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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
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werden ihr im Groben berichten, was passiert ist«, schlägt Conor vor.
    »Genau«, stimmt Roger zu. »Wir brauchen zum Beispiel nicht zu erwähnen, dass Sapphire im Wasser war.«
    »Natürlich nicht.«
    »Das würden wir nie tun«, füge ich hinzu und ernte einen scharfen Blick von Roger. Doch es ist zu dunkel, als dass er meine Miene erkennen könnte.
    Sobald Conor und ich im Bett liegen, muss ich ihm von Dad erzählen. Es gibt keinen Grund, es länger hinauszuzögern. Conor würde fuchsteufelswild werden, wenn ich es länger für mich behalten würde als unbedingt nötig.
    Ich denke an den Tag von Dads Trauerfeier zurück. Conor und ich hatten uns geschworen, nicht aufzugeben, bis wir Dad gefunden hätten. Alle anderen trauerten um ihn, doch wir waren uns sicher, dass er noch lebt.
    Vielleicht wäre es einfacher gewesen, wenn er gestorben wäre. Einfacher, als Conor erzählen zu müssen, dass Dad zwar lebt, aber selbst sagt, dass er nicht zu uns zurückkehren kann.

Neuntes Kapitel

    C onor reagiert anders als erwartet, als ich ihm von allem erzähle, was letzte Nacht bei Granny Carne passiert ist. Er hört mir aufmerksam zu und sagt zunächst kein Wort. Selbst als ich ihm erzähle, Dad habe Haare wie Seetang gehabt und das Wasser sei an seinen Schultern hinuntergelaufen, bleibt Conor ruhig und gefasst. Er scheint bei Weitem nicht so erschüttert zu sein, wie ich gedacht habe. Schließlich komme ich zum Ende: »Und dann ist Dad ins Wasser gesunken und wieder verschwunden.«
    Stille. Nach einer Weile frage ich: »Du glaubst mir doch, oder?«
    »Ja.«
    »Dann …«
    »Warte einen Moment, Saph. Ich muss nachdenken.«
    Wir sitzen auf meinem Bett und haben uns in meine Decke gehüllt.
    Eigentlich sollte ich müde sein, doch ich bin hellwach. Ich fühle mich erleichtert, mein Wissen mit Conor geteilt zu haben. So muss ich nicht immer wieder in Gedanken zu den Ereignissen der letzten Nacht zurückkehren und mich fragen, ob ich alles getan habe, was ich konnte. Conor umklammert seine Knie und ist völlig in sich gekehrt. Schließlich blickt er mit einem vagen Lächeln auf und sagt: »Guck nicht so ängstlich, Saph.«

    »Ich dachte, du würdest mir Vorwürfe machen, weil ich es zugelassen habe, dass Dad wieder verschwunden ist.«
    »Das war doch nicht deine Schuld.«
    »Ich wünschte, du wärst dabei gewesen.«
    »Ich hätte ihn auch nicht aufhalten können. Er konnte es selbst nicht, verstehst du. Er ist nicht frei. Aber hör zu, Saph. Es spielt keine Rolle, was letzte Nacht passiert ist. Wichtig ist nur, was wir jetzt tun werden.«

    Conor ist so gelassen, als hätte er in fünf Minuten das verstanden und akzeptiert, was mich Stunden gekostet hat.
    »Bist du denn nicht mal überrascht?«
    Er schüttelt den Kopf. »Nein, noch während du es mir erzählt hast, ist mir alles klar geworden. Irgendwo in mir muss ich es schon lange gewusst haben. Es gab so viele Anhaltspunkte. Ich bin mir sicher, dass Granny Carne es uns erzählen wollte. Warum hat sie sonst so viel über den ersten Mathew Trewhella geredet, der ebenfalls verschwunden ist? Hast du nicht auch irgendwas geahnt?«
    »Ich weiß nicht… ja, vielleicht.«
    »Aber darauf kommt es jetzt nicht an. Entscheidend ist, dass Dad unsere Hilfe braucht. Er kann nicht tun, was er will. Er ist gefangen, wie du selbst sagst, und kann nicht nach Hause kommen. Es ist so, als wäre er im Gefängnis.«
    Ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Ich dachte, Conor hätte eine Riesenwut auf Dad, weil er nach Indigo gegangen ist und es zugelassen hat, dass sein Mer-Blut immer mehr die Oberhand gewann. Ich dachte, er würde bittere Vorwürfe gegen Dad erheben.
    »Ein Gefangener«, wiederholt Conor. »Er wird in Indigo festgehalten und ist in einem fremden Körper gefangen.«

    »Vielleicht ist er freiwillig dort.«
    »Aber verstehst du nicht, Saph? Wenn Dad keine Wahl hat, wie kann dann irgendjemand wissen, was er wirklich will?«
    Plötzlich schießt mir ein neuer Gedanke durch den Kopf. »Hör zu, Conor. Wir waren doch erst in der Lage, nach Indigo zu gehen, als Dad bereits dort war. Vielleicht gibt es da einen Zusammenhang.«
    »Oder einen Grund.«
    »Wie meinst du das?«
    »Dad kann Indigo nicht verlassen, aber wir können nach Indigo kommen. Diese Chance müssen wir nutzen.«
    »Du meinst, wir könnten ihn irgendwie … besuchen?«
    Conor lacht. »So wie Eltern ein bestimmtes Umgangsrecht mit ihren Kindern haben? Dieses Wochenende ist mein Vater dran, nur leider lebt er im Meer.

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