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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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lange Kaschmirschal über ihrem höchst mädchenhaften Nachmittagskleid aus dunkler Seide. »Wie wohl Sie aussehen, Pater.«
    »Ich freue mich, Sie zu sehen, Senhorita, mein Kind«, sagte er mit seinem starken portugiesischen Akzent. »Sie waren wieder nicht in der Messe.«
    »Es sind die Dämpfe, Pater. Ich erhole mich noch von der Störung… Dr. Babcott hat mir Ruhe angeraten«, antwortete sie, in Gedanken schon dabei, was sie heute abend zum Geburtstagsbankett für den russischen Gesandten anziehen sollte. »Ich bin sicher, nächste Woche wird es mir bessergehen.«
    Das freut mich, du junge und gar nicht so schwache Lügnerin, dachte er, angewidert von der Perfidie der Menschheit. Es ist gottlos, nachts zu tanzen und die Füße in die Luft zu werfen und seine unbedeckten unteren Gliedmaßen zu zeigen. »Es macht nichts. Ich werde Ihnen jetzt die Beichte abnehmen.«
    Angélique hätte gähnen können, so berechenbar war er. Ergeben folgte sie ihm in den Beichtstuhl, kniete nieder und vollzog die Bewegungen, froh über die Trennwand zwischen ihnen. Sie sagte mechanisch ihre Litanei auf, getröstet durch den Pakt, den sie mit der Mutter Gottes geschlossen hatte.
    Wie immer wiederholte sie inbrünstig ihren Code: »…und, Pater, ich vergaß, die Madonna in meinen Gebeten um Vergebung zu bitten.«
    Sie erhielt die Absolution schnell und die bescheidene Auflage, ein paar Ave Maria zu beten, und das war ihr nur recht. Sie wollte aufstehen…
    »Nun eine private Angelegenheit, mein Kind. Vor zwei Tagen hat Mr. Struan nach mir geschickt und mich gebeten Sie beide zu trauen.«
    Sie schnappte nach Luft; dann lächelte sie triumphierend. »O Pater, wie herrlich!«
    »Ja, mein Kind, ja, das ist es. ›Bitte trauen Sie uns so bald wie möglich‹, hat der junge Senhor Struan gesagt, aber das ist in der Tat sehr schwierig.« Tag und Nacht hatte er mit dem Problem gerungen. Ein Brief war noch am gleichen Tag an den Bischof von Macao abgegangen, das geistliche Oberhaupt der Katholiken in Asien, in dem er ihn dringend um Rat bar. »Sehr schwierig für uns.«
    »Warum, Pater?«
    »Weil er kein Katholik ist…«
    »Aber er war damit einverstanden, daß unsere Kinder in der Wahren Kirche aufwachsen, er hat es versprochen.«
    »Ja, ja, mein Kind, das hat er, das hat er, er hat mir dasselbe gesagt, aber er ist nicht im heiratsfähigen Alter, und Sie sind es auch nicht, aber ich wollte Ihnen insgeheim sagen, daß ich dennoch Seine Eminenz um die Erlaubnis gebeten habe, die Zeremonie zum größeren Ruhme Gottes zu vollziehen – mit oder ohne Zustimmung Ihres Vaters.« Einzelheiten über den Betrug und die Flucht ihres Vaters hatten sich mit Windeseile in der Niederlassung herumgesprochen, waren aber aus Respekt vor ihr und auch vor Struan geheimgehalten worden. »Wenn Seine Eminenz zustimmt, bin ich sicher, daß auch Senhor Seratard, in loco parentis, seine Zustimmung geben wird.«
    Die Enge in ihrer Kehle wich nicht. »Wie lange wird es dauern, bis Seine Eminenz antwortet und die Zustimmung erteilt?«
    »Bis Weihnachten. Eher, wenn er in Macao und nicht auf Reisen ist, und wenn es der Wille Gottes ist.« Wie üblich saß er von der Trennwand abgewandt, das Ohr jedoch nahe daran, um geflüsterte Vertraulichkeiten zu vernehmen, aber jetzt schaute er durchs Gitterwerk und konnte sie vage sehen.
    »Die Angelegenheit, über die ich vertraulich sprechen möchte, ist die Konversion des Senhors.«
    Wieder schnappte sie nach Luft. »Er sagte, er würde konvertieren?«
    »Nein, nein, er wurde noch nicht erleuchtet, und darüber möchte ich mit Ihnen sprechen.« Pater Leo beugte sich näher zur Trennwand, genoß ihre Nähe, wurde erstickt von einem Verlangen, das er als unheilig und von Satan gesandt kannte – demselben, das er bei Tag und Nacht auf Knien bekämpfte – und das er unter denselben Qualen bekämpft hatte, solange er zur Kirche gehörte.
    Gott, gib mir Kraft, Gott, vergib mir, dachte er fast unter Tränen und wünschte sich, die Hand auszustrecken und ihre Brüste und alles übrige an ihr zu berühren, das durch die Trennwand und ihren Schal und ihre Kleider und den Zorn Gottes verborgen war. »Sie müssen helfen, Sie müssen ihm helfen, den Wahren Glauben anzunehmen.«
    Angélique hielt sich so fern wie möglich von der Trennwand. Mit Mühe öffnete sie die Vorhänge, um die Platzangst zu verringern, die sie in diesem schachtelähnlichen Beichtstuhl überkam. Früher war die Beichte nie so gewesen, dachte sie schaudernd. Erst,

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