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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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beiden bleibt, bis ich Sie davon entbinde.«
    Malcolm zögerte. »Solange es eine Geschichte ist.« Dann leistete er den Eid.
    »Danke. Eine Geschichte also. Sind wir hier sicher? Kann uns irgend jemand belauschen?«
    »In Asien ist das gewöhnlich so. Wir wissen, daß Türen ebenso Ohren haben wie Wände, aber dagegen kann ich etwas tun. Chen!« rief er. Sofort öffnete sich die Tür. Auf kantonesisch sagte er: »Bleib von der Tür fort und halte alle anderen fern, sogar Ah Tok!«
    »Ta, Tai-Pan.« Die Tür wurde geschlossen.
    »Jetzt sind Sie sicher, Mr. Gornt. Ich kenne Chen mein Leben lang und glaube, daß er kein Englisch spricht. Sprechen Sie die Sprache Shanghais?«
    »Ein wenig, und auch ein wenig Ning-poh-Dialekt.«
    »Also, was wollten Sie sagen?«
    »Dies ist das erste Mal, daß ich diese Geschichte erzähle«, sagte Gornt, und Malcolm glaubte ihm. »Vor langer Zeit«, begann er jetzt ernst, »ging eine Familie aus Montgomery, Alabama – ihrer Heimat seit Generationen –, nach England: Vater, Mutter und zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Sie war fünfzehn, ihr Name war Alexandra, und ihr Vater war der jüngste von fünf Brüdern. Wilf Tillman war der älteste.«
    »Der Mitbegründer von Cooper-Tillman?« sagte Struan heiser.
    »Eben der. Alexandras Vater war ein kleiner Tee- und Baumwollmakler, der mit Bruder Wilf in Cooper-Tillman investierte, und er ging nach London, um bei Rothwell’s mit einem Drei-Jahres-Vertrag als Baumwollberater zu arbeiten – Cooper-Tillman war ihr wichtigster Lieferant. Sie blieben nicht ganz ein Jahr. Leider waren beide Eltern sehr krank geworden, kein Wunder, bei dem Nebel und diesem Wetter, ich wäre selbst fast gestorben, als ich dort war – ich verbrachte zwei Jahre in London zur Ausbildung bei Brock’s und eines bei Rothwell’s. Wie auch immer, die Tillmans beschlossen, nach Hause zu reisen. Auf halbem Weg über den Atlantik entdeckte Alexandra, daß sie schwanger war.«
    »Ayeeyah«, murmelte Malcolm.
    »Ja. Der Schock, zusätzlich zur Krankheit ihres angebeteten Vaters, brachte ihn um. Er war siebenunddreißig. Sie bestatteten ihn auf See. Auf dem Totenschein des Kapitäns stand nur ›Anfall geistiger Umnachtung‹, aber sowohl sie als auch ihre Mutter wußten, der wirkliche Grund war die schlechte Nachricht. Alexandra war gerade sechzehn, ein Bild von einem Mädchen. Ein unverheiratetes Mädchen, das ein uneheliches Kind bekommt … tja, Mr. Struan, ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, was das für ein verheerendes Stigma ist, und das im Bibelland Alabama. Die Tillmans gehörten zur besseren Gesellschaft. Vorhin sprachen wir über Ehre, es stimmt, was ich sagte, daß wir Ehre und Entehrung sehr ernst nehmen. Das war ‘35, vor siebenundzwanzig Jahren. Alexandra bekam einen Sohn, mich. Darf ich?« Gornt deutete auf den Champagner.
    »Bitte.« Malcolm wußte nicht, was er noch sagen sollte. Gornts Stimme klang singend, angenehm, unbeteiligt wie die eines Geschichtenerzählers. Einstweilen, dachte er grimmig.
    Gornt schenkte Struan und dann sich selbst ein. »Meine Mutter und ihre Mutter wurden von der Gesellschaft geächtet, und die Tillman-Familie, sogar ihr Bruder, wandte sich gegen sie. Als ich drei Jahre alt war, traf meine Mutter einen Virginier, einen verpflanzten Engländer – Robert Gornt, Gentleman, Tabak- und Baumwollexporteur und begeisterter Kartenspieler aus Richmond –, der sich in Mutter verliebte, und sie verliebte sich in ihn. Sie verließen Montgomery und heirateten in Richmond. Die Geschichte, die sie sich zurechtlegten, lautete, sie sei Witwe, mit sechzehn mit einem Kavallerieoffizier der Yankees verheiratet worden, der in den Kriegen gegen die Sioux-Indianer gefallen sei. Damals war sie neunzehn.
    Für ein paar Jahre war alles mehr oder weniger in Ordnung. Bis ‘42 – das Jahr, nachdem Dirk Struan praktisch allein Hongkong gründete, das Jahr vor Ihrer Geburt. 1842 war ein schlechtes Jahr für Hongkong mit dem Fieber in Happy Valley, der Malaria, dem Opiumkrieg mit China und den großen Taifun, der die Stadt vernichtete, und ganz besonders schlecht für das Noble House, weil derselbe Taifun den großen Dirk Struan tötete.« Ein Schluck Champagner. »Er war verantwortlich für Wilf Tillmans Tod und den Ruin der Familie Tillman.«
    »Davon weiß ich nichts. Sind Sie sicher?«
    Gornt zeigte sein Lächeln, hinter dem keine Feindseligkeit stand. »Ja. Wilf Tillman war am Happy-Valley-Fieber erkrankt. Dirk Struan hatte Chinarinde, die

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