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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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und abmarschieren.«
    »Jawohl, Sir.« Der Captain ging zum Fahnenmast. Feierlich entfaltete sich der Union Jack, zum Pfeifen der Dudelsäcke und dem Schlagen der Trommeln, am Mast. Und gleich darauf kam, wie verabredet, vom Flaggschiff als Antwort eine Breitseite. Sir William lüftete den Hut und brachte ein dreifaches Hoch auf die Königin aus. »Gut, das ist besser, Lim!«
    »Heya Mass’er?«
    »Einen Moment, du bist nicht Lim.«
    »Ich Lim zwo, Mass’s, Lim eins komm heut’ abend, chop chop.«
    »Dinner Sonnenuntergang, du machen alles Mass’er blitzblank, macht nichts.«
    Lim nickte mürrisch; er fand es schrecklich, an diesem abgelegenen, kaum zu verteidigenden Ort zu sein, umgeben von tausend verborgenen, feindseligen Blicken, die jeder hier leichtsinnig mißachtete, obwohl doch alle sie spüren mußten. Ich werde diese Barbaren niemals verstehen, dachte er bei sich.
    An jenem Abend konnte Phillip Tyrer nicht einschlafen. Er lag auf einem der Strohsäcke auf einem zerfetzten Teppich, der auf den Fußboden gebreitet war, und wälzte sich alle paar Minuten herum, während ihn unangenehme Gedanken an London und Angélique quälten, an den Angriff und die Verhandlungen morgen, an die Schmerzen in seinem Arm und an Sir William, der den ganzen Tag unausstehlich gewesen war. Im Zimmer war es kalt, und es lag ein leichter Hauch von Winter in der Luft.
    Die Fenster blickten auf weitläufige, schön bepflanzte Gärten hinaus. Der andere Strohsack war für den Captain gedacht, der aber noch seine Runden machte.
    Abgesehen von dem Bellen der plündernden Hunde lag die Stadt totenstill. Hin und wieder waren von der Flotte eine ferne Schiffsglocke und das kehlige Lachen der Soldaten zu hören, das ihm ein Gefühl der Sicherheit verlieh. Prachtvolle Männer, dachte er. Wir sind hier in Sicherheit.
    Schließlich erhob er sich, gähnte und ging auf nackten Füßen zum Fenster. Er stieß es auf und lehnte sich auf die Fensterbank. Bei der dichten Wolkendecke war draußen alles pechschwarz. Keine Schatten, aber zahlreiche Highlander, die mit brennenden Öllampen patrouillierten. Hinter dem Zaun sah man auf der einen Seite den verschwommenen Umriß des Buddhistentempels. Bei Sonnenuntergang, nachdem die Dudelsäcke den Zapfenstreich geblasen und der Union Jack, wie es üblich war, zur Nacht eingeholt worden war, hatten die Mönche ihr schweres Tor verriegelt, ihre Glocke geläutet und dann die Nacht mit ihrem seltsamen Singsang erfüllt: »Ommm manii padmee hummmm…« Immer und immer wieder. Auf Tyrer hatte es beruhigend gewirkt – im Gegensatz zu vielen anderen, die laut pfiffen und die Mönche mit rüden Ausdrücken aufforderten, den Mund zu halten.
    Er zündete die Kerze an, die er neben seiner Schlafstätte gefunden hatte. Auf seiner Taschenuhr war es zwei Uhr dreißig. Er gähnte abermals, glättete sein Bettlaken, lehnte sich gegen das aufgeschüttelte Kopfkissen, öffnete den kleinen Aktenkoffer mit seinen Initialen – ein Abschiedsgeschenk seiner Mutter – und nahm sein Notizbuch heraus. Er bedeckte die Seite mit den japanischen Wörtern und Sätzen, die er sich phonetisch notiert hatte, rekapitulierte deren englische Übersetzungen und blätterte dabei weiter. Anschließend machte er es umgekehrt, vom Englischen ins Japanische, und war hocherfreut, daß er jedes einzelne Wort richtig übersetzt hatte.
    »Es sind so wenige, ich weiß nicht, ob ich sie richtig ausspreche, ich habe so wenig Zeit, und mit dem Schreibenlernen habe ich noch nicht mal begonnen«, murmelte er.
    In Kanagawa hatte er Babcott gefragt, wo er den besten Lehrer finden würde. »Warum fragen Sie nicht den Padre«, hatte Babcott geantwortet.
    Das hatte er getan, gestern. »Aber gewiß, mein Junge. Doch diese Woche kann ich leider nicht, wie wär’s mit nächster? Noch einen Sherry?«
    Mein Gott, die können wirklich trinken, hier! Sie schluckten beinahe ununterbrochen, vor allem beim Lunch. Der Padre ist unbrauchbar und stinkt gen Himmel. Doch welch ein Glück, mit diesem André Poncin!
    Gestern nachmittag hatte er den Franzosen zufällig in einem der japanischen Läden getroffen, wo die Einwohner der Niederlassung ihren anfallenden Bedarf deckten. All diese Läden säumten die Dorfstraße, die auf der seeabgewandten Seite hinter der Hauptstraße lag und an die Drunk Town grenzte, schienen sich zu ähneln und verkauften die gleichen Waren – von Lebensmitteln bis zum Angelzeug, von billigen Schwertern bis zu Kuriositäten. Er stöberte gerade

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