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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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was sie meinte.
    Sie lachte auf, lehnte sich zurück und begegnete seinem Blick.
    »Ich weiß, dass Sie sauer sind«, sagte sie. »Sie haben den Posten als Vorstandsvorsitzender im Verlegerverband nicht bekommen, und Sie geben mir die Schuld daran.«
    Sie lachte wieder.
    »Wem sollte ich etwas vormachen?«, sagte sie. »Es
war
meine Schuld. Ich habe Sie dazu überredet, den Artikel zu bringen, der beweist, dass die Inhaberfamilie eine Horde heuchlerischer Hyänen ist. Mir ist klar, dass die stinkwütend sind und Ihre Nominierung zurückgezogen haben. Feuern Sie mich?«
    »Absolut nicht«, sagte Anders Schyman und war eigentümlich erleichtert, dass sie die Lage erkannte. »Ich nehme das mit Ihrem Redeverbot sehr ernst. Ihre Situation im Kollegenkreis ist unhaltbar. Mit dem anderen kann ich leben, die Inhaberfamilie auch. Es hat ja bei den anderen Medien keine durchschlagende Wirkung gehabt …«
    »Natürlich nicht«, sagte Annika Bengtzon. »Alle waren einfach froh, dass TV Scandinavia von der Bildfläche verschwunden ist.«
    Der Chefredakteur zuckte die Achseln.
    »Man war der Meinung, dass die Demokratie auch ohne einen weiteren amerikanischen, kommerziellen Kabelsender auskäme. Ich möchte, dass Sie Urlaub machen, bis es sich an der Terroristenfront ein wenig beruhigt hat.«
    »Kein Urlaub«, sagte Annika Bengtzon. »Freistellung bei vollem Gehalt. Zugang zu allen Archiven und Registern mit eigenem Passwort, damit ich von zu Hause aus an meinem eigenen Rechner arbeiten kann, inklusive zehn Taxifahrten im Monat.«
    Anders Schyman spürte die Erleichterung physisch. Das war viel einfacher gewesen, als er zu hoffen gewagt hatte.
    »Volles Gehalt und Passwort, aber keine Taxifahrten.«
    Sie zuckte die Achseln und brach einen Riegel Schokolade ab.
    »Kann ich packen und gleich gehen?«
    Als der Chefredakteur ihren Glaskasten verlassen und die Tür hinter sich zugeschoben hatte, blieb Annika wie versteinert zurück.
    Verdammt noch mal, dachte sie. Ich hätte nicht gedacht, dass er das wirklich tun würde. Nie hätte ich ihm zugetraut, dass er die Nerven hat, mich vom Kühlschrank ins Eisfach zu befördern. Aber er hat es getan. Er hat es wirklich getan.
    Sie saß auf ihrem Stuhl mit dem Gefühl, langsam zu fallen. Üblicherweise war das der Vorbote von Panikanfällen und Engelsgesang. Aber nichts geschah, sie wurde nicht ohnmächtig, bekam keinen Krampf, und die Engel schwiegen.
    Eigentlich bin ich doch froh, hier rauszukommen, dachte sie, aber sie spürte schon die Trauer, vermisste bereits den Zusammenhalt, das lebenswichtige Gefühl, dazuzugehören.
    Ich kann ein anderes Zuhause finden, dachte sie und merkte, dass sie gleich anfangen würde zu weinen. Resolut schnäuzte sie sich in eine alte Serviette und schluckte das Selbstmitleid hinunter.
    Sie loggte sich auf ihrem Computer ein und begann ihre Dateien und Ordner durchzusehen. Alles, was sie möglicherweise brauchen könnte, schickte sie an ihr Online-Archiv, [email protected].
    »Was wollte Schyman?«
    Berit steckte den Kopf zur Tür herein.
    »Er hat mich auf unbestimmte Zeit beurlaubt«, sagte Annika und holte tief Luft. »Er will mich hier nicht haben, bis die ganze Terroristengeschichte vorbei ist.«
    Berit kam herein und machte die Tür hinter sich zu.
    »Hat er einen Grund genannt?«
    »Ihr anderen fändet es schwierig, mit mir umzugehen«, sagte Annika und bemühte sich, nicht verbittert zu klingen.
    »Das ist doch alles nur ein Vorwand«, sagte Berit, »und das weißt du genau. Welche Bedingungen hast du ausgehandelt?«
    Annika seufzte wieder ein wenig zu tief, es klang wie ein Schluchzen.
    »Freistellung bei vollem Gehalt und Zugang zu allen Archiven. Und weißt du, was?«
    Sie lächelte zaghaft.
    »Es ist nicht so schlimm, wie man glauben könnte. Ich habe nichts gegen ein paar freie Tage. Wir wollen ja im Frühling in das Haus in Djursholm umziehen. Da kann ich vielleicht ein bisschen packen und organisieren und recherchieren, ohne dass es gleich so stressig wird. Das ist doch gar nicht so dumm, oder?«
    Berit lächelte zurück.
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte sie.
    »Und weißt du, was noch?«, sagte Annika. »Die Sache mit dem Geld ist auch erleichternd. Ich weiß, dass ich nicht mehr arbeiten muss, wenn ich nicht will. Ehrlich gesagt, habe ich schon mal darüber nachgedacht, zu kündigen, etwas ganz anderes zu machen: Staatsanwältin werden oder Russisch studieren.«
    Berit war der einzige Mensch, der wusste, wie hoch exakt der

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