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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Missee Tai-tai, Kaffee, heya!«
    Während sie zu sich kam, stellte Ah Soh das Tablett krachend auf den Nachttisch, und Angélique roch den warmen, himmlischen Duft von frisch gebrühtem Kaffee – einer der wenigen Dienste, die Ah Soh ihr angemessen erweisen konnte und wollte. Der Duft trug sie ohne Schmerz in den Tag.
    Sie setzte sich im Bett auf und reckte sich, erstaunt und entzückt, daß sie sich so wach und wohl fühlte. Die Krämpfe waren verschwunden, der Schmerz war dem normalen Gefühl gewichen, aber besser als sonst; sie fühlte sich weniger aufgeschwemmt als gewöhnlich.
    Und das Beste war, daß ihre Verzweiflung sie verlassen hatte. Das ist IHR Wunder, dachte sie ehrfürchtig. Im letzten Monat hatte sie bei nächtlichen Gebeten zur Mutter Gottes geredet, gefragt, gefleht, und als sie eines Nachts von ihrer Angst ganz erschöpft gewesen war, hatte sie zugehört. »Überlaß es mir, mein Kind, es ist MEINE Entscheidung, nicht deine«, hatte sie gehört, nicht mit den Ohren, sondern mit ihrem innersten Selbst. »MEINE Entscheidung, all das; geh in Frieden.« Danach hatte die Angst sie verlassen.
    Es war IHRE Entscheidung, wie wundervoll! Angélique würde IHR Verdikt akzeptieren. Den Willen Gottes. Und sie hatte es getan.
    Impulsiv kniete sie neben dem Bett nieder, schloß die Augen, segnete SIE und dankte IHR leidenschaftlich. Sie wiederholte, wie sehr sie es bedaure, dankte IHR aber dafür, daß Sie die Bürde von ihr genommen hatte. Dein Wille geschehe. Dann schlüpfte sie wieder unter die Decke, bereit für ihren Kaffee und die Welt. Sonntags war Kaffee um neun Uhr üblich; ihr blieb noch gerade genug Zeit, um zu baden und sich für die Kirche anzukleiden.
    Kirche? Warum nicht? Ich muß mich angemessen bedanken, dachte sie, aber ich werde nicht beichten. »Ah Soh, bring mein Bad und…« Ah Soh starrte sie mit glasigen Augen an. Abrupt wurde ihr klar, daß sie Blutflecken auf der Rückseite ihres Nachthemdes gesehen haben mußte.
    Hastig sagte Ah Soh: »Ich holen Bad«, und watschelte zur Tür, aber Angélique war vor ihr da und stieß sie zurück. »Wenn du es irgend jemandem sagst, kratze ich dir die Augen aus!«
    »Ayeeyah, nicht verstehn. Missee Tai-tai«, knurrte Ah Soh, erschrocken über die Gehässigkeit in Gesicht und Stimme ihrer Herrin. »Nicht verstehn!«
    »Oh, und ob du verstehst! Dew neh loh moh-ah!« Sie spie die kantonesischen Flüche aus, die sie Malcolm einmal Chen gegenüber hatte gebrauchen hören, als er wütend war, und Chen war bleich geworden. Er hatte ihr nie gesagt, was die Worte bedeuteten, aber sie hatten dieselbe Wirkung auf Ah Soh, die weiche Knie bekam.
    »Ayeeeeyahhh!«
    »Wenn du redest, Ah Soh, Tai-tai wird…« Wütend stieß Angélique ihr ihre langen Fingernägel einen Millimeter unter den Augen ins Gesicht und ließ sie dort. »Tai-tai wird dies tun! Verstehn?«
    »Verstehn! Geheimnis, Tai-tai!« Die erschrockene Frau stöhnte etwas auf kantonesisch und legte die Finger auf die Lippen. »Ah Soh nicht reden, verstehn!«
    Angélique beherrschte ihre Wut, obwohl ihr Herz noch immer raste, stieß die Frau zum Bett und legte sich wieder hinein. Gebieterisch wies sie auf die Kaffeetasse. »Dew neh loh moh! Gieß mir Kaffee ein!«
    Demütig und voller echter Angst schenkte Ah Soh den Kaffee ein, reichte ihr die Tasse und blieb lammfromm stehen.
    »Nicht reden, ganzes Bett machen, Laken sauber. Geheim!«
    »Verstehn, Tai-tai, nicht reden, Geheimnis, verstehn.«
    »Nicht reden! Oder…« Ihre Nägel kratzten in die Luft. »Bad!«
    Ah Soh trippelte davon, um heißes Wasser zu holen, aber zuerst machte sie sich atemlos auf den Weg zu Chen, um ihm die Nachricht zuzuflüstern. Er würde die Augen zum Himmel drehen und sagen: »Ayeeyah, was wird Tai-Pan Tess jetzt machen?« Dann würde er loslaufen, um die Neuigkeit mit dem schnellsten Schiff hastig Comprador Chen zu überbringen, der ihnen befohlen hatte, ihn sofort zu informieren, was auch immer das kosten mochte.
    Der Kaffee war köstlich. Er beruhigte ihren Magen und ihren Geist und beseitigte die leichte Schwellung. Eine von Angéliques wahren Freuden auf Erden war der Kaffee am frühen Morgen, am liebsten mit Croissants.
    Zuerst die Kirche. Ich werde so tun, als sei noch nichts passiert – Ah Soh wird nicht wagen, irgend etwas zu sagen. Wem soll ich es zuerst berichten? Hoag? André? Edward? Mr. Skye?
    Sie hatte bereits ein Gespräch mit Skye gehabt. Sein Rat hatte gelautet, sie könnten nichts tun als abwarten und sehen,

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