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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Augen zusammen, aber diesmal nicht vor Schmerz. »Sie haben ja keine Vorstellung«, sagte sie.
    Noah nickte. »Genau das ist mein Problem.«
    Ich habe keine Vorstellung. Überhaupt keine.
    »Wo genau liegt dieses Haus?«
    Amber sah ihm stumm in die Augen.
    Er tat so, als wollte er ihrem blutenden Zehenstumpf einen weiteren Stups geben, doch das war nicht mehr nötig.
    »Schon gut, schon gut«, rief sie. »Am Radio ist seitlich ein Knopf. Links außen. Er ist mit NAV beschriftet.«
    »Das Navigationssystem?«
    »Ja.«
    Amber sprach so laut, dass auch Oscar sie hören konnte. »Schalten Sie das Navi ein. Das Ziel ist eingespeichert.«

9. Kapitel
    Halsschmerzen.
    Waren sie Einbildung oder real? Altmann war sich nicht sicher. In den letzten Jahren war er morgens immer öfter mit Symptomen aufgewacht, die sich hin und wieder als Vorboten einer Erkältung entpuppten, meist aber als harmlose Begleiterscheinung des Älterwerdens. Wie der mit fortschreitendem Alter stärker werdende Mundgeruch am Morgen.
    Nur, dass ich leider nicht in meinem Bett liege.
    Altmann streckte dem Toilettenspiegel die Zunge heraus. Sie war belegt, aber war sie das nicht immer?
    »Wo sind Sie jetzt?«, fragte die Stimme in seinem Ohr.
    Vermutlich am Arsch, aber das werde ich gleich genauer wissen.
    Er öffnete sein Jackett. In der Maßanfertigung war eine geschickt versteckte Reißverschlusstasche untergebracht, die keine von außen sichtbaren Beulen warf, wenn sie gefüllt war.
    »Ich bin auf dem Klo eines China-Restaurants, etwa fünfhundert Meter vom Bahnhof entfernt.«
    Als Altmann beim Aussteigen aus dem Zug die Menschenmengen hinter den Absperrungen gesehen hatte, war er direkt über die Gleise nach Süden gelaufen, an den obligatorischen baufälligen Bahnhütten vorbei zu einer Waggonwaschanlage, hinter der er durch ein Loch im Maschendrahtzaun schlüpfte. Nach weiteren hundert Metern, die ihn über einen ausschließlich mit Neuwagen besetzten Großparkplatz führten, erreichte er eine Kopfsteinpflasterstraße mit Gebäuden, die nur Abrissbirnen verschönern konnten. Die meisten Läden und Restaurants waren geschlossen, selbst das 24-Stunden-Automatenkasino, obwohl solche Sammelstellen armer Schlucker normalerweise als Letztes auf dem Friedhof der Rezession zu Grabe getragen wurden.
    Bretter verrammelten die Fenster der Import-Export-Geschäfte, Mietshaustüren waren zu wilden Plakatwänden umfunktioniert. Graffiti sorgten für die einzigen Farbtupfer in dieser trostlosen Gegend, die so unbelebt war, dass ein Mann, der sich ein rotfleckiges Taschentuch vor Mund und Nase presste, hier keine Panik auslösen konnte.
    »Ich bin allein«, ergänzte Altmann und zog einen schwarzen Stift aus der Tasche. Er war der einzige Gast im Lee Wah . Das ältere chinesische Ehepaar hinter dem Tresen hatte keine Miene verzogen, als er zehn Euro auf den Tisch legte, ein Bier bestellte und sich auf die Toilette verzog. Wenn, waren sie höchstens erstaunt gewesen, dass sich überhaupt jemand zu ihnen verirrt hatte.
    »Fieber?«, fragte die Stimme.
    »Bin gerade dabei.«
    Altmanns Finger schwitzten, als er sich die Spitze des Stifts, der nur auf den ersten Blick wie ein Kugelschreiber wirkte, auf die Stirn setzte. Er mochte diese James-Bond-Spielerei nicht und hatte den HPX5, wie das Multifunktionsgerät offiziell hieß, erst dreimal benutzt. Neben einem Thermometer enthielt es einen Geigerzähler und eine HD-Kamera im Clipbügel.
    Er wartete auf das Piepen.
    »38,2 Grad«, teilte er der Einsatzleitung das Ergebnis mit.
    »Erhöhte Temperatur«, sagte die Frau. »Muss nichts bedeuten.«
    Ja. Muss nicht. Aber kann.
    Er legte den Kopf in den Nacken, in einen Winkel, der es ihm gerade noch so erlaubte, die Innenfläche seiner Nasenlöcher zu begutachten. Die Flimmerhärchen waren rot verkrustet, aber immerhin schien kein frisches Blut nachzuschießen. Vorhin, auf der Zugtoilette, hatte er den halben Papiervorrat aus dem Spender gerissen und gedacht, es würde gar nicht mehr aufhören.
    »Wo ist meine nächste Anlaufstelle?«, fragte Altmann und schluckte. Das Kratzen im Hals war nicht besser geworden.
    Wo kann ich mich testen lassen?
    »Haben Sie Ihre Mittel genommen?«
    Als Angehöriger des Staatsdienstes (wenn auch nur inoffiziell) war er als einer der Ersten mit ZetFlu versorgt worden.
    »Natürlich«, bestätigte Altmann.
    Und nicht nur die.
    Er war nicht gerade ein Hypochonder, aber wenn es um Medikamente ging, stand er der Aussage »Viel hilft viel« näher

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