Noble House 02 - Gai-Jin
und Fakten seiner Eheschließung und seines Todes wurden bei einer offiziellen Untersuchung durch eidesstattliche Aussagen festgestellt; eine Kopie dieser Feststellungen lege ich bei.
Nach meiner Überzeugung ist die Trauung auf See legal – ich habe den Kronanwalt um eine formelle Stellungnahme gebeten.
Nach meiner Überzeugung hatte Mrs. Angélique Struan nicht das geringste mit dem Tod ihres Gatten zu tun und war in keiner Weise verantwortlich – eine Tatsache, die durch die medizinischen Gutachten der Doctores Hoag und Babcott, die Sie zweifellos empfangen werden, bestätigt wurde (sie liegen den Untersuchungsdokumenten bei).
Nach meiner Überzeugung starb Ihr Sohn infolge von Wunden, die er bei dem unprovozierten Angriff auf der Tokaidō erlitt, und wurde tatsächlich damals ermordet. Der König oder Daimyo, der diese Angriffe befohlen hatte, wurde noch nicht der Gerechtigkeit zugeführt. Ich versichere Ihnen, daß dies geschehen wird.
Nach meiner Überzeugung und persönlichen Beobachtung war Ihr Sohn bis zur Besessenheit in M’selle Richaud verliebt und drängte sie in jeder nur möglichen Weise zur Heirat. Sie erwiderte seine Zuneigung auf damenhafte Weise. Sie ist eine tapfere junge Frau; alle gegenteiligen Aussagen sind von Schurken verbreitete Lügen.
Nach meiner Überzeugung schließlich wünschte Ihr Sohn, wie sein Großvater auf See bestattet zu werden. Seine…
Sir William zögerte einen Augenblick, wählte seine Worte vorsichtig. Erst formulierte er seinen Gedanken, dann schrieb er in seiner festen, energischen Schrift:
Seine Witwe bat eindringlich darum, diese Bestattung hier vorzunehmen, da sie ihm seinen Wunsch erfüllen wollte (wir haben bisher noch kein Testament und kein diesbezügliches formelles Schreiben gefunden), doch ich bin der Überzeugung, daß dies tatsächlich sein Wunsch war. Ich erfüllte die Bitte seiner Witwe nicht und entschied, daß seine sterblichen Überreste zu Ihnen nach Hongkong geschickt werden.
Wieder zögerte er, da sich verschiedene Variationen anboten, und schrieb dann:
Ich empfehle dringend, diesem Wunsch stattzugeben. Ich verbleibe, Madam, mit vorzüglicher Hochachtung…
Er dachte einen Augenblick nach, ging dann zu seinem Sideboard, schenkte sich einen Brandy ein, trank und setzte sich wieder hin. Nun las er sorgfältig den Brief. Zweimal.
Er nahm einige Umstellungen und Veränderungen vor und schrieb den Brief noch einmal ab. Er unterzeichnete ihn mit: Gesandter Ihrer Britischen Majestät in Japan. Dann las er ihn erneut. Nun war er zufrieden. Die wichtigsten Veränderungen waren folgende: Nach Sie ist eine tapfere junge Frau hatte er alle gegenteiligen Aussagen sind von Schurken verbreitete Lügen gestrichen, da dies die Frage herausforderte: ›Was für Lügen?‹ Statt dessen hatte er geschrieben: Ich empfehle sie dringend Ihrem Wohlwollen. Nach auf See bestattet zu werden strich er wie sein Großvater, da er nicht wußte, ob diese Behauptung stimmte.
»Viel besser«, sagte er laut. »Nimmt der Sache den Stachel.« Statt dessen empfehle ich sie ihrem Wohlwollen, dachte er, obwohl Gott allein weiß, was diese beiden einander am Ende antun werden. Noch vor einer Woche hätte ich gewettet, daß sie sich keine Konkurrenz machen, inzwischen aber bin ich da nicht mehr so sicher.
Dankbar öffnete er das Tagebuch auf seinem Schreibtisch und fügte den Namen Tess Struan der heutigen Liste von Briefen an, die mit der Prancing Cloud abgeschickt wurden. Ein Eintrag von Donnerstag, dem zwölften, sprang ihm ins Auge: »Malcolm Struan ließ sich mit Ketterers stillschweigender Duldung an Bord der Pearl mit Angélique Richaud trauen.« Der Eintrag war russisch geschrieben wie das ganze Tagebuch – eine lebenslängliche Gewohnheit, auf der seine russische Mutter bestanden hatte –, damit es den meisten neugierigen Augen verschlossen war und auch, um seine Geläufigkeit in dieser Sprache zu bewahren. Dabei fiel ihm etwas ein. Seine Finger öffneten das neue Tagebuch für 1863; er schrieb unter den elften Januar ein Fragezeichen und fügte die Notiz hinzu: Jetzt ungefähr sollten wir wissen, ob A schwanger ist oder nicht. Ein Kind von Malcolm würde ihr Leben beträchtlich vereinfachen, dachte er ernst und besorgt.
Er hatte beschlossen, für Angélique zu tun, was er konnte, weil sie sich gestern und auch heute auf der Pier so würdig verhalten hatte, wegen des Vergnügens, das sie ihm mit all dem Tanzen und Lachen und der Leichtigkeit geschenkt hatte, die sie
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