Noch immer schwelt die Glut
verzaubert hat.«
»Ach!« sagte mein Vater, »wohl sah ich unsere Jungen oft hineingehen, aber noch nie als Schweine herauskommen.«
»Sie zieht auch Catherine in ihren Bann«, sagte Sauveterre. »Catherine ist schon ganz in sie vernarrt – und in Quéribus, glaube ich. Jedenfalls steckt sie andauernd in diesem Zimmer.«
|51| »Ha! Jetzt wird es ernst«, sagte mein Vater stirnrunzelnd. »Da heißt es Augen offenhalten, und womöglich einen Riegel vorschieben. Pierre«, wandte er sich an mich, der ich, in die Abhandlung des Vesalius vertieft, am Tisch vorm Fenster der Bibliothek saß, »was hältst du davon, daß Quéribus jeden Tag nach Mespech kommt?«
»Daß der Feilspan schon weiß, warum der Magnet ihn anzieht«, sagte ich, indem ich aufstand und mich zu ihm gesellte. »Aber, Herr Vater, soviel Quéribus mit Dame Gertrude auch tändeln mag, ist er zu Catherine doch so ernst und respektvoll, daß auch der schärfste Tugendwächter nichts einzuwenden hätte.«
»Und Catherine?«
»Kalt wie ein Fels in der Winterbrandung.«
»Ein Fels!« schrie Sauveterre auf und hob die Arme gen Himmel, »was für ein Fels ist das, der lichterloh brennt! Seht Ihr nicht das Feuer in ihren Augen, wenn sie nur nach ihm blickt?«
»Herr Bruder«, sagte mein Vater, den diese Rede ein wenig zu verstimmen schien, »wenn Gott nicht dieses Feuer zwischen Mann und Weib gesetzt hätte, weshalb sollten sie sich dann vereinigen, so verschieden, wie sie sind? Pierre«, fuhr er fort, »habt Ihr wirklich keine heimlichen Billetts zwischen Catherine und dem Baron hin und her gehen sehen? Kein Geflüster zwischen Tür und Angel?«
»Nein. Beide Feuer brennen, aber jedes für sich, so als hätten sie Angst voreinander.«
»Was solche Angst heißt, das kennt man!« schimpfte Sauveterre und humpelte wütend ans andere Ende der Bibliothek. »Beim Ochsenhorn, ein Papist!«
»Aber, Gertrude ist auch Papistin!« sagte mein Vater süßsauer. »Und Diane. Und Angelina. Soll meine Tochter dafür büßen, daß ihre Brüder Papistinnen lieben?«
Mehr sagte mein Vater nicht, trotzdem hatte ich verstanden, daß er Quéribus nicht abweisen würde, sollte dieser an ihn herantreten, wäre der Baron für Catherine doch eine Partie weit überm Besten, was das Périgord zu bieten hatte, sehr wohlgeboren, vermögend, reich an Verbindungen und hoch in der Gunst des Herzogs von Anjou, der eines nahen Tages König werden würde, denn Karl IX. hatte keinen Erben, und sein Leiden wurde von Monat zu Monat schlimmer.
|52| Ich grämte mich in diesen langen Winterzeiten, daß ich wegen der unpassierbaren Wege keine Nachricht von meiner Angelina erhielt. Ich dachte an sie von früh bis spät, und sosehr ich mich auch in das
Magnum Opus
des Vesalius vertiefte, blickten mich doch ihre schönen Rehaugen immer wieder durch die Zeilen des erhabenen Werkes an, und mein Herz schwankte zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Gewiß kann ein Mann dieses Herz von seinem gebieterischen Verlangen trennen, meine kleine Schlange Gavachette kam dafür auf. Aber war das erfüllend? Ich weiß nicht, denn alle Freuden und Wohltaten, mit welchen der weibliche Körper uns erquickt und schmeichelt, schenken der Seele, wenn sie nicht mit Liebe einhergehen, nie die höchste Süße. Sicherlich erleichterte die Gavachette meiner Jugend die drückenden Mauern von Mespech, trotzdem stand sie mir bei weitem nicht so nahe wie früher meine kleine Hélix, oder auch meine kleine Feuerfliege in Paris, an die ich oft voll großer Dankbarkeit dachte für die Hilfe, die sie mir und den Meinigen in den blutigen Stunden von Sankt Bartholomäus geleistet hatte.
Ich hatte meine Angelina in Paris nur wenige Sekunden sehen dürfen, als ich neben ihrer Kutsche einherlief und mit der Hand den Vorhang aufhob, der vor dem Schlag niedergelassen war, aber welch einen Blick hatte sie mir da gesandt! Sprach er nicht Bände? Wieder und wieder las ich den Brief, den ich nach meiner Heimkehr auf Mespech von ihrer Hand erhalten hatte, bevor der Schnee uns abschnitt von der Welt, und worin sie mir die Hoffnung gab, eines nahen Tages könnte Pater Anselme der Beichtiger von Monsieur de Montcalm werden und sich unseren Plänen weniger abgeneigt erweisen. Ach, könnte Angelina endlich doch die meine werden, nach so vielen Jahren! Wie viele Schöne ich auch an allen Ecken und Enden des Reiches gesehen hatte, denk ich allein an die Hofdamen Katharinas von Medici – kraft welcher Hexerei hatte allein Angelina mit einem
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