Nixenmagier
werden.«
»Glaubst du, das wäre möglich?«
»Wie meinst du das?«
»Vielleicht können nur wir die Mer erkennen, weil nur wir Mer-Blut in uns haben, wie Granny Carne gesagt hat. Vielleicht würden Mal und sein Vater sie gar nicht bemerken, selbst wenn Elvira und Faro direkt vor dem Boot auftauchten. «
Ich erinnere mich an Faros Worte: Öffne deine Augen. Vielleicht hat er damit auch gemeint, dass ich bereit sein muss, Dinge zu erkennen, die ich normalerweise für unmöglich halte.
»Natürlich hätten sie Elvira gesehen«, widerspricht Conor. »Wenn du so redest, könnte man meinen, wir hätten uns das alles nur eingebildet. Elvira ist genauso wirklich wie … wie … Warum versteckt sie sich nur vor mir? Warum will sie nicht mit mir reden, Saph?«
»Ich weiß es nicht.«
Ich glaube, ich sollte jetzt nichts mehr sagen. Unsere Rollen scheinen sich vertauscht zu haben. Plötzlich bin ich die Vernünftige und Pragmatische, während Conor, der Träumer, sich nach Indigo zurücksehnt. Sei ehrlich, Sapphire. Er sehnt sich nicht nach Indigo, sondern nach Elvira. Und vielleicht macht mich gerade das so vernünftig und pragmatisch.
»Wir sollten jetzt lieber nach Hause gehen, Conor. Es fängt an zu regnen.«
»Jetzt hast du es selbst gesagt, Saph!« Conor dreht sich
mit breitem Lächeln zu mir um. »Ist dir das Wort also doch noch über die Lippen gekommen. Ich hatte mich schon gefragt, wie lange es wohl dauern wird.«
»Was gesagt? Wovon redest du?«
»Ist dir das gar nicht aufgefallen? Du hast ›nach Hause‹ gesagt.«
Drittes Kapitel
I ch gehe ein bisschen mit Sadie spazieren, Mum!«, rufe ich die Treppe hinauf. Es ist Samstagabend. Mum und Roger streichen die Fußleisten in Mums Schlafzimmer. Nachdem sie die schmuddelige Rosentapete abgeschabt haben, sieht man an den Schlafzimmerwänden den nackten Putz. Unsere Vermieterin hat gesagt, wir könnten mit den Wänden tun und lassen, was wir wollen, was mich keineswegs überrascht. Denn die früheren Farben und Tapeten waren nicht nur scheußlich, sondern auch heruntergekommen und von Flecken übersät. Als wir hierherkamen, wollte Mum zunächst alle Wände weiß streichen.
»Das ist für uns alle ein Neubeginn, Sapphy!«
Ich habe mein Zimmer blau und grün gestrichen, sodass es wie das Innere einer Welle aussieht. Unsere Vermieterin, Mrs Eagle, hat es sich angesehen und fand es sehr hübsch. Mrs Eagle ist eine alte Dame. Ihr Name ist nicht typisch für Cornwall. Sie sagt, das käme daher, dass ihr Mann während des Kriegs aus dem Landesinneren hierhergezogen sei. Er ist schon vor langer Zeit gestorben. Sie muss ungefähr 80 Jahre alt sein und besitzt in St. Pirans sechs Häuser, in denen es bestimmt nur Rosentapeten gibt. Aber die Miete ist günstig, sagt Mum, und das ist schließlich das Entscheidende. Die Mieten in St. Pirans sind nämlich der helle Wahnsinn.
Mum erscheint oben an der Treppe. »Es ist schon spät, Sapphy. Kann Conor nicht Sadie mit rausnehmen?«
»Der macht gerade seine Mathehausaufgaben.«
Das stimmt zwar, aber ich habe auch gar keine Lust, ihn zu fragen, weil ich es bin, die nach draußen will. St. Pirans ist ganz anders bei Dunkelheit, wenn die Straßen leer sind und sich keine Menschen am lang gestreckten Strand von Polquidden aufhalten. Dann spüre ich, dass ich atmen kann.
»In Ordnung, aber bleib nicht zu lange weg. Und sag Bescheid, wenn du wieder da bist.«
Zum Glück kann ich das mit Mum ausmachen und bin nicht auf Roger angewiesen. Obwohl er mich noch nicht lange kennt, hat er ein beunruhigendes Gespür dafür, wenn ihm nur die halbe Wahrheit oder die Unwahrheit erzählt wird.
Der Wind ist am Wochenende wieder abgeflaut. Es ist eine kalte, stille Nacht. Die Luft riecht nach Salz und Seetang. Der Mond ist fast voll und tritt in diesem Moment zwischen den dichten Wolken hervor. Ich entscheide mich, auf das Licht der Straßenlaternen zu verzichten und Sadie mit an den Strand zu nehmen, wo sie Mondschatten jagen kann.
Wir gehen zum Polquidden hinunter. Das Wasser in der Bucht steht hoch. Es ist Flut. Eine extrem hohe Flut. Erst um elf wird sie ihren höchsten Punkt erreicht haben, aber erstaunlich, wie weit sie bereits jetzt den Strand überspült hat. Das erinnert mich an die Tagundnachtgleiche im Herbst, als das Wasser bis zur Hafenstraße heraufschwappte.
Ein schmaler, weißer Sandstreifen ist immer noch sichtbar, aber das Wasser steigt rasch, wie eine Katze, die sich
Schritt für Schritt vorwärtsbewegt. Was mich
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