Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders
keine Ahnung hatte, mit welchem).
Wie immer lässt Infinite Darlene keine zwei Sekunden vergehen, bevor sie sich ins nächste Gefecht stürzt.
» Was ist mir da für ein grässliches, abscheuliches Gerücht zu Ohren gekommen? Bitte bring mir die Wahrheit schonend bei!«
» Entschuldigst du mich für einen Augenblick?«, frage ich Noah. » Aber bleib bitte da!«, füge ich schnell noch hinzu.
» Kein Problem«, sagt er.
Nachdem das geklärt ist, drehe ich mich zu Infinite Darlene um. Mit Stöckelschuhen ist sie locker fünfzehn Zentimeter größer als ich. So kommt es, dass ich die ungeheuerliche Neuigkeit möglichst schonend ihrem Kinn beizubringen versuche.
» Allem Anschein nach hat Joni etwas mit–«
» Stop!«, ruft Infinite Darlene, weicht einen Schritt zurück und hält abwehrend die Hand vor den Körper. » Mehr verkrafte ich nicht. Warum, Paul? Warum?«
» Ich weiß es nicht.«
» Er ist der letzte Dreck!«
Mit einem Football-Kapitän, der lange Fingernägel hat, über solche Dinge streiten zu wollen, ist nicht ratsam.
» Habe ich ihr nicht alles beigebracht?« Infinite Darlene ist aufrichtig verzweifelt. » Ich meine, ich weiß, dass sie einen schlechten Geschmack hat. Aber was sie da macht, das ist, als würde sie auf einem Maso-Trip Stilettos lecken.«
Zweifellos ist bei Infinite Darlene immer noch eine gewisse Feindseligkeit gegenüber Chuck spürbar.
» Ich muss dieses Mädchen unbedingt auftreiben und zur Räson bringen«, sagt Infinite Darlene dann. Ich tue eine Weile noch so, als würde ich sie davon abbringen wollen, aber wir wissen beide, dass das vollkommen zwecklos ist. Infinite Darlene ist jetzt nicht mehr aufzuhalten. Sie stürmt davon.
» Eine Freundin von dir?« Noah zieht fragend eine Augenbraue hoch.
Ich nicke.
» Und sie ist immer so?«
Ich nicke noch einmal.
» Neben ihr fühle ich mich wie ein stilles Wasser.«
» Geht uns allen so«, beruhige ich ihn. » Gestern als ich zu dir wollte, hatte ich mit lauter solchen Sachen zu tun.«
» Kommt das oft vor?«
» Nicht exakt so was, aber irgendein Drama ist eigentlich immer.«
» Glaubst du, heute Nachmittag könntest du dir für ein paar Stunden vom Drama freinehmen?«
Weil Infinite Darlene mein Liebesinkognito sowieso schon gelüftet hat, beschließe ich, mich auch selbst aus der Deckung zu wagen.
» Das fragst du jetzt nicht zufällig, weil du weißt, dass ich dich mag?«
Er lächelt. » Wär mir nie eingefallen.«
Mehr sagen wir nicht. Das heißt, wir reden natürlich noch über alles Mögliche– wir schmieden Pläne und so was. Aber was zwischen uns beiden ist, berühren wir nicht mehr, da lassen wir es bei Andeutungen und sehnsüchtigem Verlangen.
Wir schmieden Pläne für heute nach der Schule.
Ich werde ihm dabei helfen, Musik zu malen.
Musik malen
Noahs Haus liegt in einem anderen Viertel als das meiner Eltern, aber es sieht dort ringsum genauso aus. Jedes Haus hat ein Rasenstück als Fußmatte vor sich, auf der nur noch die Aufschrift » Willkommen« fehlt. Auf der einen Seite ist die Zufahrt zur Garage und auf der anderen Seite eine Hecke. Man könnte vielleicht auf die Idee kommen, dadurch sei alles langweilig und eintönig, aber so ist es nicht. Die Häuser haben alle einen individuellen Charakter– blühende Geranien am Treppengeländer, Fensterläden, die in einem Blau gestrichen sind, das so blau wie der Himmel ist. In Noahs Vorgarten sind die Hecken in Glühbirnen-Form zurechtgestutzt– das Erbe des Vorbesitzers, wie er mir erklärt hat.
Er wohnt nicht weit von der Schule, deshalb folgen wir dem kurvenreichen Geflecht der Straßen zu Fuß. Er fragt mich, wie lange ich schon hier lebe, und ich antworte ihm, dass ich mein ganzes Leben lang hier gelebt habe.
» Und wie ist das so?«, fragt er.
» Mir fehlt der Vergleich«, sage ich, nachdem ich einen Augenblick nachgedacht habe. » Ich kenne nichts anderes.«
Noah erzählt, dass seine Familie in den letzten zehn Jahren viermal umgezogen ist. Das hier soll jetzt endgültig sein– seine Eltern reisen inzwischen lieber überall in der Welt herum, statt mit der Familie ständig von einem Firmensitz zum nächsten zu ziehen.
» Ich fühl mich ziemlich heimatlos«, sagt Noah.
» Jetzt bist du ja hier«, sage ich.
Wenn meine Familie umziehen müsste (ehrlich gesagt, kann ich mir das nicht vorstellen, aber ich nehme es jetzt rein theoretisch mal an), bräuchten wir wahrscheinlich drei Jahre, um in dem neuen Haus alle Kisten auszupacken. Bei Noah
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