Noble House 02 - Gai-Jin
gemacht?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sehen Sie zu, ob Sie es herausfinden können. Fragen Sie Angélique oder Jamie – er müßte wohl mehr wissen.«
André Poncin nickte. Er machte sich schreckliche Sorgen. Struans Tod hatte seinen Plan vereitelt, mehr Geld aus Angélique herauszuholen, um Raiko zu bezahlen. »Ja, ich werde es versuchen.«
»Sehr wichtig, daß wir weiterhin ihre französische Staatsbürgerschaft betonen, um sie zu schützen, wenn Ihre Schwiegermutter versucht, die Heirat anzufechten.«
Vervene sagte: »Wieso sind Sie so sicher, daß das passieren wird, daß sie so sehr dagegen sein wird?«
»Mon Dieu, das liegt doch auf der Hand!« antwortete André gereizt an Seratards Stelle. »Sie wird die Auffassung vertreten, Angélique hätte ihren Sohn ›ermordet‹. Wir alle wissen, daß sie sie vorher schon gehaßt hat! Nun wird sie sie zweifellos Gott weiß welcher Perversionen beschuldigen, weil sie ihrem verzerrten angelsächsischen Sexualdogma anhängt. Und vergessen Sie nicht, daß sie eine fanatische Protestantin ist.« Er wandte sich an Seratard. »Henri, vielleicht sollte ich nachsehen, wie es ihr geht.« Er hatte sie bereits abgefangen und ihr zugeflüstert, sie solle in das Struan-Building zurückkehren und nicht in der Gesandtschaft bleiben: »Um Gottes willen, Angélique, Ihr Platz ist bei den Leuten Ihres Mannes!« Es war so offenkundig, daß sie ihre Stellung bei Struan’s stärken mußte – um jeden Preis –, daß er sie fast angeschrien hätte, aber seine plötzliche Wut verwandelte sich in Mitleid, als er ihre Verzweiflung sah.
Als André gegangen war, fragte Vervene schnaubend: »Was zum Teufel ist in letzter Zeit bloß los mit ihm?«
Seratard dachte kurz nach, bevor er antwortete, und entschied dann, es sei an der Zeit. »Das liegt vermutlich an seiner Krankheit – der Englischen Krankheit.«
Schockiert ließ sein Stellvertreter die Gabel sinken. »Syphilis?«
»André hat es mir vor ein paar Wochen gesagt. Diese Information ist selbstverständlich vertraulich, aber Sie sollten wissen, daß diese Ausbrüche häufiger werden können. Aber er ist zu wertvoll, ich kann ihn nicht nach Hause schicken.« André hatte ihm zugeflüstert, er habe einen ganz neuen, hochrangigen Informanten: »Der Mann sagt, Herr Yoshi werde in zwei Wochen wieder in Edo sein. Für eine ziemlich bescheidene Summe garantieren er und seine Bakufu-Verbindungsleute ein privates Treffen an Bord unseres Flaggschiffes.«
»Wieviel?«
»Das Treffen wäre jeden Preis wert.«
»Ich bin Ihrer Meinung, aber wieviel?« fragte Seratard.
»Den Gegenwert von vier meiner Monatsgehälter«, hatte André gesagt, »ein Pappenstiel. Da wir gerade davon sprechen, Henri, ich brauche einen Vorschuß oder den Bonus, den Sie mir vor Monaten versprochen haben.«
»Vereinbart war nichts, lieber André. Zur rechten Zeit werden Sie ihn bekommen, aber ich bedaure nochmals, kein Vorschuß. Aber die Summe für Ihren Informanten zahlen wir nach der Zusammenkunft.«
»Die Hälfte vorher, die Hälfte danach. Er hat mir außerdem gesagt, und zwar kostenlos, daß taikō Anjo krank ist und das Ende des Jahres vielleicht nicht mehr erleben wird.«
»Hat er Beweise?«
»Kommen Sie, Henri, Sie wissen doch, daß das nicht möglich ist!«
»Sagen Sie Ihrem Kontaktmann, er solle diese taikō- Affen dazu bringen, sich von Babcott untersuchen zu lassen, und… ich erhöhe Ihr Gehalt um fünfzig Prozent.«
»Doppeltes Gehalt von heute an. Ich werde meinem Kontaktmann eine ordentliche Anzahlung geben müssen.«
»Fünfzig Prozent vom Tag der Untersuchung an und dreißig Mex in Gold, fünf vorher, den Rest danach. Und das ist alles.«
Seratard hatte gesehen, wie in Andrés Augen Hoffnung aufleuchtete. Armer Kerl, verliert sein Fingerspitzengefühl. Natürlich begreife ich, daß ein großer Teil des Geldes an seinen Fingern klebenbleiben wird, aber das macht nichts, der Umgang mit Spionen ist ein schmutziges Geschäft, und André ist besonders schmutzig, wenn auch sehr schlau. Und unglücklich.
Er streckte die Hand aus und nahm das letzte Stück des Brie-Käses, der für einen phantastischen Preis, auf Eis gelegt, mit dem letzten Postschiff eingetroffen war. »Seien Sie geduldig mit dem armen Kerl, Vervene, ja?« jeden Tag rechnete er damit, Anzeichen der Krankheit zu sehen, und jeden Tag wirkte André ein bißchen jünger, verlor seinen früheren gehetzten Ausdruck. Nur seine Laune hatte sich verschlechtert.
Mon Dieu! Ein privates
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