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Titel: nmp06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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begeistert, aber, na ja, ich hab nachgegeben...“
    Mademoiselle Julie Caprond war offenbar bestrebt, in der Zeit zu leben, als sie zwanzig war. Der Salon stand voll mit Möbeln der Jahrhundertwende. Auf einem Buffet lagen, wie etwas Unanständiges, die Sensationsblätter mit dem Gesicht — und dem Rest — der kleinen Taxi, „Miß Müll“.
    „...Ich hätte es nicht erlauben sollen. Ich habe ihr alle Freiheiten gelassen. Manchmal ist sie sehr spät nach Hause gekommen, aber ich wußte doch nicht... Und dann diese abscheulichen Zeitungen mit dieser skandalösen Wahl zur Miß... Miß... Müll! Wie scheußlich! Und diese Fotos... Wie schamlos! ...dieses Dekolleté...“
    Durch die Musselingardinen hindurch sah man an der Ecke Rue Blaise-Desgoffe und Rue de Rennes das Felix-Potin-Haus mit seinem flaschenförmigen Glockenturm. Ich bekam plötzlich Durst. Aber hier in diesem Haus gab’s wohl nichts für meine trockene Kehle. Überhaupt gab’s in diesem Haus nicht viel. Möbel der Jahrhundertwende, trotz der sicherlich gründlichen Pflege verstaubt. Der Staub war unsichtbar, moralischer Natur. Dazu eine alte Jungfer, nett und alles, aber eben hoffnungslos altmodisch. Nichts, was ein Mädchen wie Taxi fesseln und zu Hause halten konnte.
    „Sie werden sie mir wieder zurückbringen, nicht wahr, Monsieur? Sie werden sie mir schnell wieder zurückbringen.“
    „Natürlich“, sagte ich.
    „Ich weiß, das das für Sie kein richtiger Auftrag ist. Ich meine... Entschuldigen Sie, aber ich habe Informationen über Sie bekommen... natürlich ohne mich darum zu bemühen! Von Madame Portier, die diesen Monsieur Degivry kennt. Ich habe also erfahren, daß Ihre Aufträge normalerweise komplizierter sind, ernster und... lukrativer. Aber sagen Sie selbst: in meinem Alter kann ich doch nicht unauffällig in diese Lokale gehen, um meine kleine schamlose Nichte nach Hause zu holen, nicht wahr?“
    „Ein kleiner, leichter Auftrag wie dieser von Zeit zu Zeit — das mißfällt mir ganz und gar nicht, glauben Sie mir, Mademoiselle.“
    „Ich danke Ihnen.“
    „Und ich muß wohl meinerseits dem Fakir Burmah danken, meinem Namensvetter mit h. Wenn Mademoiselle Catherine nicht von ihm gesprochen hätte... denn so sind Sie doch auf mich gekommen, nicht wahr?“
    „Das stimmt. Sie hatte einen unruhigen Schlaf. Träumte laut. Sie sagte: ,Magier Burma... Magier Burma...’ oder so ähnlich.“
    „Haben Sie sie danach gefragt?“
    „Als sie wieder wach war?“
    „Ja.“
    „Natürlich. Aber sie konnte sich an nichts erinnern. Jetzt, mit Abstand betrachtet... und da ich sie seit zwei Tagen nicht mehr gesehen habe... Jetzt scheint es mir, daß sie irgendwie Angst hatte...“
    „Das empfinden Sie nur so.“
    „Bestimmt. Na ja, ich hab diesen Träumen keine große Bedeutung beigemessen. Aber nachdem ich sie zurechtgewiesen hatte wegen dieser skandalösen Wahl zur Miß... Miß...“
    „Ja. Und diese Zurechtweisung hat Catherine aus dem Haus getrieben?“
    „Ja.“
    „Und daraufhin haben Sie Ihren Bekannten von den Träumen Ihrer Nichte erzählt?“
    „Jawohl. Und eine Freundin meinte: ,Es handelt sich bestimmt um den berühmten Fakir’. Ich weiß, daß in Saint-Germain-des-Prés viele bizarre Leute wohnen. Ich denke an eine Liebelei zwischen Catherine und... na ja, vielleicht nicht einem Fakir, aber einem jungen Mann mit diesem Spitznamen... Und dann hörte ich den Namen Burma zum zweiten Mal. Diesmal von Madame Portier. Und jetzt waren Sie damit gemeint... na ja, Sie sind Privatdetektiv. Mir ist das lieber, als wenn die Polizei Catherine zurückbringt. Ich möchte jeden Skandal vermeiden, wenn möglich. Ganz anders als meine Nichte
    „Ich werd versuchen, Sie nicht zu enttäuschen“, sagte ich zum Abschied.
    Ganz langsam ging ich die Rue de Rennes hinunter. Diese seltsame Gerade, die auch bei strahlendem Sonnenschein und 3 5 „im Schatten traurig und kalt aussieht. Diese breite Verkehrsader, an der eine Cafeterrasse neben der anderen liegen müßte, aber nur ganz wenige zu finden sind. Der böse Fluch trifft immer das Erfreuliche und Gastliche. Das bewahrheitet sich immer wieder. Mireille Trepel und Nico übernahmen die ehemalige Brasserie Lumina (Opfer des Fluches!) und gründeten im Keller das berühmt gewordene Cabaret La Rose-Rouge. Aber ihr Versuch, das Straßencafe wieder in Schwung zu bringen, war zum Scheitern verurteilt. Und der unbestreitbare Erfolg des Rose-Rouge bringt mich nicht von meiner Idee ab, daß auf der Straße

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