Nix als Ärger mit dem Kerl!
Weltmarkt öffnen, das ihm bisher eisern verschlossen blieb.
Clarissa von Beuerbach war es im Grunde egal, wen sie heiratete. Ihr war immer bewusst gewesen, dass sie einmal eine Interessenehe und keine Liebesheirat eingehen würde.
Als Adlige und noch dazu Fabrikantentochter gehörte dies ganz einfach dazu. Liebesheiraten konnte sich der Pöbel leisten, der nichts zu vergeben und zu behalten hatte. Blaublütler wie sie sorgten dafür, dass der Besitz in der Familie blieb und sich vermehrte. Für die Freuden des Lebens hatte man seine kleinen Affären – basta.
So hatte Clarissa bis vor kurzem gedacht. Aber als sie in das strenge Gesicht ihres Zukünftigen blickte (der noch nichts von seinem Glück wusste), waren ihr zum ersten Mal Zweifel gekommen.
Simon Hartmann sah nicht so aus, als würde er "kleine Affären" oder sonstige Verlustigungen akzeptieren. Er sah überhaupt nicht aus wie ein Mann, der Spaß verstand. Die fest zusammengepressten Lippen, der kritische Blick, die abweisende Miene ließen ihn streng, ja, hart erscheinen.
Ein kleines Lächeln hätte ihn zu einem gutaussehenden Mann gemacht. Aber Simon Hartmann schien Frohsinn und Freundlichkeit für einen Luxus zu halten, den er sich nicht leisten konnte. Das Leben an seiner Seite hielt wahrscheinlich nur Pflichten bereit, vermutete Clarissa wenig begeistert. Vielleicht sollte sie sich die Sache mit der Heirat doch noch mal überlegen?
Nun, bisher hatte er noch mit keiner noch so winzigen Andeutung Interesse an ihr bekundet. Seine Konzentration ruhte ausschließlich auf den Verhandlungen, die er mit Hugo führte, dem allmählich der Schweiß auf die Stirn trat.
Simon Hartmann war ein knochentrockener Partner, der einem keinen Schritt entgegenkam. So wie es aussah, würde sich diese Unterhaltung noch ewig hinziehen.
Clarissa gähnte diskret hinter vorgehaltener Hand, um ihren Vater endlich auf sich aufmerksam zu machen. Aber dieser schwelgte gerade in Verkaufszahlen. Utopien, die er versuchte, Simon in den glühendsten Farben auszumalen, aber der Fabrikant blieb gelassen.
"Ich glaube, wir sollten unsere Besprechung auf einen anderen Termin verlegen", bemerkte er plötzlich, völlig zusammenhanglos. "Ihr Fräulein Tochter langweilt sich. Dies ist wohl auch kein Thema, das eine Dame interessiert."
Es hätte höflich geklungen, wenn es Simon nicht mit dieser herablassenden Miene ausgesprochen hätte. Clarissa verzog unwillkürlich das Gesicht.
"Oh, ich möchte diese wichtige Unterhaltung auf keinen Fall stören", versicherte sie mit falscher Liebenswürdigkeit. "Aber wenn mich die Herren entschuldigen würden – ich hätte noch einiges zu erledigen. Papa, du erlaubst?"
Ihre Blicke flehten den Vater an, aber der schüttelte den Kopf.
"Dieses Geschäft betrifft auch deine Zukunft", lehnte er das Ansinnen seiner Tochter rundweg ab. "Du wirst die Firma einmal übernehmen, da solltest du so langsam wissen, um was es sich bei den Investitionen und Abschlüssen im Einzelnen handelt."
Simon beugte sich vor.
"Sie haben ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium?" Spott leuchtete in seinen Augen, wofür Clarissa ihm am liebsten den Hals umgedreht hätte.
"Nein, ich habe Kunst studiert", erwiderte sie wütend. "Und im übrigen bist du noch viel zu jung, um ans Aufhören zu denken, Papa." Sie lächelte ihren Vater an, der unter dem Tisch die Hände rang. "Ich möchte jetzt wirklich gehen, Paps. Sei nicht böse, aber es ist wichtig."
Bevor Hugo von Braunfels dagegen protestieren konnte, hatte Clarissa ihren Stuhl zurückgeschoben und sich erhoben.
Der Abschied zwischen ihr und Simon fiel kühl aus. Sie wäre beinahe aus dem Restaurant gerannt, so froh war Clarissa, der unangenehmen Nähe dieses Mannes zu entkommen. Nein, ihr Vater konnte sich die Idee abschminken, Simon Hartmann zum Schwiegersohn zu bekommen.
Bei allem Reichtum und bei aller Vernunft, dieser Mann war ihr herzlich unsympathisch.
6. Kapitel
Irgendwie benahm sich die Figur seltsam. Spröde, sperrig, unlogisch, auf jeden Fall zeigte sie sich plötzlich unkooperativ. Es war nichts mehr mit ihr anzufangen.
"Ich lasse dich sterben", drohte Wilma, als sie den Dialog zum x-ten Mal löschte und zum Neuschreiben ansetzte. Doch dann nahm sie die Finger von der Tastatur.
Solche "Stecker" hatte sie schon häufiger erlebt. Es lag natürlich an ihr, der Schöpferin der Figur, dass diese sich so seltsam benahm. Irgendwo hatte sie, die Autorin, einen Fehler gemacht, sich nicht an die erdachte Biographie
Weitere Kostenlose Bücher