mann Anfang dreißig, Kevin Howzer. Auf dem Bildschirm vor ihm war ein Getriebe mit wechselnden Regenbogenfarben zu sehen.
Sein Tisch war über und über mit leeren Cola-Dosen und Schokoriegelpapier bedeckt; offenbar hatte er die ganze Nacht durchgearbeitet.
»Kevin, hier ist Lieutenant Smith vom Police Department Los Angeles. Er hat ein paar ungewöhnliche Videobänder dabei, die kopiert werden müssen.«
»Nur kopiert?« Howzer wirkte enttäuscht. »Überhaupt keine Bearbeitung?«
»Nein, Kevin«, sagte Mary Jane. »Nichts dergleichen.«
»Na, kein Problem!«
Ich zeigte Howzer eine der Kassetten. Er drehte sie in der Hand hin und her und zuckte mit den Achseln.
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