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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Problem mit Babys besteht darin, dass man stets denkt, sie müssten an erster Stelle kommen. Aber warum eigentlich? Schließlich waren Conor und ich zuerst da. Wir waren Dads Babys, lange bevor Mordowrgi auf der Bildfläche erschien. Soll Conor doch aufgeben und sich damit abfinden, dass Dad verschwunden ist, ich werde das nicht tun. Ich finde mich mit gar nichts ab. Ich werde weiterkämpfen.
    Conors Blick ist immer noch auf Elvira geheftet. Ich habe ein mulmiges Gefühl dabei. Ausgerechnet Conor, der meint, dass Dad sich schon vor langer Zeit hätte bremsen sollen, bevor er sich in diese Frau verliebt hat . Es ist ja in Ordnung, im Nachhinein zu wissen, wie Dad sich hätte verhalten sollen, aber vielleicht sollte Conor auch mal über sein eigenes Verhalten nachdenken. Elvira ist genauso eine Mer wie Mellina, und Conor scheint sich auch nicht gerade zu bremsen …
    Dann musst du ihn eben aufhalten, Sapphire. Ich lächle in mich hinein. Wenn ich in der Tiefe überleben und den Kraken besiegen kann, dann sollte ich auch in der Lage sein, meinen Bruder von Elvira zurückzugewinnen.
    *
    Bevor wir uns mit Faro auf den Heimweg machen, verbringen wir noch ein paar Minuten in Saldowrs Höhle. Es herrscht eine eigenartige Stimmung, wie nach dem Ende einer großen Party. Ich muss über vieles nachdenken, aber das kann ich nur zu Hause. Der Begriff »zu Hause« wird wieder realistischer. Die Zeit vergeht, Mum wartet sicher schon auf uns …
    Saldowr sieht sehr müde aus, doch nicht mal Ervys würde es jetzt wagen, die Vermutung zu äußern, er sei reif für Limina. Natürlich wird Saldowr leben. Vielleicht wird er nie wieder so stark sein wie zuvor, doch dort, wo sich die offene Wunde befunden hat, ist jetzt eine große Narbe. Die sieht zwar hässlich aus, aber die Wunde hat sich eindeutig geschlossen.
    Vielleicht geht es Saldowr besser, weil auch Indigo sich selbst geheilt hat. Der Gezeitenknoten hat sich ebenfalls wieder geschlossen. Die Verwüstungen in Indigo waren genauso schlimm wie an Land, doch nach und nach werden auch hier die Schäden verschwinden. Alles wird wieder so sein wie früher. Und der Krake schläft. Vielleicht kehrt in Indigo wieder Ruhe und Frieden ein , denke ich hoffnungsvoll, doch dann erinnere ich mich an Ervys’ Zorn und bin mir nicht ganz sicher. Ervys ist noch nicht besiegt.
    Faro sitzt auf dem sandigen Boden der Höhle, seine geschwungene Schwanzflosse ist unter ihm. Mit einer Fischgrätennadel und einem Faden aus seidigem Seegras flickt er einen Riss in Saldowrs Mantel. Die Nadel gleitet mit Leichtigkeit hin und her. Faro scheint äußerst fachkundig zu sein, wie ein erfahrener Fischer, der sein Netz flickt. Ich wusste gar nicht, dass Faro nähen kann. Nach wie vor gibt es so vieles, das ich von ihm und den übrigen Mer nicht weiß. Aber sie machen es einem auch wirklich nicht leicht, an ihrem Leben teilzuhaben.
    Die Zeit zum Aufbruch ist gekommen. Ich habe das Gefühl, hundert Jahre in Indigo gewesen zu sein, aber vielleicht waren es nur hundert Minuten.
    »Ich habe das Baby auf den Arm genommen«, sage ich zu Saldowr, obwohl ich sicher bin, dass er es schon weiß. »Es hat mich angelächelt.«
    »Du hast Großes geleistet, mein Kind«, sagt Saldowr sanft. »Du, Conor und mein Faro. Den Mer zuliebe habt ihr den Schrecken der Tiefe getrotzt, und die Mer werden sich stets daran erinnern, so wie sie sich an Mab Avalon erinnern.« Seine lobenden Worte lindern ein wenig die schmerzhafte Leere in mir. Ich fühle mich immer noch von Conor getrennt, und bald werde ich auch von Faro getrennt sein. Ich frage mich, ob je der Tag kommen wird, an dem wir alle vereint sein können.
    »Saldowr, glaubst du … glaubst du, dass Dad für immer hier sein wird?«
    Saldowr schüttelt bedächtig den Kopf. »Das kann ich nicht sagen.«
    »Aber warum denn nicht?«, frage ich ungehalten. »Du kannst doch in die Vergangenheit und in die Zukunft sehen. Du musst doch wissen, was mit Dad geschehen wird.«
    »Die Zeit hat ihre Geheimnisse, selbst für mich. Du denkst, dass die Mer deinen Vater gefangen halten, aber so einfach ist das nicht. Ein Häftling kann von seinem Gefängniswärter entlassen werden. Aber wenn du dein eigener Wärter bist, wer entlässt dich dann?«
    Ich verstehe nicht genau, wovon er redet, deshalb sage ich nichts. Conor sieht zornig und aufsässig aus, schweigt jedoch ebenfalls.
    »Ich gebe nur selten Versprechen ab«, fährt Saldowr fort, »aber ich kann euch versprechen, dass ihr euren Vater

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