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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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das Heer der Deutschreiter schlagen, wenn es uns überfällt. Doch bevor wir das gemeinsam angehen, mein Cousin, möchte ich, daß Ihr Euch mit dem Herzog von Epernon aufs beste vertragt, dem es sehr um die Ehre Eurer Freundschaft getan ist.«
    Dies sagte der König, ohne irgend zu lachen, obwohl er wie jeder im Reich um den schrillen Haß der beiden Männer wußte, die einer wie der andere durchaus nicht auf Freundschaft aus waren, sondern auf den Tod des anderen, sah doch Guise in dem Günstling den stärksten Pfeiler der Herrschaft, die er stürzen wollte, und Epernon in Guise den Erzfeind seines Königs.
    Doch kaum hatte der König seinen Wunsch ausgesprochen, erhob sich Epernon, trat mit lächelndem Gesicht vor den Herzog, und Guise erwiderte sein Lächeln. Welch sonderbares Schauspiel, wie diese zwei großen Raubkatzen plötzlich ihre Krallen einzogen und einander auf Sammetpfoten begegneten!
    |352| »Euer Gnaden«, sagte der Herzog von Epernon, indem er sich verneigte, »ich ersuche Euch um die Ehre, Euer untertänigster, allernächster und ergebenster Diener zu sein.«
    »Herr Herzog«, sagte der Prinz – denn sosehr er auch Honig und Nektar war, wollte er sich doch nicht herablassen, den Günstling mit »Euer Gnaden« anzusprechen, der für ihn ein Emporkömmling niederer Herkunft war –, »Herr Herzog, ich ersuche Euch um die gleiche Ehre und wünsche, Euch bestens zu dienen.«
    »Monseigneur«, sagte Epernon wieder, »da ich im Reich nicht Größeres noch Edleres kenne als Euch, bitte ich, verfügt über mich und meine Güter, als wären sie Euer.«
    »Herr Herzog, auch die meinen stehen Euch zu Gebote, und ich bitte, Euch nach Belieben des wenigen Kredits zu bedienen, den ich in diesem Staat habe.«
    »Euer Gnaden«, sagte Epernon, »es gibt keinen Freundschaftsdienst, den zu leisten ich nicht bereit wäre, wenn Ihr die Güte hättet, solchen von mir zu fordern.«
    »Wie Ihr auch von mir, Herr Herzog, das erbitte ich inständig. Ein Bruder sollt Ihr mir sein, einig mit mir wie zwei Finger einer Hand.«
    »Euer Gnaden, Ihr steht für mich wahrlich so hoch über allen Großen dieses Reiches, daß ich Eurem Befehl zur Stunde Folge leisten werde, was immer Ihr von mir zum Wohle des Königs verlangt.«
    »Herr Herzog«, sagte Guise, der dahinter wohl etwas wie Hohn witterte, »ich werde Euch wahrlich das gleiche tun.«
    »Euer Gnaden, Ihr macht mich überglücklich. Erlaubt Ihr mir, Euch zu umarmen?«
    »Herr Herzog, Ehre und Glück dieser Umarmung sind ganz meinerseits.«
    Worauf unsere beiden Tiger sich gegenseitig die Pranken um den Hals legten, den sie einander zu gerne mit einem Biß zerfetzt hätten, und sich so lange, so kräftig und liebreich umarmten, so oft den Rücken klopften und rieben und Freundschaftsküsse auf die Wangen setzten, kurzum, einander so innig liebkosten, daß man glauben mochte, sie wären die besten Freunde der Welt, und daß der König, den dieses Schauspiel gewiß höchlich erbaute, sie schließlich trennen mußte.
    Leser, wenn du als Franzose nicht des seltenen Glücks, in Paris |353| zu leben, teilhaftig bist, kennst du das beliebte Spiel nicht, das die Gassenjungen der Hauptstadt auf der Straße spielen: Einer, geziert mit einer Pappkrone, einem Zepter aus Holz, einem Reichsapfel aus Hadern und einem Lumpen statt des Hermelins, sitzt als König würdevoll auf dem Bordstein, und seine »Unter tanen «, alles Rotznasen wie er, knien vor ihm nieder, indem sie ihn »Sire« oder »Eure Majestät« anreden und ihm die großartigsten Schmeicheleien sagen, doch beim Fortgehen raubt ihm jeder, was er von seinem Zierat erhaschen kann, der eine die Krone, der andere das Zepter, der dritte den Reichsapfel, der vierte den großen Mantel. So kommt es, daß der arme König, all den Ehrerweisen zum Trotz, am Ende nackt und bloß dasteht.
    Dieses Spiel, dem ich oft an Kreuzungen zusah, wenn ich mich vom Champ Fleuri zum Louvre begab, und von dem die kleinen Schlingel ganz begeistert sind, heißt »Königplündern«.
    Nun, Leser, an diesem 7. Juli, als der König sich anschickte, zu Pferde zu steigen und nach Paris heimzukehren, seiner guten Stadt – die ihm leider gar nicht gut gesinnt war –, kam der Herzog von Guise, seinen Urlaub zu erbitten, indem er ihm die Hände gleichsam auf beiden Knien küßte, ihm ohne Ende Unterwerfung und Ehrerweise darbrachte, große und wiederholte Versicherungen seines Eifers, ihm zu dienen, und des Gehorsams, der Demut und der Treue, welche die Liga und

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