Noble House 02 - Gai-Jin
der wir schon seit vielen Jahren leben«, hatte sie wütend gesagt, verzweifelt und all der Seitenblicke der letzten paar Tage und des plötzlichen Verstummens müde, wenn sie vorbeiging. »Bitte, lassen Sie mich freundlicherweise in Ruhe, alle beide, ich werde es Sie wissen lassen, wenn ich Sie brauche, falls es dazu kommt. Lassen Sie mich allein!«
Er war gegangen, geknickt, aber das machte ihr nichts aus. Seit dem flammenden Streit mit Pater Leo am letzten Sonntag war sie so oft wie möglich allein geblieben.
»Ich hasse diesen Mann«, murmelte sie, »ich hasse ihn, weil er mich so aufregt. Er ist gemein, er ist kein Mann Gottes!«
Während der Beichte hatte er gesagt: »Vielleicht sollten Sie um Verzeihung bitten für diese vorgetäuschte Trauung, an der Sie beteiligt waren, mein Kind, oh, ich weiß, man hat Sie getäuscht, überlistet. Aber dennoch ist es eine Sünde.«
»Es war keine Täuschung, Pater, und es ist auch keine Sünde und kein Betrug«, hatte sie gesagt. »Nach dem Gesetz war die Trauung vollkommen legal.«
»Nach diesem häretischen Gesetz? Das ist falsch. Sie sind verblendet. Natürlich ist sie nicht gesetzlich und vor Gott nicht gültig.«
»Nach dem englischen Gesetz ist sie gültig«, hatte sie wutschäumend gesagt. »Und sie ist es auch vor Gott, wahrhaftig.«
»Ach, mein armes Kind, das ist sie nicht, und Sie wissen das ganz genau. Die Kirche erkennt eine häretische Trauung nicht an, schon gar nicht vor einem Schiffskapitän. In den Augen Gottes sind Sie nicht verheiratet.«
»Ich bin verheiratet, Malcolms Kirche erkennt meine Ehe an, sein Gesetz ebenfalls. Ich bin rechtmäßig verheiratet.«
»Wie töricht Sie sind. Machen Sie sich nichts vor. Sie sind katholisch, und die Wahre Kirche erkennt eine solche Trauung nicht an. Bereuen Sie, mein Kind.«
»Ich bin verheiratet, und damit basta!« Sie war aufgesprungen.
»Warten Sie! Wir sind noch nicht zu Ende, mein Kind, damit ich Ihnen die Absolution erteilen kann, müssen Sie Ihre Sünden gestehen, um makellos vor Ihn zu treten! Wie kann ich Ihnen die Absolution erteilen?«
»Ihr Gott ist derselbe wie unser Gott, mein Gott«, hatte sie gesagt, blind von Tränen der Wut und Enttäuschung. »Ich kann ihn genausogut in ihrer Kirche wie in unserer verehren.«
»Sie riskieren Verdammnis und ewige Qual. Exkommunikation, den Entzug des Sakraments. Hüten Sie sich, Ketzer haben sich Ihrer Seele bemächtigt, beten Sie um Vergebung…«
Sie war geflohen.
André und Seratard waren beim Gottesdienst. Später hatte André sie gefragt, was sie habe, und sie hatte es ihm erzählt. Er lachte. »Tausende von Katholiken sind unter dem protestantischen Dogma glücklich getraut worden und umgekehrt, was immer die kirchlichen Hierarchien auch behaupten.«
»André, bin ich nun verheiratet oder nicht?«
»Sie sind es nach britischem Recht und britischem Seerecht, bis ein britisches Gericht befindet, daß Sie es nicht sind.«
»Aber nach Auffassung der Kirche bin ich es nicht?«
»Nach deren Kirche ja, wie schon gesagt, nach unserer nein.«
»Ich hasse diesen Mann.«
»Er ist Priester. Nicht alle Priester sind gut, das wissen wir beide. Hören Sie zu, Angélique, sobald Sie etwas wissen über sich und Ihre Regel, so oder so, bitte sagen Sie es mir im Vertrauen, damit wir anfangen können zu planen. Henri erwartet jeden Tag die Zustimmung des französischen Botschafters, Sie zum Mündel des Staates zu erklären. Keine Sorge, ich habe versprochen, daß wir Sie und Ihre Interessen schützen werden, und das werden wir auch tun«, sagte er und ging. Sie blieb grübelnd zurück.
Nach Ansicht der Kirche nicht verheiratet? Dann zur Hölle mit der römischen Kirche, hatte sie gedacht, krank vor Sorge. Vorsicht! Gib das niemals offen zu, niemals. Du bist Französin, Franzosen wissen über das katholische Rom Bescheid, über Korruption, Ketzerei, irregeleitete Päpste. Jede Nacht flehte sie in ihren Gebeten die Mutter Gottes um Führung und Beistand an.
Der Montag und alle anderen Tage schleppten sich dahin; sie fühlte sich von Blicken und unausgesprochenen Fragen verfolgt, also ging sie immer weniger aus. Um sich die Zeit zu vertreiben, las sie, schlief viel und schrieb Briefe, begann eine Geschichte über ein französisches Mädchen, das an der Küste Yokohamas strandete. Sie hörte abrupt damit auf und verbrannte die Seiten, als sie anfing, Kanagawa und ihn und die Nächte und Tage mit Malcolm und ihre einzige Nacht auf der Prancing Cloud wieder zu
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