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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Treffen mit Yoshi! Und falls Babcott diesen Kretin Anjo untersuchen und vielleicht sogar heilen könnte, auf meine Veranlassung hin – daß Babcott Engländer ist, macht nichts, ich werde diesen Coup bei Sir William gegen einen anderen Vorteil eintauschen –, dann hätten wir einen ungeheuren Schritt vorwärts getan.
    Er hob sein Glas. »Vervene, mon brave, den Engländern die Pocken, und Vive la France!«
    Angélique lag in ihrem Himmelbett, gegen einen Berg Kissen gelehnt. Nie hatte sie matter und zerbrechlicher gewirkt. Hoag saß in einem Sessel an ihrem Bett und nickte immer wieder ein. Für einen Augenblick brach die spätnachmittägliche Sonne durch die Wolken und erhellte das Zimmer. Draußen zerrten Schiffe an ihren Vertäuungen. Vor einer halben Stunde hatte die Signalkanone die bevorstehende Ankunft des Postdampfers verkündet und sie aufgeweckt. Sie hatte allerdings nicht richtig geschlafen, sondern war übergangslos von einem Dämmerzustand immer wieder in die Bewußtlosigkeit geglitten. Ihre Augen blickten ziellos an Hoag vorbei. Hinter ihm sah sie die Tür zu Malcolms Zimmern – nicht seinen Zimmern, nicht ihren gemeinsamen Zimmern, nur Zimmern, die jetzt auf einen anderen Mann warteten, einen anderen Tai-Pan…
    Die Tränen kamen zurück.
    »Weinen Sie nicht, Angélique«, sagte Hoag leise. »Alles ist gut, das Leben wird weitergehen, und es geht Ihnen jetzt gut, wirklich gut.«
    Er hielt ihre Hand. Mit einem Taschentuch wischte sie sich die Tränen ab. »Ich hätte gern etwas Tee.«
    »Sofort«, sagte Hoag und war erleichtert. Dies war das erste Mal seit heute morgen, daß sie zusammenhängend gesprochen hatte, und solche Augenblicke waren lebenswichtige Anzeichen. Ihre Stimme wies nun keine hysterischen Untertöne mehr auf, ihre Augen waren klar, ihr Gesicht nicht mehr vom Weinen verquollen, und ihr Puls, den er gezählt hatte, während er ihre Hand hielt, war fest und stark.
    »Ah Soh«, sagte er auf kantonesisch, nachdem er die Tür geöffnet hatte, »bring deiner Mistress frischen Tee, aber lautlos. Sag nichts und geh dann wieder.« Er setzte sich erneut an Angéliques Bett. »Wissen Sie, wo Sie sind, meine Liebe?«
    Sie sah ihn nur an.
    »Darf ich ein paar Fragen stellen? Wenn Sie müde sind, sagen Sie es mir, haben Sie keine Angst.«
    »Ich habe keine Angst.«
    »Wissen Sie, wo Sie sind?«
    »In meinen Zimmern.«
    Ihre Stimme war flach, ihre Augen ausdruckslos. Seine Sorge wuchs. »Wissen Sie, was passiert ist?«
    »Malcolm ist tot.«
    »Wissen Sie, warum er gestorben ist?«
    »Er starb in unserer Hochzeitsnacht in unserem Ehebett, und ich bin schuld.«
    Warnglocken schrillten in seinem Hinterkopf. »Sie irren sich, Angélique. Malcolm wurde auf der Tokaidō getötet, vor Wochen«, sagte er mit ruhiger, unerschütterlicher Stimme. »Tut mir leid, aber das ist die Wahrheit. Es ist nicht Ihre Schuld und war niemals Ihre Schuld. Es war der Wille Gottes, aber ich kann Ihnen aus tiefstem Herzen eines sagen: Babcott und ich, wir haben noch nie einen Mann gesehen, der im Tode friedlicher aussah, noch nie, nie, nie.«
    »Ich bin schuld.«
    »Das einzige, wofür Sie verantwortlich sind, war die Freude in den letzten Monaten seines Lebens. Er hat Sie geliebt, nicht wahr?«
    »Ja, aber er starb, und…« Beinahe hätte sie hinzugefügt, und dieser andere Mann auch, ich kenne nicht einmal seinen Namen, aber er starb auch, er liebte mich auch, und er starb auch, und jetzt ist Malcolm tot, und…
    »Hören Sie auf!«
    Der strenge Ton riß sie vom Rand des Abgrunds zurück. Hoag wußte, dies mußte getan werden, und zwar schnell, sonst war sie verloren wie andere, die er gesehen hatte. Er mußte sie von dem Teufel befreien, der irgendwo in ihr lauerte und darauf wartete, auszubrechen, sich auf sie zu stürzen und sie zu einer brabbelnden Verrückten zu machen. »Tut mir leid. Sie müssen das richtig verstehen. Sie sind nur sch…« Er konnte das Wort gerade noch zurückhalten und statt dessen sagen: »Sie sind nur für seine Freude verantwortlich. Wiederholen Sie das für mich. Sie sind nur…«
    »Ich bin schuld.«
    »Sprechen Sie mir nach: Ich bin nur für seine Freude verantwortlich«, sagte er vorsichtig und beobachtete alarmiert ihre abnorm geweiteten Pupillen. Sie stand schon wieder am Rand des Abgrunds.
    »Ich bin sch…«
    »Verantwortlich, verdammt!« sagte er mit gespieltem Zorn. »Sprechen Sie mir nach: Ich bin nur für seine Freude verantwortlich! Sagen Sie es!«
    Er sah Schweiß auf ihre Stirn

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