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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Tag zu spät kam, um ihn und die anderen, die entkommen konnten, noch zu sehen. Nicht Karma, Gott hat über mich gewacht. Hätte ich sie damals gesehen, hätte ich jetzt nicht vorgeben können, den Mann zu akzeptieren, auf den Joun gedeutet hat. Wo ist dieser Hiraga? Irgendwo muß er sich verstecken. Bitte, Gott, hilf mir!
    Eeee, das Leben ist sonderbar. Ich hasse die Gai-Jin, glaube aber an ihren Jesus-Gott, allerdings nur heimlich, wie mein Vater und sein Vater und dessen Vater bis in die Zeit vor Sekigahara. Ja, ich glaube an diesen Jesus-Gott, das einzig Wertvolle von draußen, und haben nicht die Jesuiten-Lehrer-Fürsten gesagt, daß der Glaube uns zusätzliche Kraft verleiht und daß wir, wenn wir uns mit einem Problem herumschlagen, es immer wieder anpacken sollen, so wie ein Hund, der einen Knochen immer wieder hervorholt?
    Irgendwo hält sich Hiraga versteckt. Ich habe alles gründlich durchsucht. Also muß er sich getarnt haben. Als was? Ein Baum? Als was?
    Innerhalb der Mauern gingen die Vorbereitungen zum Abmarsch weiter. Die Fahne wurde eingeholt. Die Militärkapelle spielte jetzt. Reiter schwangen sich in den Sattel. Die Bahren wurden auf einen Karren geladen. Das große Tor wurde geöffnet, und die Reiter formierten sich, angeführt von dem Gai-Jin mit dem japanischen Namen, trabten an ihm vorbei und den Hügel hinab, und…
    Die Verbände! Die Erkenntnis explodierte in seinem Kopf. Es gibt gar keine Seuche! Schlau, dachte er aufgeregt, aber nicht schlau genug! Also: Stelle ich sie jetzt in einer der schmalen Straßen? Oder schicke ich Spione aus, die ihm folgen und ihn in die Enge treiben, damit er mich zu den anderen führt?
    Ich werde ihn in die Enge treiben.

19
    Dienstag, 16. Oktober
    Im überfüllten Hauptsaal des Clubs war die Verlobungsfeier in vollem Gange. Alle angesehenen Bewohner der Niederlassung waren eingeladen worden sowie alle Offiziere, die Flotte und Army entbehren konnte, und draußen auf der High Street marschierten Patrouillen beider Waffengattungen, um Betrunkene und unerwünschte Personen aus Drunk Town zurückzuweisen.
    Nie hatte Angélique umwerfender ausgesehen als an diesem Abend: in Krinoline, mit Kopfputz aus Pardiesvogelfedern und riesigem Verlobungsring. Sie tanzte nach einem schwungvollen Walzer von Johann Strauß, dem Jüngeren, den André Poncin mit Elan auf dem Piano spielte. Begleitet wurde er von einer kleinen Marinekapelle, die zu dieser besonderen Gelegenheit in Galauniform auftrat. Angéliques Tanzpartner war Settry Pallidar, dessen Wahl zum Vertreter der Army mit lautstarkem Beifall und heißer Eifersucht begrüßt worden war.
    Auch Victoria Lunkchurch und Mabel Swann tanzten. Ihre Tanzkarten waren bereits ausgefüllt gewesen, als das Fest gerade erst begonnen hatte. Trotz ihres Umfangs waren sie beide gute Tänzerinnen und trugen Krinolinen, obwohl sich diese nicht mit der von Angélique messen konnten.
    »Du bist ein stinkender Geizhals, Barnaby«, zischte Victoria ihrem Mann zu. »Mabel und ich woll’n auch neue Kledage, und wenn’s deine ganze Compagnie kostet! Und auch so’n Deckel wollen wir, bei Gott!«
    »Was?«
    »Das! Deckel – Hüte!« Angéliques Kopfputz war der endgültige Coup de Grâce für die beiden Frauen gewesen. »Jetzt herrscht Krieg, sie gegen uns.« Dennoch überwog die Genugtuung über ihre Beliebtheit die Eifersucht, und sie ließen sich voll Wonne herumwirbeln.
    »Verdammtes Glück hat er, der Hund«, murmelte Marlowe, der nur Augen für seinen Rivalen hatte. Auf seiner blauen Marineuniformjacke glitzerten die zusätzlichen Goldtressen des Adjutanten, darunter trug er eine weiße Seidenhose, weiße Seidenstrümpfe und schwarze Schuhe mit Silberschnallen.
    »Wer?« erkundigte sich Tyrer, der mit einem Glas Champagner vorüberkam, gerötet und erregt von diesem Abend und von der Tatsache, daß er Nakama, den Samurai, aus Edo hinausgeschmuggelt und mit Sir Williams Zustimmung als Japanischlehrer in seinem Hause aufgenommen hatte. »Wer ist ein Hund, Marlowe?«
    »Hören Sie auf – als ob Sie das nicht wüßten!« Marlowe grinste. »Aber ich bin der Vertreter der Navy, mir gehört der nächste Tanz, dann werde ich’s diesem Kerl mal richtig zeigen!«
    »Haben Sie ein Glück! Was ist es denn?«
    »Polka!«
    »Was Sie nicht sagen! Haben Sie die bestellt?«
    »Großer Gott, nein!« Die Polka, einem böhmischen Volkstanz nachempfunden, war ein weiterer Riesenerfolg in den Ballsälen Europas, galt allerdings noch immer als etwas risqué.

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