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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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jüngeren Gäste, einem korpulenten Mann, der mit Thomas’ Ex-Frau bei der Bank gearbeitet hatte.
    »Das stimmt überhaupt nicht«, sagte Annika und blieb stehen. »Das ist ein Mythos, der von Leuten verbreitet wird, die noch nie eingeladen waren.«
    Um sie herum erstarb das Gespräch, und eine Gruppe Männer glotzte erstaunt.
    »So, so«, sagte der Dicke und musterte ihre schwarze Jeans und die etwas zu große Jacke. »Und Sie wissen das also besser?«
    »Das Essen ist warm. Ungenießbar zwar, aber warm«, sagte Annika und zog die Kinder hinter sich her in die Küche.
    Dort war es ebenso voll, hauptsächlich Frauen in Pumps und Kostüm. Sie redeten und lachten und schwangen ihre Weingläser, die nach dem pflichtgemäßen Glögg nunmehr mit Bourgogne gefüllt waren.
    »Annika«, sagte Doris, ihre Schwiegermutter. »Kannst du mir helfen, die Tabletts rauszutragen? Ich würde es ja selbst machen, aber du weißt ja, wie schlimm meine Hüfte ist …«
    Unmittelbar daneben stand Elenor, Thomas’ Ex-Frau. Die Schwiegermutter und Elenor hatten nach der Scheidung den Kontakt aufrechterhalten, was Annikas Gefühl der Unzulänglichkeit nur noch verstärkte.
    »Erst brauchen die Kinder etwas zu essen«, sagte Annika und tat so, als sähe sie Elenor nicht. »Dann bediene ich gern deine Gäste. Kann ich ein paar Butterbrote schmieren?«
    Doris’ blutleere Lippen verloren den letzten Rest Farbe.
    »Meine Liebe«, sagte sie dünn, »wir haben doch Unmengen zu essen.«
    Annika betrachtete die Platten auf der Anrichte, Schnittchen mit Hering, Schnittchen mit Krabben und Schnittchen mit Muscheln.
    Sie beugte sich hinunter zu Kalle.
    »Hast du Papa gesehen?«, fragte sie leise, und ihr Sohn schüttelte den Kopf.
    Sie ergriff die Hände der Kinder und bahnte sich wieder einen Weg durch die Menschenmenge.
    Ihr Rücken war schweißnass, als sie Thomas endlich unten im Weinkeller fand. Er unterhielt sich mit Martin, Elenors neuem Mann.
    Martin sah amüsiert aus, Thomas wirkte gezwungen und ein wenig angetrunken.
    »Das Problem ist nicht, dass die Polizei kriminelle Gruppen abhört«, sagte er eine Spur zu laut und verschüttete ein wenig Glögg, als er das Gewicht seiner Aussage unterstrich. »Das Problem ist, dass die Zuständigkeiten nicht geregelt sind, dass sie nicht kontrolliert werden und dass der Gesetzgeber nicht vorsieht, wie die Polizei mit den Zusatzinformationen umgehen soll, die aus den …«
    »Thomas«, sagte Annika und versuchte seine Aufmerksamkeit zu erregen. »Die Kinder müssen etwas essen. Ich fahre und besorge etwas.«
    »Zu leugnen, dass neue Gesetze erforderlich sind, bedeutet nur, den Kopf in den Sand zu stecken.«
    »Thomas!«, sagte Annika. »Thomas, ich fahre jetzt mit den Kindern nach Hause. Kannst du mit jemand anderem in die Stadt fahren?«
    Er wandte ihr den Blick zu, verärgert über die Unterbrechung.
    »Warum? Was hast du vor?«
    »Die Kinder haben Hunger. Sie essen keinen Hering und keine Muscheln.«
    Belustigt verfolgte Martin ihren Dialog, verschränkte die Arme, und mit der Nachsicht des reichen Unternehmers angesichts der kleinen Sorgen der Mittelklasse lehnte er sich zurück.
    »Kannst du ihnen nicht etwas anderes geben, mal nach einer Stulle fragen oder so?«
    Ihr Auftauchen war Thomas eindeutig peinlich, Annika schluckte an Wut und Unzulänglichkeit.
    »Mach, was du willst«, sagte sie.
    Drehte sich um und ging, die Kinder stolperten hinter ihr her.
    Annika hielt bei McDonald’s an der E 18 nach Stockholm. Jedes der Kinder bekam sein Happy Meal, sie selbst brachte nichts hinunter. Nachdem Kalle und Ellen den Großteil ihrer Hamburger in sich hineingestopft und die Plastikspielzeuge erfolgreich auseinandergebastelt hatten, schickte sie die beiden zum Spielen ins Kinderparadies.
    Sie kaufte einen Kaffee und setzte sich mit den Abendzeitungen neben den Spielplatz.
    Es gab eine Sonderausgabe des
Konkurrenten,
mit einem Fernsehbild von der Ergreifung der Terroristenfamilie aus Bandhagen auf der Titelseite. Bosse hatte den Text geschrieben. Sie strich mit den Fingerspitzen über seinen Namen und sah sich dann peinlich berührt um, ob jemand ihre Geste bemerkt hatte.
    Im
Abendblatt
stand nichts, jedenfalls nicht in der Regionalausgabe, die sie erwischt hatte. Sie hegte keine Illusionen, dass ihre Zeitung das bessere Urteil bewiesen oder andere Neuigkeiten gehabt hatte. Sie hatten es schlicht nicht geschafft.
    In Sachen Nobelmord waren sich die Zeitungen, wie zu erwarten, recht ähnlich. Beide

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