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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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von der Stimme, Saph.«
    »Die Stimme hat mich gerufen. Sie wollte, dass ich zu ihr komme. Ssssssapphire … Ssssssapphire … «

    »Das hört sich doch überhaupt nicht nach deinem Namen an!«, unterbricht mich Conor. »Sie muss jemand anderen gemeint haben.«
    »Es sei denn, sie spricht eine andere Sprache, Conor«, bemerkt Granny Carne. »Und weißt du, wer dich gerufen hat?«
    »Ich denke, es waren die Meere dieser Erde«, flüstere ich, als würde uns jemand belauschen.
    »Moryow«, sagt Granny Carne.
    »Ja.«
    »Aber sie ist der Stimme nicht gefolgt«, sagt Conor, als wäre dies der entscheidende Punkt.
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich, weil Sadie gebellt hat. Und wegen … wegen der Eule.«
    »Sadie …«, murmelt Granny Carne nachdenklich. »Ist Sadie nicht der Hund, der zu euch gelaufen kam, als wir uns neulich am Weg trafen?«
    »Doch, das stimmt.«
    »Mein Dad hat Sie doch besucht«, sagt Conor eindringlich, »kurz bevor er verschwunden ist. Ich war auch dabei. Hat er irgendwas … hat er Ihnen irgendwas erzählt? Etwas, das wir nicht wissen? Wusste er bereits, dass er uns verlassen würde?«
    »Was die Leute mir hier erzählen, bleibt innerhalb dieser Mauern«, entgegnet Granny Carne.
    »Aber er ist verschwunden. Vielleicht ist er in Gefahr.«
    »Vielleicht … «, stimmt Granny Carne zu.
    »Wenn er in Gefahr ist, dann müssen wir ihm helfen!«
    »So einfach ist das nicht. Wir müssen behutsam vorgehen. Doch eines kann ich euch sagen: Als euer Vater zu mir kam,
stand ihm etwas ins Gesicht geschrieben, das ich jetzt auch in euren Gesichtern sehe. Es ist ein Zeichen, das man an Land nur sehr selten sieht«, fügt sie hinzu und mustert uns eingehend, als wolle sie prüfen, ob wir sie richtig verstanden haben. Wir starren sie an. Meine Hand bewegt sich nach oben, als wolle sie mein Gesicht verbergen. Granny Carne lächelt verhalten.
    »So kannst du es nicht verbergen«, sagt sie. »Nicht vor mir. Wir haben schon das letzte Mal darüber gesprochen. Indigo hat seine Spuren in deinem Gesicht zurückgelassen und du weißt es, Sapphire. Du bist dort gewesen, in Indigo. Du spürst, wie es dich zieht, manchmal mehr, manchmal weniger.«
    Ich entgegne nichts. Ich habe Angst. Woher weiß Granny Carne das alles?
    »Conor hat dieselbe Veranlagung«, fährt sie fort, »doch bei ihm ist sie nicht so stark ausgeprägt. Auf solche Weise kommt es ans Tageslicht. Auch Bruder und Schwester erhalten das Erbe nicht unbedingt zu gleichen Teilen.«
    Conor nickt, als verstehe er. Doch ich weiß, dass er genauso irritiert sein muss wie ich.
    »Aber, Conor …«, fügt Granny Carne hinzu, indem sie sich vorbeugt und ihn ernst ansieht. »Auch du verfügst über besondere Kräfte, zweifle nicht daran. Es wird die Zeit kommen, um sie zu gebrauchen. Sapphire hat mehr von Indigo, du hast mehr von der Erde. Beide besitzen Macht. Nur wenn die Macht aus dem Gleichgewicht gerät, wird es gefährlich.«
    Granny Carne und Conor tauschen Blicke. Wie ähnlich sie sich doch sind. Sie könnte sein Vorfahre sein. Dieselbe dunkle Haut, dieselben Augen, dieselbe Form der Lippen beim Lächeln.

    »In der Trewhellafamilie hat das Merblut schon immer einen starken Einfluss gehabt«, spricht sie weiter. »Es geht bis auf den ersten Mathew Trewhella zurück.«
    »Aber es kann sich doch gar nicht weitervererbt haben«, sagt Conor. »Dieser Mathew ist doch gemeinsam mit der Meerfrau verschwunden und hatte keine Kinder. Er war damals ein junger, unverheirateter Mann. So heißt es in der Geschichte.«
    »Er war nicht verheiratet, aber er hatte eine Freundin«, sagt Granny Carne. »Er liebte Annie, bevor die Meerfrau ihn rief. Sie war von ihm schwanger, als er verschwand. Annie gab dem Kind seinen Namen, obwohl er sie verlassen und betrogen hatte, wie die Leute sagten. Dieses Baby namens Mathew hatte Merblut in sich und gab dieses Erbe später an euch weiter.
    Arme Annie, sie hat Mathew so geliebt«, fährt sie fort, als sähe sie alles so klar vor sich wie den Honigkuchen, der vor uns auf dem Tisch steht. »Sie hätte die Meerfrau von Zennor mit Zähnen und Klauen bekämpft und Mathew zurückgewonnen, wenn es ein fairer Kampf gewesen wäre. Doch sie kämpfte nicht allein gegen die Meerfrau, sondern auch gegen das Merblut in Mathew, das sich nach Indigo sehnte.«
    Ich starre sie an. Die Art, wie sie über diese uralte Geschichte spricht, lässt mich schaudern.
    »Sie meinen also, dass diese Geschichte wirklich wahr ist?«, fragt Conor.

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