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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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verrieten, dass gesungen wurde.
    Kindergartengruppen auf Stadtausflug stimmten Annika aus unbestimmtem Grund immer sentimental. Wie sie dort stand und von der dritten Etage aus die kleinen Kinder betrachtete, schnürte es ihr die Kehle zu, lieber Gott, was wird aus euch werden? Wie werdet ihr im Leben zurechtkommen?
    Sie waren so klein, ihre Beine so kurz, aber es gab ja Erwachsene, die sie unterstützten und halfen, die sie vor Autos beschützten und der gefährlichen Wirklichkeit, oh Gott, sie wollte nicht aus Kungsholmen fortziehen, sie wollte die Stadt nicht verlassen, sie war doch hier zu Hause, was hatte sie denn in der Vorstadtidylle verloren?
    »Es wird nicht besser«, sagte Q. »Ich habe auch schon dort gestanden und die Wettergötter beschworen, aber es hat nicht funktioniert. Schlechte Verbindung oder so.«
    Annika schloss die Augen und ließ die Kindergartenkinder verschwinden, dann wandte sie sich um und blickte geradewegs auf die knallrote Hose des Kommissars.
    »Warum ausgerechnet von Behring?«, fragte sie. »Warum Wiesel? Hat sie wahllos auf die beiden geschossen, oder hat sie sie gesucht?«
    Q ließ sich auf den Stuhl krachen.
    »Was glauben Sie, Einstein? Warum hat sie das ganze Haus durchquert, ehe sie schoss?«
    Annika setzte sich ebenfalls.
    »Sie ist um 22.41 Uhr durch den Haupteingang hereingekommen.«
    »Exakt.«
    »Das heißt, für den ganzen Weg von der Hantverkargatan durch den Bürgerpark und die Blaue Halle, rauf in den Goldenen Saal, Opfersuche und Schüsse hat sie genau vier Minuten gebraucht.«
    Q trank und nickte, seine Füße lagen schon wieder auf dem Schreibtisch.
    »Sie wusste also genau, wen sie erschießen wollte und wo sich ihre Opfer befanden«, sagte Annika.
    »Korrekt.«
    »Woher wusste sie das?«
    Q sah sie einige Sekunden schweigend an.
    »Sie bekam eine SMS, die die Position der Opfer meldete«, sagte er dann, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Von jemandem, der an der Feier teilnahm. So interpretieren wir es jedenfalls.«
    Annika spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten.
    »Woher wissen Sie das?«, fragte sie.
    Er schwieg noch einen Augenblick, sah sie prüfend an.
    »Eine SMS«, sagte er leise. »Über den nächsten Sendemast ging von einer Prepaidkarte zu einer anderen Prepaidkarte eine Textmitteilung mit folgendem Inhalt:
Dancing close to st erik.
Es waren beides Telia-Karten, die im August am Hauptbahnhof gekauft worden waren. Sie sind bar bezahlt worden, nicht mit Kredit- oder Scheckkarte. Da der Hauptbahnhof allerdings täglich von knapp hunderttausend Menschen besucht wird, ist es, mit anderen Worten, unmöglich, den Käufer aufzuspüren.«
    Annika leckte sich über die Lippen und richtete sich auf.
    »Woher wissen Sie, welche SMS versendet wurde?«, sagte sie. »Von welcher Nummer und wann? Und woher wissen Sie, was darin
stand?
«
    Q drehte seinen Kaffeebecher zwischen den Fingern.
    »Ich wusste tatsächlich nicht, dass das technisch möglich ist«, sagte Annika und lehnte sich zurück. »Alle Gespräche und alle SMS zu überprüfen.«
    »Natürlich ist es das«, sagte Q. »Wie sollte der Netzbetreiber sonst abrechnen?«
    Annika überlegte einen Moment, verarbeitete die Information.
    »Sie können abrechnen, weil sie wissen, wer wen und wie lange angerufen hat, aber sie wissen nicht, was gesagt wurde oder was in den SMS stand. Das ist ganz unmöglich. Das wird nicht gespeichert.«
    »Stimmt«, sagte Q. »Und was sagt Ihnen das?«
    Sie dachte vier Sekunden lang nach.
    »Sie haben ein Handy gefunden.«
    Q legte den Kopf schräg und lächelte.
    »Bravo! In einem Papierkorb an der Bushaltestelle vor dem Haupteingang, gegenüber vom Ärztezentrum Serafen. Keine Fingerabdrücke, nur Seifenreste der Sorte, die im Stadshuset verwendet wird. Die SIM-Karte war weg, aber wir haben ein paar Leute in einem Schuppen in Nacka, die so was wiederherstellen können. Und was bedeutet eine SMS?«
    Annika blickte Q an und dachte intensiv nach.
    »Ein Komplize«, sagte sie. »Noch ein Täter, drinnen im Stadshuset?«
    Q nickte und trank seinen Kaffee aus.
    »Mindestens einer. Und mindestens noch einer draußen: die Person, die das Boot gefahren hat. Wer die sind, wissen wir allerdings nicht. Wir haben eine Liste Verdächtiger, aber keine verbindlichen Beweise.«
    Annika starrte Q an, ihre Gedanken überschlugen sich.
    »Sagten Sie, die Prepaidkarte wurde im August gekauft? Vor drei Monaten?«
    »Zur gleichen Zeit, als das Fluchtboot gestohlen wurde. Deutet darauf hin, dass

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