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Nixenjagd

Nixenjagd

Titel: Nixenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Zufall, dass du beide gekannt hast, mehr nicht. Das sagst du doch selbst.« »Vielleicht lastet so eine Art Fluch auf mir«, meinte Paul. »Flüche! So ein Quatsch.« »Ich möchte, dass wir es langsam angehen, wenn du... wenn du überhaupt was für mich übrig hast.« Franziska nickte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Was meinte er mit »langsam«? Hatte er das zu Katrin auch gesagt, als die zu ihm ins Zelt gekrochen war?, dachte Franziska mit leiser Bitterkeit, und als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte er: »Du bist was ganz Besonderes, Franziska. Ich möchte es nicht vermasseln. Ich kann dir nicht alles erklären und wir können uns auch nicht jeden Tag sehen...« »So viel Zeit hätte ich gar nicht«, bemerkte Franziska spitz. Es ärgerte sie, dass er ihr wie selbstverständlich die Bedingungen einer Beziehung diktieren wollte. Sie sah demonstrativ auf ihre Uhr. »Ich muss jetzt nach Hause.« »Komm, ich zeig dir noch was.« Er nahm wieder ihre Hand und ging weiter. Nach der nächsten Kurve bog er vom Waldweg ab und folgte einem kaum sichtbaren Pfad, den allem Anschein nach schon länger niemand mehr betreten hatte. Vögel flogen aufgeschreckt in die Höhe, ein Eichelhäher stieß einen Warnruf aus. Offenbar waren die Tiere in diesem Abschnitt des Waldes nicht an Menschen gewöhnt. Dornige Brombeerranken zerkratzten Franziskas Beine, die von der knielangen Caprihose nur unzureichend geschützt wurden. »Wohin gehen wir?« »Sind gleich da«, kam es einsilbig. Ein undefinierbares Gefühl des Unwohlseins beschlich Franziska. Wo brachte er sie hin? Was, wenn doch...? Ohne Vorankündigung blieb er stehen. Vor ihnen lag ein dunkles Wasserloch von etwa zwanzig Metern Durchmesser. Vermutlich war es ein Bombenkrater aus dem zweiten Weltkrieg, solche Gruben gab es einige in den Wäldern. Manche waren durch aufsteigendes Grundwasser zu Teichen geworden. Das Licht war hier dämmrig, so dicht wuchsen die Bäume ringsum. »Meine geheime Badestelle«, sagte Paul. »Falls du keine Angst vor Fröschen hast.« Frösche waren das Letzte, wovor sich Franziska in diesem Moment fürchtete. »Was ist mit Schlangen?«
    »Keine da.« »Woher weißt du das?« »Hab Vertrauen . . .«, sang er, die Schlange Ka aus dem Dschungelbuch imitierend. Vielleicht, dachte Franziska, brauchte Paul jetzt diesen Vertrauensbeweis von ihr. Das Wasser sah braun aus. Nicht auszumachen, wie tief es war. Während sie noch unschlüssig auf die Oberfläche starrte, hatte Paul seine Kleidung bis auf die Unterhose ausgezogen und war langsam in den Tümpel gestiegen. Kleine Wellen klatschten schmatzend ans Ufer. Tatsächlich ergriffen ein paar Frösche die Flucht ans matschige Ufer. Das Wasser ging Paul nur bis zur Brust, zumindest dort, wo er stand. »Komm rein. Das Braune ist nur Laub.« Sie zog die Hose und das T-Shirt aus. Großartig, dachte sie. Hätte Paul nicht am Telefon sagen können, dass Schlammsuhlen auf dem Programm stand? Dafür hatte sie sich nun extra die Haare gewaschen und sich mit dem teuren Rosenöl ihrer Mutter eingeölt. Noch dazu würde die Brühe ihren Lieblings-BH sicherlich nachhaltig ruinieren. Katrin, dachte sie, hätte sich solche Sorgen nicht gemacht, die hätte ihn gleich ausgezogen. Aber Franziska brachte das nicht fertig. Wenn sie wenigstens ein Handtuch dabeihätte! Sie stakste zögernd vorwärts. Kühl und weich umfing sie das Wasser, doch der Grund war, wie sie befürchtet hatte, sumpfig. Jede Bewegung wirbelte neuen Dreck auf. Ein toller Badeplatz, wenn man ein Wildschwein ist, dachte Franziska. Der Schlamm saugte sich sofort an ihren Füßen fest. Bilder von Menschen, die in Sümpfen versanken, stiegen vor ihrem inneren Auge auf und unweigerlich musste sie wieder an Katrin denken. Ein beklemmender Gedanke streifte sie: Wenn mir hier etwas zustoßen würde – kein Mensch würde meine Überreste jemals finden.
    Mit einer heftigen, leicht panischen Bewegung befreite sie ihre Füße. Sie ging einen Schritt weiter und sackte plötzlich bis zu den Ohren ins Wasser. Der Tümpel war doch tiefer als vermutet. Aber schwimmen war ihr ohnehin lieber, als im Schlamm zu stehen. Wo war eigentlich Paul? Noch während sie sich das fragte, spürte sie zwei Arme, die sich um ihren Körper legten.

3 8
    Volker Baumann ging zum Fenster, machte es weit auf und sah nachdenklich hinaus. Die Luft, die in das Büro strömte, war wie ein warmer Föhn. Aber wenigstens vertrieb sie diesen Veilchen-Kaugummi-Geruch von Meikes Parfum.

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