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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ständig draußen postiert war, herein.
    In den frühen Morgenstunden, als Struan an ihr Bett geeilt – gehinkt – war, hatte sie seine Bitten, doch wieder umzuziehen, abgelehnt, denn sie hatte sich inzwischen genügend erholt, um zu wissen, daß sie hier bleiben mußte, weil André Poncin ihr heute die Medizin bringen würde, die sie von dem Übel erlösen würde. Nein, nicht Übel, o doch, Übel, hätte sie am liebsten gerufen, André wird mich von dem Übel erlösen, das ich trage, und von dem Übel, das ich getan habe. »Malcolm, es geht mir gut, und ich möchte nicht umziehen!«
    »Bitte nicht weinen, mein Liebling – bitte!«
    »Dann laß mich in Ruhe, es ist schon gut, Malcolm, ich bin in Sicherheit, war immer in Sicherheit, und Doktor Babcott hat mir was gegeben, damit das Zittern aufhört – nicht wahr, Doktor?«
    »Ganz recht, Malcolm«, hatte Babcott geantwortet. »Und bitte machen Sie sich keine Sorgen, Angélique ist nichts passiert, wenn sie aufwacht, ist sie wieder ganz in Ordnung. Es wäre besser, sie nicht zu transportieren. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Aber verdammt, ich mache mir Sorgen!«
    »Vielleicht kann sie heute abend zurück…«
    »Nein«, hatte sie gewimmert und wieder Tränen produziert, »nicht heute abend, vielleicht morgen.«
    Gott sei Dank für die Tränen, dachte sie abermals, als sie zusah, wie Malcolm an ihr Bett gehumpelt kam, denn sie wußte, daß diese Waffe gegen die Männer ein mächtiger Schutzschild für sie war. Sein Lächeln war gut, aber sie sah die dunklen Ringe unter seinen Augen, die seltsam und mit einem Anflug von Müdigkeit dreinblickten.
    »Ich bin schon einmal gekommen, aber da warst du wieder eingeschlafen, und ich wollte dich nicht stören.«
    »Aber du störst mich nie.« Seine Besorgnis und Liebe waren so unverkennbar und tief, daß sie sich zusammennehmen mußte, um nicht die Wahrheit hilflos hinauszuschreien. »Keine Sorge, mein Liebster, bald ist alles wundervoll, das verspreche ich dir.«
    Er saß im Sessel an ihrem Bett und erzählte ihr von dem Aufstand, den Sir William so geschickt verhindert hatte. »In mancher Hinsicht ist er ein guter Mann«, erklärte er, dachte aber bei sich: in mancher nicht. Er und Norbert waren davon unterrichtet worden, daß sie am folgenden Morgen vor ihm zu erscheinen hatten. Sofort hatten sie sich unter vier Augen getroffen: »Das geht Wee Willie, verdammt noch mal, nichts an«, hatte Norbert mürrisch zugestimmt. »Soll er sich auf die Jappos konzentrieren und die Rotte zurückholen! Sagen Sie, dieser Eindringling – wie ich hörte, haben Sie ihn als einen der beiden Canterbury-Mörder identifiziert, den zweiten Tokaidō-Bastard?«
    »Habe ich nicht. Ich glaube, daß es ein anderer war, obwohl er tatsächlich eine Schußwunde hatte. Hoag sagte, es sei der Mann, den er in Kanagawa operiert hat.«
    »Was hatte der an ihrem Fenster zu suchen, eh?«
    »Keine Ahnung – es ist unheimlich. Vermutlich ein Dieb.«
    »Es ist allerdings unheimlich. Und auch noch Katholik. Unheimlich…«
    Als Struan sah, wie begierig Angélique darauf wartete, daß er fortfuhr, fragte er sich, ob er das heikle Thema anschneiden sollte, aber sie wirkte so winzig und wehrlos, daß er beschloß, eine andere Gelegenheit abzuwarten – der Kerl ist tot, wer immer er war, und damit basta. »Wenn ich nach dem Dinner komme, bringe ich dir die letzte Illustrated London News mit, da steht ein großartiger Artikel über die neueste Londoner Mode drin…«
    Angélique hörte nur mit halbem Ohr zu, vermied es jedoch, zur Uhr auf dem Kaminsims hinüberzusehen, die zart die Minuten dahinticken ließ. André hatte ihr gesagt, er werde gegen neun Uhr abends aus der Yoshiwara zurück sein, sie solle eine Kanne warmen grünen Tee bereithalten und etwas Süßes zu essen, da die Mixtur, wie er gehört habe, widerlich schmecke. Außerdem einige Handtücher, und es wäre besser, nichts mehr von Babcotts Schlafmittel zu nehmen.
    Sie gab nach und sah auf die Uhr. Viertel vor sieben. Es dauert so lange, dieses Warten, dachte sie mit wachsender Unruhe. Dann meldeten sich wieder ihre inneren Stimmen. Keine Sorge, flüsterten sie, die Stunden werden schnell vergehen, dann bist du frei, vergiß nicht, daß du gewonnen hast, Angélique, du warst so tapfer und so schlau, du hast alles perfekt gemacht – mach dir nur keine Sorgen, du lebst, und er ist tot, und das war für dich oder jede andere Frau die einzige Möglichkeit, am Leben zu bleiben – bald bist du frei, und

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