Nixenmagier
habe mich noch gar nicht vorgestellt: Ich heiße Gloria Fortune.«
»Sapphire Trewhella.«
»Natürlich, daran hätte ich mich erinnern sollen. Mary Thomas hat mir deinen Namen gesagt.«
Ich weiß nicht, ob mir das recht ist. Mary ist unsere Nachbarin.
»Es muss dir sehr schwer gefallen sein, diesen Ort zu verlassen. Jeden Tag, wenn ich aus dem Fenster schaue, muss ich mich kneifen, weil alles so schön ist.«
»Es ist mein Zuhause.« Ich bin nicht mehr zornig. Ich möchte nicht einmal, dass Gloria aus unserem Haus auszieht. Doch das Wiedersehen hat mir bestätigt, dass ich mich in St. Pirans niemals zu Hause fühlen werde, gleichgültig, wie lange ich dort bleibe.
»Dann wirst du sicher eines Tages hierher zurückkehren«, sagt Gloria, indem sie mich ansieht.
»Können Sie auch in die Zukunft blicken?«
»Nein«, antwortet sie lächelnd. »Aber ich erkenne eine zielstrebige Person, weil ich selbst so bin.«
»Ich muss jetzt gehen.«
»Willst du zur Bucht hinunter?«
Ich werfe Sadie einen Blick zu und streiche ihr sanft über den Kopf. Nein, das kann ich ihr nicht antun. Denn sobald meine Füße den festen, weißen Sand berührten, würde ich nach den Felsen an der Mündung der Bucht Ausschau halten. Und falls ich dort eine bestimmte Gestalt erblickte, könnte ich mich nicht mehr beherrschen. Die Bucht ist zu gefährlich für Sadie. Von dort aus sind Conor und ich zum ersten Mal nach Indigo gelangt. Die Bucht ist der Zugang zu Indigo, da bin ich ganz sicher, und schon deshalb sollten Sadie und ich jetzt schleunigst nach Hause gehen. Auch Dad hat unsere Welt von der Bucht aus verlassen und über die Bucht könnte sein Weg wieder nach Hause führen.
Ich werde nicht akzeptieren, dass er sich für immer verändert hat. Er besitzt immer noch menschliches Blut, so wie ich. Wenn ein Mensch sich in einen Mer verwandeln kann, dann muss es auch umgekehrt möglich sein. Es muss einen Weg geben. Irgendjemand, irgendwo, muss darüber Bescheid wissen.
Faros Lehrer! Der angeblich so weise ist. Vielleicht kann er mir helfen. Doch ich werde ihm nicht sagen, warum ich das wissen will. Er ist ein Mer, also wird er wollen, dass Dad in Indigo bleibt. Aber die Veränderung funktioniert bestimmt nicht nur in eine Richtung.
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Oh, äh, ja … alles in Ordnung. Ich habe nur gerade …«
»Du warst völlig geistesabwesend«, sagt Gloria Fortune. »Woran hast du gedacht?«
»Ach, nichts«, sage ich.
»Ich wollte nicht neugierig sein. Geh jetzt nur zur Bucht.«
»Heute nicht mehr.«
»Na, vielleicht ein anderes Mal«, sagt Gloria. »Dann könntest du mir mit dem Korb und der Winde helfen.«
»Äh, ich glaube … das wäre ziemlich gefährlich.«
»War auch nur ein Spaß. Ich habe mir den Oberschenkelhals gebrochen, aber leider ist die Heilung nicht optimal verlaufen. Jetzt brauche ich eine künstliche Hüfte, aber das zögere ich hinaus, weil ich keine Lust habe, wieder ins Krankenhaus zu gehen.«
»Ich bin noch nie im Krankenhaus gewesen.«
»Nicht mal bei deiner Geburt?«
»Nein, ich bin hier geboren worden, im Schlafzimmer meiner Eltern. Es ist das Zimmer, das dem Meer abgewandt ist.«
Es entsteht eine Pause. Die glückliche Sadie vertreibt sich die Zeit damit, in einem Loch zu schnüffeln, das sich unterhalb der Gartenmauer befindet. Sie tut so, als hätte sie einen Hasen gewittert. Doch im August habe ich Nattern gesehen, die sich in diesem Loch gesonnt haben, also ziehe ich sie resolut zurück, auch wenn Nattern jetzt eigentlich Winterschlaf halten müssten.
»Komm mal wieder vorbei«, wiederholt Gloria. »Aber vielleicht magst du ja nicht so gern ins Haus kommen, solange wir hier wohnen.«
»Ich weiß nicht.«
Gloria nickt nachdenklich. Etwas ist mit ihrem Gesicht. Ihr Blick kommt mir irgendwie vertraut vor. Es ist schwer zu beschreiben – als würden kleine Wellen über ihr Gesicht fluten. Wasser! Ja, das ist es. Salzwasser. Indigo. Indigo hat
Einfluss auf ihr Gesicht genommen und seine Spuren hinterlassen.
Das hört sich wie eine waghalsige Vermutung an, doch ich weiß es genau, weil es derselbe Ausdruck ist, der mir manchmal begegnet, wenn ich in den Spiegel blicke. Auch bei Conor, Faro und Elvira habe ich ihn schon wahrgenommen … und bei meinem Vater.
Ich bin drauf und dran, sie darauf anzusprechen, halte mich aber im letzten Moment zurück. Das ist zu riskant, falls es ihr selbst nicht bewusst ist. Wenn sie in die Bucht ginge, würde sie wahrscheinlich auch die Gestalt
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