Noble House 02 - Gai-Jin
strahlend, Dimitri Glückwünsche schreiend und eine amerikanische Flagge schwenkend. Seratard und André waren hin- und hergerissen zwischen Freude darüber, daß die Trauung nun vollzogen war, und Zorn, daß man sie nicht konsultiert hatte.
»André, bringen Sie sie so schnell wie möglich herein. Heilige Mutter Gottes, der dumme gamin hätte uns in das Geheimnis einweihen sollen – es ist Ihre Aufgabe, sie zu kontrollieren!« zischte Seratard aus dem Mundwinkel und winkte begeistert zurück, als Angélique seinen Blick erhaschte und ihm zuwinkte. »Struan muß sofort ein Testament machen, das dem Code Napoléon entspricht, sorgen Sie dafür! Gott allein weiß, was für schmutzige Tricks Sir William dafür oder dagegen anwenden wird – was immer er sagt, wir vertreten die Auffassung, daß die Heirat legal ist, aber wir müssen darauf bestehen, daß sie dem französischen Gesetz entspricht! Holen Sie Pater Leo, er wird nächste Woche die eigentliche Trauung vollziehen… Mon Dieu, sehen Sie sich diese Kretins an!«
Angélique und Struan waren von Menschen umringt und versuchten mühsam, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Alle glaubten das Recht zu haben, die Braut zu küssen, andere wollten das verhindern, und so kam es zu noch größerem Aufruhr. Die Menge drängte und schubste, Angélique geriet in Panik, Struan benutzte seine Krücken, um sich an ihre Seite zu kämpfen, und Jamie begann die Leute grob zur Seite zu stoßen. Jemand schlug zu, und es kam zu einem häßlichen Handgemenge. Sir William rief den Marineposten zu: »Geht und macht ihnen den Weg frei, beeilt euch, um Gottes willen, sonst werden sie zerdrückt!« Die vier Männer rannten los. »Phillip, passen Sie auf sie auf, und bringen Sie Struan unverzüglich in mein Büro.«
»He, Leute!« brüllte der Sergeant, und der teuflische Mobgeist, der sich manchmal ohne ersichtlichen Grund in einer Menschenmenge ausbreitet, verschwand sofort. Ruhig und energisch begann er, den Weg freizumachen. »Benehmt euch! Macht der Dame Platz!«
Struan hinkte auf Angélique zu. »Alles in Ordnung, Angel?«
»Aber ja, Liebling.« Jetzt, da sie wieder Platz hatte, legte sich ihre Panik. Sie rückte ihren Hut zurecht. Die Feder war zerbrochen. »Sieh dir das an!«
»Darf ich Ihnen helfen?« sagte Tyrer wichtigtuerisch und winkte die anderen fort. »Verschwinden Sie, Sie haben sie zu Tode erschreckt. Alles in Ordnung, Miss Angélique? Malcolm?«
»Natürlich«, sagte Malcolm. Jetzt, da Angélique in Sicherheit war, entspannte er sich und rief: »Danke für den herzlichen Empfang! Drinks auf Kosten des Noble House an der Bar des Clubs!«
Alles strömte in Richtung Club. Bald waren nur noch Malcolm, Angélique, McFay, Phillip Tyrer und Michaelmas Tweet übrig, der säuerlich sagte: »Mr. Struan, die Zeremonie ist eindeutig ungültig, und ich muß Sie warnen…«
»Vielleicht haben Sie recht, Reverend, aber mir sagte man das Gegenteil«, erwiderte Struan fest. Er hatte sich bereits einen Plan für Tweet, einen anderen für Pater Leo und einen dritten für Sir William zurechtgelegt. »Trotzdem glaube ich, daß es eine glückliche Lösung gibt. Könnten Sie vielleicht morgen mittag in mein Kontor kommen? Die Kirche des Herrn wird zufrieden sein, Sir, Sie können beruhigt sein!« Dann flüsterte er Jamie zu: »Lenken Sie ihn ab.« Zu den anderen sagte er. »Ins Kontor, so schnell ihr könnt.«
Plötzlich zischte Angélique: »Schnell, Phillip!« und rannte mit ihm zusammen davon, um Pater Leo zu entgehen, der die Straße herunterkam, so schnell sein Bauch und seine Soutane dies zuließen. Als sie die Halle erreicht hatten, wo der größte Teil des Personals Aufstellung genommen hatte – Vargas vornean, dahinter Chen mit aufgesetztem Lächeln –, lachte Angélique nervös. »Ich wollte nicht mit ihm reden.«
»Warum nicht?« Phillip strahlte. »Sie sind verheiratet, und damit hat sich’s – Sir William hat Gift und Galle gespuckt, als er davon hörte, und die Navy, Ketterer und Marlowe verflucht. Ich nehme also an, daß Sie verheiratet sind, aber ich will nur sagen, daß ich Ihnen Glück wünsche. Darf ich die Braut küssen?« Er wartete nicht, sondern küßte sie wie ein Bruder. Sie umarmte ihn und stieß einen weiteren Seufzer der Erleichterung aus.
Struan trat mit McFay durch die Tür. »Abschließen«, befahl er, und Vargas schob die wenigen restlichen Händler hinaus. Dann schlug er die Tür zu und schob rasch den Riegel vor. Pater Leo erreichte die
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