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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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durchleben.
    Die Prancing Cloud war ausgelaufen. Sie war froh gewesen, als sie diese Vorbotin böser Winde in der Ferne verschwinden sah.
    Seit ihrem Spaziergang, bei dem sie abermals mit Gornt gesprochen hatte – ohne Neues zu erfahren –, hatten sie sich darauf geeinigt, sich für ein paar Tage nicht zu treffen. Zweimal hatte sie Maureen Ross zum Tee eingeladen, und beim zweitenmal hatte sie sie absichtlich im Bett empfangen, um Gerüchte zu fördern, sie leide an einem Fieber. Die Unterhaltung war eine gewöhnliche Plauderei gewesen über Mode, die Probleme der Niederlassung, das Leben dort, nichts Ernsthaftes. Später würden diese Besuche Spaß machen, wenn sie erst intimere Dinge und Gedanken austauschen konnten. Aber jetzt noch nicht. Doch sie mochte Maureen, die ihr willkommene Bücher und Magazine mitgebracht und von Jamies neuem Büro erzählt hatte, davon, wie er ständig arbeitete, und von ihrer scheuen Hoffnung, sie würden bald heiraten.
    Der einzige Mensch, den zu sehen sie sich gefreut hatte, war Phillip Tyrer. Er war von Sir William mit den besten Wünschen für eine schnelle Genesung geschickt worden, brachte die neuesten Londoner Zeitungen sowie Blumen mit, die er im Dorf gekauft hatte. »Auf Befehl der Regierung Ihrer Majestät«, hatte er in blumigem Französisch gesagt, und sein jungenhaftes Grinsen und seine Lebensfreude waren ansteckend gewesen.
    Eine Stunde oder länger hatte er geschwatzt, größtenteils französisch, und ihr von den neuesten Gerüchten berichtet. Über seine Reise nach Edo, über Nakama Hiraga, der spurlos verschwunden war und Sir William ein diplomatisches Problem aufgehalst hatte, und über Hauptmann Abeh, der am Nordtor ›noch immer wartet und schäumt‹.
    »Was wird passieren, Phillip?«
    »Ich weiß nicht. Wir hoffen, daß das Problem verschwinden wird. Schade, daß wir Nakama beschreiben mußten, sein Aussehen, so daß er jetzt keine großen Chancen mehr hat zu entkommen. Verdammt lästig, er war nämlich ein feiner Kerl und hat mir sehr geholfen. Ich glaube kein Wort von der Geschichte, daß er ein Mörder sein soll. Aus diesem anderen Burschen, Nakamas Freund, dessen Familie in Choshu Schiffe baut, konnten wir nichts herausholen. Ich habe dafür gesorgt, daß er sich auf einer unserer Fregatten umsehen durfte. Netter Kerl, aber ziemlich einfältig. Er wußte nichts über Nakama oder wollte nichts sagen. Sir William wollte ihn nicht den Bakufu übergeben und ließ ihn daher gehen. Ach, verdammt, Angélique, Nakama hat mir ungeheuer geholfen – nicht nur bei meinem Japanisch, und wenn er nicht wäre…«
    Später hatten sie zusammen Suppe gegessen, und auf ihre Fragen hin hatte er, nachdem sie Geheimhaltung hatte schwören müssen, zugegeben, daß er ein Mädchen hatte, ein besonderes Mädchen in der Yoshiwara. »Oh, sie ist so schön und liebenswürdig, Angélique, ich glaube, ich kann das Geld für den Kontrakt aufbringen, ohne die Staatskasse anzupumpen…« Es hatte sie amüsiert, wie jung er wirkte, und sie hatte ihn um seine schlichte Liebe beneidet. Im Vergleich zu ihm fühlte sie sich alt.
    »Eines Tages würde ich sie gern kennenlernen«, hatte sie gesagt. »Ich kann mich leicht in eure Yoshiwara schleichen. Ich werde mich verkleiden.«
    »Nein, Angélique, das können Sie nicht. Das dürfen Sie nicht.«
    Es könnte amüsant sein, das zu tun, dachte sie kichernd und drehte sich im Halbschlaf im Bett um. André wird mich hinbringen. Ich würde gern seine Hinodeh sehen, in die ich so viel investiert habe. Möchte wissen, wie sie aussieht.
    Auf der Schwelle des Schlafes hatte sie einen Krampf im Leib gespürt.
    Noch ein Krampf, anders. Dann noch einer. Jetzt war sie hellwach. Ängstlich rieb sie sich Bauch und Lenden, um den Schmerz zu beseitigen, aber er verging nicht, und nun war sie sicher, daß es die alten, vertrauten Beschwerden mit dem leicht aufgeblähten Gefühl waren.
    Es hatte begonnen. Und mit dem Einsetzen der Regel schwanden all ihre Sehnsüchte, Sorgen und Hoffnungen dahin. In tiefem Kummer begann sie zu weinen und vergrub den Kopf in den Kissen. »O Malcolm, ich hatte es so sehr gehofft, so sehr, jetzt habe ich nichts mehr, was ich dir geben kann, nichts mehr von dir, nichts für dich, o Malcolm, Malcolm, es tut mir so leid, so schrecklich leid… ich… Gott, es tut mir so schrecklich leid… DEIN Wille geschehe…«
    Sie weinte und weinte, weinte sich in den Schlaf, bis sie keine Tränen mehr zu vergießen hatte.
    »Missee, aufwachen!

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