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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Schweißgebadet, zitternd und vor Schrecken zu keinem klaren Gedanken mehr fähig, ließ er sich von ihr ins Apartment in New Jersey führen. Völlig erledigt fiel Charles dort auf die Couch. Elena stellte sich über ihn. Ihre Augen funkelten, und ihre Miene war vor Zorn verzerrt.
    „Also, Mr. Mörder“, begann sie, „du hast für Roditis die Schmutzarbeit erledigt und dich auf einen Handel mit mir eingelassen. Jetzt schuldest du mir etwas: Raus aus deinem Körper, aber dalli!“
    „Nein“, sagte Noyes matt.
    „Nein? Nein. Wir haben ein Abkommen getroffen! Also halte dich auch daran! Willst du vorher vielleicht einen Drink? Um dir die Sache leichter zu machen? Versuch ja keine Tricks, Charles!“
    Noyes spürte, wie Kravchenko mit aller Macht gegen sein Gehirn hämmerte. Voller Wildheit versuchte er, zum Dybbuk zu werden. Verzweifelt widersetzte sich Noyes. Ich werde es nicht tun, schwor er sich in Gedanken. Zum ersten Mal werde ich ein Abkommen nicht einhalten. Auf diese Weise lasse ich mich nicht kaputtmachen. Ich muß hier raus, zurück zu Roditis, um mein Gedächtnis löschen zu lassen, und zwar sehr schnell.
    - Du schmutziger Betrüger, Charles. Du Schwein!
    Das kam von Kravchenko. Noyes stellte wie betäubt fest, daß Kravchenko sich einmischen konnte. Das Fremdbewußtsein war schon in der Lage, sich in einen inneren Monolog einzuschalten! Damit war Jim Kravchenko stärker als je zuvor. Er stand sogar schon im direkten Kontakt mit seinem Bewußtsein.
    „Na komm schon, Charles“, sagte die Italienerin. „Hinaus mit dir!“
    „Nein, bitte …“
    Elena packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn heftig durch. Er wollte sie beiseite schieben, aber sie war im Augenblick zu stark für ihn. Zur gleichen Zeit spürte er Kravchenkos Anstrengungen in seinem Kopf: wie er die Neuralverbindungen eine nach der anderen ausriß, als handelte es sich dabei um junge Schößlinge, wie er sich seinen Weg durch die Kontrollzentren des Gehirns freiboxte. Schon kam es Noyes so vor, als seien ganze Partien des Hirns seiner Kontrolle entzogen, als würde er immer weiter zurückgedrängt, bis ihm nur noch ein kleiner Teil blieb, als würde er isoliert, unterminiert …
    Ausgestoßen.
    „Nein“, schrie er. „Der Handel gilt nicht! Ich hatte nie vor …“
    „… aber jetzt habe ich es mir für ihn anders überlegt“, beendete Kravchenko den Satz.
    Elena triumphierte. „Jim? Jim, bist du das, ja?“
    „Ja, ich bin’s. Mein Gott, ist das herrlich, wieder frei zu sein!“ Kravchenko streckte sich ausgiebig. Er lief ein paar Schritte, strauchelte und fing sich wieder. „Vermutlich dauert es noch eine Weile, bis die Koordination funktioniert. Aber ich besitze wieder einen Körper! Ich kann wieder fühlen! Wieder atmen!“
    „Ist er wirklich fort?“ fragte sie.
    „Ich habe ihn in den finstersten Abgrund verstoßen. Er ist nicht mehr auszumachen. Von Charles sind nur noch Rudimente übrig. Aber die spüre ich auch noch auf und werfe sie hinaus. Frei, Elena! Nach all den Jahren in diesem Jammerlappen!“ Er streckte die Hände nach Elena aus und versuchte, ihre Brüste zu berühren.
    „Ich muß noch ein paar Reflexe testen!“ meinte er zweideutig.
    Die Koordination stellte sich rascher ein, als er erwartet hatte; doch ihr Niveau war noch nicht zufriedenstellend. Das braucht eben seine Zeit, sagte er sich. Zeit und viel Übung.
    Als die Dämmerung hereinbrach, sagte Elena: „Jetzt fliegen wir nach Indiana.“
    „Und warum?“
    „Damit Roditis dein Gedächtnis löschen kann, Dummkopf! Die Welt hält dich immer noch für Charles Noyes, nicht wahr? Und Noyes hat Martin St. John ermordet. Die Erinnerung daran muß aus deinem Verstand gelöscht werden. Also los, komm schon.“
    Kravchenko nickte. „Du hast recht. Ich muß zu diesem Roditis – ich steh die ganze Sache durch und laß den Mord löschen. Dann kündige ich ihm, und wir zwei machen uns eine schöne Zeit, was?“
    „Ja.“
    „Aber warum willst du denn mit nach Indiana?“
    Elena schenkte ihm ein offenes Lächeln. „Meinst du, ich lasse dich noch eine Minute allein, jetzt, wo ich dich wiederhabe?“

 
13
     
    „Tot?“ fragte Mark Kaufmann. „Aber wie kann er denn tot sein? Der Körper von Martin St. John war doch kerngesund. Davon habe ich mich selbst überzeugen können, bevor ich nach San Francisco flog.“
    Der Arzt schüttelte den Kopf. „Seine Autoimmunität ist total zusammengebrochen. Sozusagen ein inwendiger Bürgerkrieg. Und es besteht keine

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