Noch immer schwelt die Glut
und ich wollte den Wonnemond in meinem Périgord auskosten, nach dieser langen Winterszeit in unseren Mauern. Sowie die Wege frei und trocken waren, schrieb ich meiner Angelina, um |57| sie meiner für immer unveränderlichen Gefühle zu versichern, wie ich es ihr bei unserer ersten Begegnung versprochen hatte, und kaum war mein Brief abgesandt, wartete ich – so töricht und über alle Vernunft ist das Herz eines Liebenden – schon Tag um Tag auf ihre Antwort, obgleich diese vor Sommersmitte gar nicht eintreffen konnte.
Fogacer hatte, gefolgt von seinem Sylvio, unsere Mauern gleichzeitig mit Quéribus verlassen, ebenso ungeduldig wie der Baron, zum Herzog von Anjou zurückzukehren, denn nach dem bösen Erlebnis zu Périgueux war er der schützenden Hand Seiner Hoheit höchst bedürftig.
Von allen Briefen, die ich erwartete, erhielt ich seinen als ersten Ende August. Nach tausend Dankesworten an die Herren von Mespech für ihre Gastfreundschaft vermeldete er mir, der Herzog sei zum König von Polen erwählt worden und habe die Belagerung von La Rochelle aufgehoben, und um die protestantische Minderheit seines künftigen Reiches zu gewinnen, habe er bei selbiger Gelegenheit einen Vertrag mit den Hugenotten geschlossen, wie sie ihn sich nach der Bartholomäusnacht niemals mehr erhofft hätten. Diese Nachricht erfreute die Herren Brüder sehr, auch wenn sie nicht an eine lange Dauer dieses heiklen Friedens glaubten, dafür waren die Papisten viel zu erbittert auf die Ausrottung der Unseren bedacht.
Weiter schrieb Fogacer, daß Quéribus dem Herzog in seine neue Herrschaft folgen werde, wenn auch sehr schweren Herzens, ich würde schon wissen, warum, und daß er desgleichen tun werde, nicht, weil der ehrwürdige Doktor Miron seiner so sehr bedürfte, sondern weil sein Schirm und Schild nach Warschau gehe und er die Schrecken des polnischen Exils gewissen Flammen vorziehe. Diese Entfernung, meinte er, würde jedoch kaum von langer Dauer sein, denn er habe im Louvre beobachtet, wie stark Karl huste und leidend sei. Diesen letzten Satz verstand ich nur mit Mühe und indem ich ein Wörterbuch zu Rate zog, denn Fogacer hatte ihn auf griechisch geschrieben aus Furcht, sein Brief könnte unterwegs geöffnet werden.
Obwohl Catherine nicht viel Lust am Lernen hatte, stand sie die ganze Zeit, die ich für die griechische Übersetzung benötigte, hinter mir und beugte sich über meine Schulter.
»Was findet denn Fogacer dabei«, fragte sie, »daß der König so sehr hustet?«
|58| »Wenn er seine Seele aufgibt, folgt ihm der Herzog von Anjou auf dem Thron, das heißt, er kehrt mit seinem ganzen Gefolge nach Frankreich zurück.«
»Ha!« sagte Catherine, und ihr Gesicht leuchtete auf in jähem Glück, »das freut mich für Fogacer.«
Worauf ich lächelte, doch ohne einen Ton zu sagen, denn in all den Monaten, die Fogacer unter uns auf Mespech weilte, hatte Catherine ihn kaum zu bemerken geruht.
Mein verschmitztes Lächeln ermutigte Catherine, noch ein wenig mehr aus sich herauszugehen, sie legte mir ihre Hand auf die Schulter, so sparsam mit Liebkosungen sie sonst auch war, und bat, Fogacers Brief lesen zu dürfen, was ich ihr sogleich bewilligte und sie nicht ohne Mühe begann, denn sie konnte nicht viel besser lesen als meine kleine Pariser Feuerfliege.
»Herr Bruder«, flüsterte sie, als sie zum Ende gelangt war, »wenn ich Fogacer glaube, dann wißt Ihr, warum es dem Baron schwerfällt, Frankreich zu verlassen und nach Polen zu gehen?«
»Aber, Ihr wißt es doch auch, Schwesterchen.«
»Ich?« sagte sie, die Brauen mit kindlicher Unschuldsmiene hochziehend.
»Schrieb Euch der Baron nicht in seinem Brief, ihm würden die Tage, da er Euch ferne sei, zu Jahren werden?«
»Aber, darf ich das glauben?« sagte Catherine mit gepreßter, bebender Stimme, als wollte all ihr Liebesgedenken auf einmal hervorbrechen. »Schreibt der Baron mit selber Tinte nicht auch den galanten Damen am Pariser Hof? Wie kann ich ihm vertrauen? Ist es nicht ein Jammer, daß der Baron sich in dieses greuliche Warschau begibt? Wer zwingt ihn dazu? Meint Ihr nicht, daß er mich bald vergessen wird?«
Da stand ich auf, sah sie an und fing an zu lachen.
»Wie?« fauchte sie erbost, »Ihr wagt es, mich auszulachen?«
»Es ist nur«, sagte ich, noch immer lachend, »weil ich nicht weiß, welche Eurer Fragen ich zuerst beantworten soll.«
»Und wenn Ihr alle beantwortet, abscheulicher Bruder«, schrie sie, mit dem Fuß aufstampfend, »zufrieden
Weitere Kostenlose Bücher