Nippon-Connection
etwas ganz Besonderes«, sagte sie. »Ich habe sofort an Sie und Ihre kleine Tochter gedacht. Es ist ein kleines Haus in Palms, ein sehr kleines Haus, aber es steht auf einem Eckgrundstück und hat einen entzückenden Garten mit Blumen und einem wunderschönen Rasen. Es kostet dreihunderttausend. Aber der Grund, warum ich dabei an Sie gedacht habe, ist, daß der Verkäufer bereit ist, außergewöhnliche Bedingungen einzuräumen. Ich glaube, Sie würden nur sehr wenig anzahlen müssen. Wollen Sie es sich anschauen?«
»Wer ist der Verkäufer?« fragte ich.
»Das weiß ich eigentlich gar nicht. Es ist eine ganz besondere Situation. Das Haus gehört einer älteren Frau, die ins Altersheim gezogen ist, und ihr Sohn, der in Topeka lebt, möchte es jetzt verkaufen, auf Rentenbasis. Er will statt einer einmaligen Kaufsumme lieber ein regelmäßiges Einkommen. Offiziell steht das Haus noch nicht zum Verkauf, aber ich weiß, daß der Verkäufer es abstoßen will. Wenn Sie morgen kommen, könnten Sie vielleicht schon etwas erreichen. Und der Garten ist wirklich reizend. Ich sehe schon Ihre kleine Tochter vor mir, wie sie darin spielt.«
Jetzt warf Connor mir einen Blick zu.
Ich sagte: »Miss Gerber, ich müßte schon etwas mehr darüber wissen. Wer der Verkäufer ist und so weiter.«
Sie wirkte erstaunt. »Also, ich dachte, Sie würden vor Freude an die Decke springen. So eine Gelegenheit bietet sich nicht jeden Tag. Wollen Sie sich denn das Haus nicht wenigstens einmal anschauen?«
Connor sah zu mir herüber, nickte und formte mit den Lippen ein lautloses Ja.
»Ich melde mich bei Ihnen«, sagte ich.
»Na gut, Lieutenant.« Es klang ungnädig. »Bitte, lassen Sie es mich wissen!«
»Mach’ ich.« Ich legte auf.
»Was zum Teufel ist da los?« sagte ich. Es ließ sich beim besten Willen nicht mehr ignorieren: Uns beiden war gerade viel Geld angeboten worden. Sehr viel Geld.
Connor schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
»Hat das etwas mit MicroCon zu tun?«
»Ich weiß nicht. Ich dachte, MicroCon ist ein kleines Unternehmen. Das paßt alles nicht zusammen.« Er blickte ziemlich unbehaglich drein. »Was genau steckt eigentlich hinter MicroCon?« fragte er.
»Ich glaube, ich weiß, wo wir das erfahren können.«
»M icroCon?« Ron Levine zündete sich eine dicke Zigarre an. »Klar kann ich Ihnen etwas über MicroCon erzählen. Ist aber eine häßliche Geschichte.«
Wir saßen im Redaktionsbüro von American Financial Network, einem Kabel-Nachrichtensender in der Nähe des Flughafens. Der Blick aus dem Fenster zeigte die weißen Schüsseln der Satellitenantennen auf dem Dach der angrenzenden Garage. Ron zog ein paarmal kurz an seiner Zigarre und lachte. Bevor er den Job als Fernsehmoderator angenommen hatte, war er Wirtschaftsreporter bei der Times gewesen. AFN gehört zu den wenigen Fernsehsendern, bei denen die Moderatoren ihre Texte selbst schreiben. Sie müssen wissen, worüber sie reden, und Ron weiß es.
»MicroCon«, begann er, »wurde vor fünf Jahren von einem Konsortium amerikanischer Computerhersteller gegründet. Das Unternehmen sollte die nächste Generation von Röntgen-Lithographiegeräten für Computerchips entwickeln. Als MicroCon startete, gab es keine amerikanischen Hersteller von Lithographiegeräten mehr. Sie waren alle in den achtziger Jahren der enormen Konkurrenz der Japaner unterlegen und vom Markt gedrängt worden. MicroCon entwickelte eine neue Technologie und stellt Geräte für amerikanische Unternehmen her. Soweit klar?«
»Alles klar«, sagte ich.
»Vor zwei Jahren wurde MicroCon an Darley-Higgins verkauft, das ist eine Investmentgesellschaft in Georgia. Die anderen Firmen, die Darley gehörten, waren allesamt auf dem absteigenden Ast. Man beschloß daher, MicroCon wieder zu verkaufen, um an Geld zu kommen. Man fand einen Käufer, Akai Ceramics, ein Unternehmen in Osaka, das in Japan bereits Lithographiegeräte herstellte. Akai hatte jede Menge Geld und willigte ein, die amerikanische Firma für einen hohen Preis zu kaufen. Aber da schaltete sich der Kongreß ein, um den Verkauf zu verhindern.«
»Warum denn?«
»Der Niedergang der amerikanischen Wirtschaft beginnt allmählich sogar den Kongreß zu beunruhigen. Wir haben schon zu viele Schlüsselindustrien an Japan verloren - Stahl und Schiffbau in den Sechzigern, Fernsehen und Computerchips in den Siebzigern, Werkzeugmaschinen in den Achtzigern. Eines Tages wachte dann eben doch mal einer auf und machte sich klar, daß
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