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Nixenjagd

Nixenjagd

Titel: Nixenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Zorn über Pauls Verhalten war zwar durch die dramatischen Ereignisse etwas verwässert worden, aber noch nicht ganz verraucht. »Ach! Womöglich bis vor die Haustür? Oder fällt dir unterwegs wieder ein, dass du was Dringendes zu erledigen hast?« »Bis vor die Haustür, wenn du das willst«, sagte er kleinlaut. Sie gingen nebeneinanderher. Es erinnerte mehr an Walking als an einen Spaziergang. Nach einigen Metern fing Paul noch einmal an: »Ich weiß, ich hab mich beschissen benommen. Ich kann es mir selbst nicht erklären. Es tut mir leid. Sei mir bitte nicht mehr böse.« Wenn das so einfach wäre, dachte Franziska und antwortete: »Du kannst deine Männlichkeit beweisen, wo und mit wem du willst, es geht mich nichts an. Du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Katrin ist tot. Vielleicht wäre sie es nicht, wenn wir uns nicht vorher wegen dir gestritten hätten.« »Ihr habt wegen mir gestritten?«, fragte er erstaunt. Oje. Jetzt bildet sich der auch noch wer weiß was ein. »Vergiss es.« Keiner sagte etwas, bis sie den Waldrand erreicht hatten. Aber es war kein angenehmes Schweigen wie neulich auf dem Hochsitz. Neulich? Das war zwar erst zehn Tage her, aber Franziska kam es vor wie ein Jahr. »Denkst du, ich mache mir keine Vorwürfe, weil ich sie nicht zum Schwimmen begleitet habe?«, sagte Paul unvermittelt. »Warum hast du sie eigentlich nicht begleitet?« Er zuckte mit den Achseln. »Ehrlich gesagt, es war, weil ich dir nicht begegnen wollte. Ich habe mich geschämt.« Zu Recht, dachte Franziska, deren Ärger nun beängstigend rasch dahinschmolz. Durfte sie ihm diese Reuiger-Sünder-Nummer wirklich glauben?
    Sie glaubte ihm. Weil sie ihm glauben wollte . Sie hatten den Feldweg verlassen und gingen die Straßen vo n Franziskas Viertel entlang, die alle nach toten deutschen Dichtern benannt waren. Es waren überwiegend Häuschen aus de n Sechzigern, die Gärten waren groß und mit hohen Bäumen un d Büschen zugewachsen . Paul schien auf einmal nervös zu sein . »Was hast du?«, fragte Franziska . »Was soll ich haben? « »Du schaust dich dauernd um. « »Tu ich das? « »Ja. « »War mir nicht bewusst«, antwortete Paul verlegen . Vor ihrem Gartentor sagte Franziska rasch: »Danke fürs Heimbringen. « Sie würde ihn nicht hereinbitten und sich damit womöglic h noch einen Korb einfangen . »Hast du Lust, am Samstag mit mir ins Kino zu gehen? « Ins Kino? Einen Tag nach Katrins Beerdigung, fuhr es Franziska durch den Kopf. War das nicht pietätlos ? Paul bemerkte ihr Zögern. Er schien denselben Gedanken z u haben, denn er sagte: »Es ändert ja nichts...« Sein Lächeln geriet ein wenig schief, was sehr anziehend aussah . Verdammt, Franziska! Der tollste Junge der Schule hat dich gerade ins Kino eingeladen, worauf wartest du ? »Was läuft denn?«, fragte sie und bemühte sich um eine gleichmütige Miene . »Weiß ich nicht. Such dir was aus. « »Okay«, sagte Franziska . »Können wir uns um halb drei am Bahnhof in Hannover treffen? Ich muss vorher... «
    ». . . was erledigen«, beendete Franziska den Satz, aber sie lächelte dazu. »Ja, genau«, sagte Paul. »Geht klar«, sagte Franziska und ging auf die Haustür zu, wobei sie den widerstrebenden Bruno hinter sich herziehen musste. Er schien Paul zu mögen. Als sie sich vor der Tür noch einmal umdrehte, war von Paul schon nichts mehr zu sehen.

1 7
    Katrin Pankau wurde bei strahlendem Sonnenschein beerdigt. Franziska hätte Nieselregen passender gefunden, aber es war überhaupt alles unpassend. Was konnte passend sein am Tod eines sechzehnjährigen Mädchens? Die Klasse hatte freibekommen und alle waren da. Paul war im dunklen Anzug erschienen. Er sah seltsam fremd darin aus, aber auch sehr gut, und Franziska bemühte sich, ihn nicht zu auffällig anzusehen. Die hochgewachsene, dünne Frau neben ihm musste wohl seine Mutter sein. Der schwarze Strohhut verlieh ihr etwas Mondänes. Unter der Krempe sah man nur ihren Mund, ein schmaler dunkelroter Strich. Die meisten Mädchen trugen schwarze Kleider, darunter einige, die besser in eine Disco gepasst hätten als auf einen Friedhof. Franziska ertappte sich bei dem Gedanken, dass Katrin vermutlich ähnlich gekleidet hier erschienen wäre. Was sie wohl jetzt anhatte, im Sarg? »Manche Mädchen haben überhaupt keinen Stil und offenbar auch niemanden, der ihnen den beibringt«, seufzte Frau Holze-Stöcklein, die Deutschlehrerin. Dabei schaute sie missbilligend auf Silkes bloßen Rücken, dessen Haut infolge

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