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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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nicht in einen großen Salon geführt, wo die Herzogin im Kreis ihres Hofstaates thronte, sondern in ein Schlafgemach. Zuerst sah ich nur ein großes goldenes Bett, um welches die weißgoldenen Brokatgardinen geschlossen waren und mich des Anblicks der Besitzerin dieses Lagers beraubten, doch hörte ich ihre Stimme, weil sie gerade ihre Gouvernante (oder Kammerzofe, was weiß ich) auszankte, die sich ein wenig Ordnung zu schaffen bemühte, war doch der ganze Raum mit weiblichen Kleidern, Schuhen und anderen Utensilien übersät.
    »Und ich bin mir ganz sicher«, gellte die Stimme, »daß du es |280| warst, Frédérique, und niemand anders, die mir diesen Entwurf von Henris Brief an Philipp verschludert hat. Ich hatte ihn gestern noch in der Hand.«
    »Madame«, sagte Frédérique, wahrscheinlich eine Lothringerin, denn sie war groß, blauäugig, strohblond und so üppig beleibt, daß ihr der Busen aus dem Mieder quoll, »das kann nicht sein! Ich gehe nicht an Eure Papiere! Ich habe genug zu tun, Eure Sachen aufzuräumen, hier findet ja eine Hündin nicht ihre Jungen! Wenn ich nicht Ordnung machte, sähe es bei Euch aus wie im Saustall und nicht wie im Gemach einer Prinzessin!«
    »Luder du, immer mit deinem großen Mund!« keifte die Stimme. »Aber warte, wenn ich dich vorm ganzen Gesinde auspeitschen lasse für deine Frechheit! Saustall! Was du dir erlaubst!«
    »Madame«, sagte Frédérique ungerührt, »Ihr seid sicherlich die schönste Prinzessin der Welt, aber schlag mich der Teufel mit Stummheit, wenn Ihr nicht auch die liederlichste seid! Und schiebt doch nicht mir in die Schuhe, daß ich den Briefentwurf des Herrn Herzogs verschludert hätte, den werdet wohl Ihr, den Entwurf meine ich, gedankenlos in den Papierkorb geworfen haben. Und dann ist er jetzt natürlich verbrannt.«
    »Wieso verbrannt, dumme Trine?«
    »Weil Ihr mir an hundertmal befohlen habt«, sagte Frédérique, indem sie sich mit der flachen Hand an ihren straffen Lothringer Busen schlug, »jeden Morgen das Papier aus dem Papierkorb zu verbrennen! Hundertmal, mein Wort! Mögen die gebenedeite Jungfrau und ihr göttlicher Sohn mich durch den Blitz erschlagen, wenn ich lüge!«
    »Von wegen! Du warst es, blöde Gans«, keifte die herzogliche Stimme hinterm Vorhang, »die den Entwurf in den Papierkorb geworfen hat! Ich habe ihn mir aufheben wollen, weil er von der Hand meines geliebten Bruders war! Und jetzt hast du ihn verbrannt, du Bastardin!«
    »Ich bin keine Bastardin«, sagte Frédérique, indem sie sich aufrichtete und die Hände in die Hüften stemmte. »Ich kenne Vater und Mutter, das waren angesehene Bauersleute im Metzer Land. Und Ihr wißt sehr gut, Madame, daß so manche Damen und Herren am Hof das nicht von sich behaupten können!«
    |281| Worauf der Lakai, ungeduldig über den Hickhack, sich zu einem Räuspern erkühnte.
    »Wer ist da?« fragte die herzogliche Stimme, scharf wie Essig.
    »Hier ist Franz, Frau Herzogin«, sagte der Lakai. »Ich bringe Euch den Chevalier de Siorac.«
    »Rüpel, du wagst es, in meiner Gegenwart zu husten?« wütete die Herzogin von Montpensier. »Du gehst sofort zum Majordomus und läßt dir zehn Hiebe aufzählen!«
    »Frau Herzogin«, sagte Franz wie entrüstet, »ich habe mich nur geräuspert!«
    »Widersprechen willst du auch noch? Der Majordomus soll dir zehn Schläge mehr geben!«
    »Jawohl, Frau Herzogin«, sagte Franz, machte dem Vorhang, krebsrot im Gesicht, eine tiefe Verbeugung und verließ rückwärts das Gemach.
    »Frédérique«, sagte die Stimme hinterm Vorhang, »was meinst du zu dem Chevalier de Siorac? Du hast ihn doch vor der Nase.«
    »Er ist nicht sehr groß, sieht aber gut aus«, sagte Frédérique, indem sie auf mich zutrat und mich von nahem musterte wie einen Stier, den sie auf der Messe kaufen wollte. »Er hat blaugraue Augen, blonde Haare, ein bißchen grau an den Schläfen, ein frisches Gesicht und«, fuhr sie fort, indem sie meinen Arm betastete, »ist ziemlich kräftig, denke ich. Kurzum, Madame, ein Galan, der nach jedem Busen äugt.«
    »Nach deinem, meinst du«, sagte die Stimme schrill. »Du zwängst deinen ja derart hoch, daß jeder danach äugen muß.«
    »Nur so weit, Madame, wie es die Mode befiehlt!«
    »Genug, Schwätzerin! Bring den Chevalier her! Aber paß auf, daß er nicht auf meine Sachen tritt!«
    Inzwischen waren meine vorigen besorgten Gefühle der Neugier gewichen, die berüchtigte Herzogin endlich mit eigenen Augen zu sehen, diese Hauptfeindin meines

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