Noch ein Tag und eine Nacht
als »ziemlich heiß« bezeichnete, für mich einer »Verbrennung« gleichkam. Ich versuchte, mich nicht dafür zu schämen, dass ich schon eine Erektion hatte. Wir küssten uns. Ihre Haut war weich. Ich wusch sie. Aus einer der Flaschen auf dem Duschboden nahm ich ein wenig Flüssigseife und seifte sie ein. Schultern, Hals, Busen, Bauch, Rücken. Ich versuchte, nicht gleich an die Stelle zu gehen, obwohl ich sie genau da berühren wollte. Ich bückte mich und wusch ihr die Füße. Als wäre sie eine Göttin. Was sie für mich ja auch war. Dann die Beine, und schließlich die Stelle. Immer noch gebückt. Es kam mir unwirklich vor, dass ich sie so berühren und küssen konnte. Kniend küsste ich sie. Trank sie. Zusammen mit dem Wasser, das über ihren Körper rann.
Ich drang nicht in sie ein. Wir liebten uns nicht. Nachdem ich sie gewaschen hatte, wusch sie mich.
Als wir die Dusche verließen, nahm ich das Handtuch, kniete mich wieder hin und begann sie abzutrocknen, damit ihr nicht kalt wurde. Ich begann bei den Füßen, trocknete sie ab und legte gleich darauf die Lippen auf die Haut und küsste sie. Es gefiel mir, ihre Füße zu küssen. Von dort ging es aufwärts. Beine, Knie. Ich trocknete ab, berührte und küsste alles. Sie duftete. Ich gelangte zum Busen, zum Hals, zu den Schultern. Sacht, damit es nicht knallte, küsste ich sie auf die Ohren. Dann trocknete ich schnell mich ab und widmete mich gleich wieder ihr. Ihren Haaren. Ich kämmte sie und küsste sie auch dort, auf den Kopf.
Wir gingen ins Bett, ein hohes, weißes, weiches Bett. Wie eine Wolke. Michela lag auf dem Bauch, ich cremte sie ein. Keine Massage, nur eincremen. Sie zu massieren kam mir zu klischeehaft vor. Ich fuhr an ihren Beinen entlang und überschritt die Grenze. Sie war erregt. Ich auch. Ich wollte verrückt werden und sie verrückt werden lassen. Ich wollte, dass wir uns liebten, wie sie noch nie jemanden geliebt hatte. Ich wollte, dass sie die anderen Male vergaß. Ich wollte ihr erstes Mal sein. Wenigstens dazu war es hilfreich, dass ich schon mit vielen Frauen geschlafen hatte. Gefühlsmäßig war ich gefangen, blockiert, verkrampft, doch beim Sex fühlte ich mich als Herr der Lage. Ich wollte ihr den Satz sagen, den mein Automechaniker immer zu mir sagt, wenn ich den Wagen bringe: »Mach dir keine Sorgen, verlass dich auf mich, ich weiß, was zu tun ist.« Aber es kam mir zu wenig elegant vor. Michela hatte mir gestanden, dass sie erst mit wenigen Männern geschlafen hatte, und mit fast allen war sie fest liiert und in sie verliebt gewesen. Diese Männer sind fast immer die, die am schlechtesten vögeln.
Ich begann sie zu berühren. Als ich sie bald darauf stöhnen hörte, bat ich sie sanft, sich auf den Rücken zu drehen und die Augen zu schließen. Ich küsste sie von einem Winkel ihres Körpers zum anderen. Ich wollte, dass sie meine Lippen erst in dem Augenblick bemerkte, wenn sie ihre Haut berührten. Sie sollte meinen Atem spüren. So ging das eine ganze Weile. Ich wollte ihren Duft aufnehmen, bevor wir miteinander schliefen. Ihn mit der Zungenspitze stehlen, als wäre es Nektar aus einer Blüte. Ihn mit den Fingern stehlen und an ihren Mund, ihre Lippen führen. Lange ging das so, sehr lange. Als ich in sie eindrang, war es so ersehnt, dass sie in wenigen Augenblicken zum Orgasmus kam. Ich weiß noch, dass es zu den Klängen von Pink Floyd, The Division Bell, geschah. Ihre Haut zu berühren, ihr in die Augen zu schauen, sie zu riechen, meinen Körper gegen ihren zu pressen, ihren Busen mit meiner Brust plattzudrücken. Es war ein erhabenes Erlebnis, zu den Klängen von Cluster One oder Marooned oder Coming back to Life zu sehen und zu hören, wie sie es genoss.
Ich weiß nicht, ob ich die anderen Männer aus ihrer Erinnerung gelöscht habe, ich hoffe es. Nachdem wir uns geliebt hatten, lagen wir im Bett, die Köpfe auf einem Kissen, und sahen uns still an. Dann gingen wir in die Küche und kochten uns Tee. Sie wie eine Madonna in ein weißes Laken gehüllt, ich wieder in Boxershorts. Das Zimmer war dunkel, erhellt nur von der schwachen Küchenlampe über dem Herd. Michela, das weiße Laken, ihre Post-orgasmic-chill -Haare, die beiden weißen Tassen und sie, die aussah, als würde sie mit dem Faden des Teebeutels nach abstrakten Gedanken angeln: Dieses Bild hat sich mir eingeprägt, und ich sehe es oft vor mir. Vielleicht weil es die perfekte Einheit von Phantasie und Wirklichkeit darstellte. Wie die Linie des Horizonts,
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