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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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er selbst ihm allzeit bezeigt hätten und allzeit bezeigen würden: Komplimente, die alle Repräsentanten, darunter ich, nicht allein übertrieben, sondern in ihrer Übertriebenheit geradezu schimpflich fanden, zu denen aber der König gute Miene machte und die er mit höflichen Worten über sich ergehen ließ.
    Als nun der Herzog mit seinem Gefolge abzog, blickte ihm Epernon stirnrunzelnd, die Hand am Dolch, hinterher.
    »Was spielt der Herzog eigentlich?« sagte er.
    »Wißt Ihr es nicht?« sagte Heinrich zähneknirschend, »er spielt Königplündern.«
    Und, ein Blitzen in den schwarzen Augen, setzte er leise zwei Worte hinzu, derer die Anwesenden aus gegebenem Grunde noch gedenken sollten: »Aber Geduld …«
    Worauf er die Lippen zusammenpreßte, als bedaure er, zuviel verraten zu haben, und die Edelleute seines Gefolges mit lauter und heller Stimme zum Aufbruch rief.
    »Alsdann, meine Herren, aufgesessen!«
     
    |354| Am späten Abend erreichten wir Paris. Von Seiner Majestät beurlaubt, sputete ich mich, mit Miroul nach Hause zu kommen – bekanntlich sind die Pariser Gassen bei Dunkelwerden nicht allzu sicher –, und sah, an meinem Tor angelangt, heilfroh, daß Mérigot am Fenster der Nadlerei treulich meine Heimkehr abgewartet hatte, ehe er schlafen ging.
    Das ganze Haus war bereits still, und als ich meine Gemächer erreichte und keine Kerze brennen sah, entkleidete ich mich, um Angelina nicht zu wecken, in dem kleinen Kabinett nebenan, nur im schwachen Schein eines Öldochts. Behutsam trat ich in mein Zimmer, glitt zwischen die Laken, neben den warmen, weichen Körper meiner Liebsten, indem ich mich hütete, sie irgend zu drücken, um ihre Ruhe nicht zu stören. Und leise aufseufzend vor Wonne, nach langen Ritten und Erschöpfungen wieder in meinem Bett zu liegen, wollte ich eben das Flämmchen ausblasen, als ich wie Stein erstarrte, hatte ich doch ein kummervolles Seufzen gehört.
    »Aber, meine Angelina«, sagte ich, indem ich sie sanft in die Arme nahm und unterm Gewirr der blonden Haare ihr Gesicht suchte, »du bist ja in Tränen aufgelöst! Was hast du? Woher dieser Kummer?«
    »Das wißt Ihr doch selbst!« sagte sie mit kleiner, erstickter Stimme, und ihren Körper schüttelte ein Schluchzen.
    »Angelina, was soll das heißen? Habe ich irgend etwas getan, was Euch verletzt hat? Dann sagt es mir schnell, damit ich die Wunde heilen kann.«
    »Die könnt Ihr nicht heilen, wie Ihr Eure Patienten heilt«, stieß sie hervor.
    »Was!« sagte ich, ganz erschrocken, aber bemüht, ein wenig zu scherzen, »ist es so schlimm? Habe ich einen so großen und schweren Fehler gegen Euch begangen, daß Ihr mir derart gram seid?«
    »Und ob!« sagte sie.
    Mehr aber nicht, denn auch als sie endlich aufhörte zu schluchzen und ich mit Fragen in sie drang, verbunden mit allen Beteuerungen und Zärtlichkeiten, die meine unwandelbare Liebe mir irgend eingab, blieb sie stumm, entwand sich meinen Armen, kehrte das schöne Gesicht ab und starrte ins Leere. Eine geschlagene Stunde mühte ich mich, sie ihrer trübsinnigen Reglosigkeit zu entreißen, und als mir langsam schwante, |355| daß ihre Verzweiflung einer Eifersucht entsprang, die einzugestehen sie zu stolz war, kam mir plötzlich der Gedanke, sie könnte von meiner Boulogner Liebelei mit Alizon Wind bekommen haben. Und da mein Gewissen mich hierfür verdammte, verwünschte ich mich und fühlte mich unsagbar unglücklich.
    Ich wußte nicht mehr, was tun, was sagen, und nach all dem unnützen Bitten und Flehen, sie möge sich mir doch endlich anvertrauen, müde des Drehens und Wendens in meinem Bett, stand ich auf, ging meine Kleider holen, zog mich wortlos an, und weil meine Kehle ausgedörrt war von vergeblichem Reden, wollte ich mich ins Erdgeschoß flüchten, in mein kleines Kabinett, um Trost und Beistand in meinen Büchern zu suchen. Angelina war von meinem Abzug so überrascht, daß sie die Sprache plötzlich wiederfand.
    »Was macht Ihr? Wo wollt Ihr hin?« fragte sie in rauhem Ton. »Wollt Ihr zurück nach England?«
    Ha! Schöne Leserin, Sie können sich vorstellen, wie diese ihre Worte den Angstknoten in meiner Brust sprengten und der ausgestandene Druck sich in Lachen entlud. Und weil Unschuld das unendlich Gute hat, ohne vieles Reden zu überzeugen, wozu man für gewöhnlich in der Lüge Zuflucht nimmt, kam meine Liebste bald an den Punkt, sich bei mir zu entschuldigen, daß sie an mir gezweifelt hatte. Doch verschloß ich ihr die Lippen mit meinem Kuß, so

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