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Titel: nmp06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Schattens zeigte sich. Die Streichhölzer waren kein Wegweiser. Nein, ich war nicht zufrieden mit dem Abend.
    Und jetzt weckte mich das Telefon.
    Am andern Ende der Strippe meldete sich Degivry, ein flüchtiger Bekannter von mir.
    „Sind Sie überlastet?“ fragte er mich. „Die Sache, die ich Ihnen anbieten soll, ist so belanglos, daß
    „Nur zu“, unterbrach ich ihn.
    Ich kenne den Vogel. Um zu sagen „Es regnet“, läßt er einen vollständigen Wetterbericht vom Stapel.
    „Gut. Na ja, also... Ich kenne eine Dame, die eine andere kennt, und die kennt wiederum eine dritte...“
    Drei Minuten später—eine für jede Dame — wußte ich so ungefähr, worum’s ging. Und dafür drei Minuten! Ein Mann, der von Berufs wegen Autorität hatte, sollte für eine Frau, die anscheinend selbst keine hatte, eine Nichte, die sich angeblich an Orten des Lasters rumtrieb, in den Schoß der Familie zurückbringen.
    „...Sie haben sogar von Orten der Verdammnis gesprochen“, kommentierte Degrivry.
    Und dann war mein Name gefallen.
    „...Das war eigenartig. Eine der Damen sagte: ,Kennen Sie den Magier Burma?“ — Ja, das ist ein Fakir.“ Und eine der beiden sagte dann zu der, die ich kenne: ,Der Magier Burma, der Fakir...“ So ganz beiläufig. Und die Dame, die ich kenne, sagte darauf: ,Der Magier Burma ist Privatdetektiv’.“
    „Die Frau ist schwer in Ordnung“, bemerkte ich. „Eine Schmeichlerin. Sie müssen sie mir vorstellen. Und zwar bald.“
    Er lachte:
    „Ja, wirklich, es wird höchste Zeit. Letzten Monat ist sie fünfundsiebzig geworden.“
    „Fahren Sie fort, bitte.“
    „Na ja, das ist schon alles. Die Dame, dich ich kenne, hat gesagt, daß sie mich kennt und daß ich Sie kenne. Und jetzt soll ich Ihnen den Auftrag anbieten.“
    „Was oder wer ist denn nun tatsächlich gefragt? Ein Fakir oder ein Privatdetektiv?“
    „Erst war die Rede von einem Fakir. Aber jetzt ist es doch wohl eher ein Privatdetektiv... Dann nehmen Sie mal Füller und Notizblock und notieren Sie sich Namen, Adresse und sonstige Informationen, falls nötig. Mademoiselle — das ist nämlich ein Fräulein; vertun Sie sich bloß nicht, diese späten Mädchen sind empfindlich wie Mimosen — also, Mademoiselle Julie Caprond, Rue Blaise-Desgoffe...“
    Nehmen Sie einen Füller! Denkste! Um mir Notizen zu machen über einen Fall, den ich garantiert nicht übernehmen wollte. Und dafür machte mich dieser Schwätzer wach!
    „...mit d am Ende. Aber das ist unwichtig. Eigennamen haben ihre eigene Schreibweise.“
    Ich fragte:
    „Welcher Name hat ein d?“
    Ich hielt den Hörer leicht verkrampft in der Hand. Irgendetwas bahnte sich einen Weg in meinen Kopf.
    „Der des Fräuleins.“
    „Sagen Sie ihn nochmal?“
    „Caprond. Mademoiselle Julie Caprond. Julie wie Julie und Caprond...“
    Er fing tatsächlich an, den Namen zu buchstabieren.
    „Moment mal.“
    Ich legte den Hörer vor mich auf die Bettdecke. Caprond. Mit d. Julie Caprond. Ich kannte eine. Aber keine Julie. Und so richtig kannte ich sie auch nicht. Hatte nur irgendwo diesen Namen gelesen. Ich sprang aus dem Bett und begann, in den Zeitungen zu wühlen, die sich in einer Ecke stapelten. Samedi-Soir, France-Dimanche. Caprond... Catherine Caprond... Taxi... Miß Müll. Ich nahm den Hörer wieder in die Hand.
    „Hallo, Degivry?“
    „Ja?“
    „Ich übernehm den Fall.“
    „Danke.“
    „Sie soll verschwunden sein?“
    „Wer?“
    „Die Nichte.“
    „Aber nein. Sie treibt sich nur rum. Für diese alte Damen sind das gleich Orte, wo man für immer verschwindet. Es gibt Leute, die wissen nicht, wovon sie reden.“
    „Ja, ja, solche Leute gibt es.“

    * * *

    „...Ich hab sie ordentlich abgekanzelt. Vielleicht war ich zu streng. Ich weiß es nicht. Immerhin! Miß... Miß Müll! Konnte ich denn so etwas Abscheuliches durchgehen lassen?“
    Eine biedere alte Dame, unglücklich und voller Angst. Zwischen sechzig und siebzig, nach den Falten zu urteilen, den weißen, ordentlich frisierten Haaren und den tränenförmigen Ohrringen. Richtige Tränen schimmerten in ihren Augenwinkeln.
    „...Ihre Eltern... mein Bruder Henri und seine Frau... sind 1943 ums Leben gekommen, bei einem Bombenangriff. Mein Bruder war sehr viel jünger als ich. Fünfzehn Jahre. Catherine war damals acht Jahre alt. Ich war die einzige Angehörige. Die einzige jedenfalls, die sie ernähren konnte. Ich hab sie bei mir aufgenommen, sie erzogen. Als sie Schauspielerin werden wollte, war ich zwar nicht eben

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